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Frauen im Nachteil

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Von: Nina Luttmer

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Wenig Interesse an Finanzthemen: Frauen holen sich Ratschläge über Geldfragen von Freunden und Familie.
Wenig Interesse an Finanzthemen: Frauen holen sich Ratschläge über Geldfragen von Freunden und Familie. © dpa

Männer haben ihre Finanzen deutlich besser im Griff – auch bei der jüngeren Generation.

Dass Frauen im allgemeinen in Deutschland viel schlechter fürs Alter abgesichert sind als Männer ist hinlänglich bekannt. Dass sie Finanzthemen zurückhaltender gegenüberstehen als Männer ist ebenfalls nicht ganz neu. Dennoch überrascht eine aktuelle Umfrage der Beratungsgesellschaft EY in Kooperation mit dem Institut für Generationenforschung, denn die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind teils gewaltig und zwar auch bei der jüngeren Generation noch. Ralf Temporale, Partner bei EY, der die Studie begleitet hat, sprach am Freitag vor Journalist:innen von „einer Ausprägung, die wir so nicht erwartet hatten.“

Die Studienautoren befragten 1240 Männer und Frauen ab 16 Jahren im zweiten Halbjahr 2022. 45 Prozent der befragten Frauen gaben an, dass sie sich nicht oder kaum für Nachrichten und Neuigkeiten aus der Finanz- und Versicherungsbranche interessieren. Bei den Männern waren das nur 27 Prozent.

Doch wie erreicht man Menschen, bei denen wenig Interesse besteht, sich mit dem wichtigen Thema Finanzanlage zu beschäftigen? Die Ansprache von Frauen geschehe nicht in passender Form, meint Temporale von EY. Was aus seiner Sicht darauf hindeuten könnte, dass vor allem Männer konzeptionell an der Entwicklung dieser Ansprachen beteiligt seien. „Frauen erleben außerdem oft Sexismus. Da wird dann am Bankschalter gefragt, ‚Wo ist denn Ihr Mann?‘“, sagte Rüdiger Maas, Vorstand des Instituts für Generationenforschung. Es sei zwar kaum zu glauben, aber dies geschehe auch in der heutigen Zeit noch, sagte er. Daher kann es kaum verwundern, dass Frauen in der Umfrage häufiger als Männer angaben, der Bank- und Versicherungsbranche nicht oder wenig zu vertrauen.

Frauen holen sich Ratschläge über Geldfragen eher von Freunden und Familie, 42 Prozent von ihnen gaben das an - aber nur 30 Prozent der Männer. Diese dagegen informieren sich am stärksten über Online-Finanzseiten, 39 Prozent der befragten Männer tummeln sich dort, aber nur 22 Prozent der Frauen. Um sich im Internet zu informieren, benötige man häufig ein gewisses Vorwissen, sagte Maas - das offenbar eher Männer haben. Frühe finanzielle Bildung sei daher wichtig, um auch Frauen an Finanzthemen heranzuführen, so Temporale.

Zudem ergab die Umfrage - nicht unbedingt überraschend - dass Frauen deutlich risikoaverser investieren als Männer - was aber eben auch Auswirkungen auf die erzielbaren Renditen und auf den Vermögensaufbau habe, sagte Temporale. So gaben 34 Prozent der befragten Männer, aber nur 15 Prozent der Frauen an, Einzelaktien zu besitzen. 20 Prozent der Männer, aber nur sechs Prozent der Frauen sind in Kryptowährungen investiert.

Gravierend sind die Unterschiede auch im Bereich der privaten Altersvorsorge - die für Frauen, die oft unterbrochene Erwerbsbiografien aufweisen - eigentlich besonders wichtig wäre. 48 Prozent der befragten Männer, aber nur 37 Prozent der Frauen haben privat vorgesorgt. Besonders Frauen, die single sind, sind ohne Absicherung: 63 Prozent von ihnen gaben an, keine private Altersvorsorge zu haben. Bei verheirateten oder verpartnerten Frauen waren es immer noch 54 Prozent.

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