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Frankfurt boomt

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Von: Stefan Sauer

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Urbane Lebensqualität: Restaurant unter einem alten Hafenkran am Frankfurter Mainufer.
Urbane Lebensqualität: Restaurant unter einem alten Hafenkran am Frankfurter Mainufer. © dpa

Manche Metropolen werden weiter boomen, andere dürften bestenfalls stagnieren. Frankfurt belegt im Ranking der 30 größten deutschen Städte nach München und Leipzig Platz drei.

Deutschlands Metropolen wachsen. In den 30 größten Städten des Landes lebten 2014 rund 18,5 Millionen Menschen. Das waren 810 000 mehr als vier Jahre zuvor. Die großstädtische Einwohnerschaft – von Berlin mit 3,5 Millionen bis Aachen mit knapp 246 000 Menschen – nahm um 4,6 Prozent doppelt so stark zu wie die Gesamtbevölkerung. Vor allem junge Leute zieht es in die Zentren, wo es Unis gibt und Arbeitsplätze, Freizeit- und Kulturangebote, Gesundheitseinrichtungen, ICE-Bahnhöfe und Flughäfen nicht zu vergessen.

Dabei entwickeln nicht nur führende Technologie- und Dienstleistungsstandorte wie München, Stuttgart und Frankfurt oder die Millionenstädte Berlin, Hamburg und Köln Strahlkraft über ihre Region hinaus, besonders im Kommen sind auch die sächsischen Metropolen Leipzig und Dresden.

Städte wie Bremen, Nürnberg und Düsseldorf erfreuen sich ebenfalls einigen Zuspruchs. Selbst vermeintlich abgehängte Gebietskörperschaften wie Gelsenkirchen, Chemnitz und Duisburg, die in den Krisenjahren 2008 bis 2011 noch geschrumpft waren, konnten anschließend bis 2014 wieder zulegen.

Die Unterschiede sind aber enorm. Das betrifft nicht nur die Vergangenheit, sondern auch und vor allem die Zukunftsaussichten, wie eine Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) und der Berenberg-Bank zu den Perspektiven der 30 größten Städte zeigt. Manche Metropolen werden weiter boomen, andere dürften bestenfalls stagnieren. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Die Vermessung der Zukunft
Um die Perspektiven der einzelnen Städte auszuloten, haben die Studienautoren Daten zu Bevölkerungszuzug und Geburtenrate, Uni-Dichte und Verkehrsanbindung, Erwerbstätigkeit und Internationalität zusammengetragen und daraus Ranglisten gebildet. Danach wird vor allem die Berliner Bevölkerung, die bereits zwischen 2011 und 2014 um 194 000 Personen zunahm, bis 2030 um nochmals 252 000 Menschen anwachsen. Für München wird ein Plus von 128 000 vorhergesagt, die Einwohnerzahl Hamburgs wird um 112 000, die Kölns um 50 000 und die Frankfurts um 40 000 ansteigen. Diese Städte verzeichneten bereits im Zeitraum 2011 bis 2014 hohe Zuwächse zwischen 85 500 (München), Frankfurt (56 200) und 47 000 (Köln) Einwohnern. Weit überdurchschnittlich legte auch Leipzig (50 400) zu. Bis 2030 werden Anstiege in ähnlicher Größenordnung erwartet. Dagegen werden Kommunen wie Bochum, Duisburg, Gelsenkirchen oder Chemnitz voraussichtlich kaum Einwohner hinzugewinnen oder sogar verlieren.

Jobs und Wirtschaftskraft
Wichtige Indikatoren sind Erwerbstätigkeit und Wirtschaftsleistung. Auch in diesem Punkt zeigen die Befunde ein uneinheitliches Bild: Während die Beschäftigung in Leipzig zwischen 2011 und 2014 gegenüber dem vorangegangenen Vergleichszeitraum (2008 bis 2011) um sieben Prozent anstieg und auch in München (6,2), Berlin (5,9), Köln (4,5), Frankfurt (3,9) und Bremen (2,1) mehr Menschen erwerbstätig waren, fielen die Wachstumsraten etwa in Bonn, Wiesbaden und Düsseldorf gegenüber 2008 bis 2011 deutlich schwächer aus. Entsprechend entwickelte sich die Wirtschaftsleistung: Besonders starke Zuwächse erzielten unter anderem Leipzig (plus 16,4 Prozent) und Köln (12,7 Prozent). In absoluten Zahlen liegt Berlin mit einem Bruttosozialprodukt von 117,7 Milliarden Euro vor Hamburg (105), München (99,8), Frankfurt (65,5) und Köln (56,9). Im Wesentlichen werden sich diese Trends laut Studie bis 2030 fortsetzen.

Der Zukunft ein Zuhause
Maßgeblich für die Aussichten bis 2030 ist der Zuzug junger Menschen. Sie kommen, um zu arbeiten, eine Familie zu gründen und Kinder großzuziehen. Dass daher Metropolen mit vielen hochwertigen Jobs und guten Bildungseinrichtungen die Nase vorn haben, liegt auf der Hand. Attraktiv für junge Erwachsene bis 30 Jahre ist bisher zu allererst Berlin. Zwischen 2011 bis 2014 zogen 138 000 Menschen dieser Altersgruppe in die Hauptstadt. Doch auch die übrigen Millionenstädte sind beliebt: München verbuchte ein Plus von fast 84 000 unter 30-Jähriger, Hamburg von knapp 63 000 und Köln von gut 45 000. In anderen Regionen Nordrhein-Westfalens, das 13 der 30 größten deutschen Städte beheimatet, sieht es weniger gut aus: Gelsenkirchen, Mönchengladbach, Duisburg, Wuppertal oder Bielefeld gewannen kaum junge Leute hinzu. Für die Vitalität dieser Städte sprechen die teils hohen Geburtenraten: In Mönchengladbach etwa lag die Geburtenzahl pro Frau statistisch bei 1,44 und damit sogar über der in der Boomtown Leipzig (1,43). Die höchste „Fertilitätsrate“ weist Dresden mit 1,54 Kindern pro Frau auf, gefolgt von Wiesbaden (1,53) und Chemnitz (1,5), Berlin (1,4), Frankfurt (1,36), Bremen (1,34) und Köln (1,32). Ganz am Ende des Geburten-Rankings steht München mit 1,24 Kindern pro Frau: Dort stehen Studium und Karriere offenbar stärker im Vordergrund als andernorts.

Bildung und Verkehrsanbindung
Um den Bildungsstand der Bevölkerung abzubilden, weist die Studie die Anteile der Schulabbrecher, Abiturienten und Akademiker aus. Danach ist der Anteil der Erwachsenen ohne Schulabschluss in Leipzig mit 10,8 Prozent am höchsten, gefolgt von Berlin (10,0) und Chemnitz (9,7). Bonn weist mit 2,8 Prozent den geringsten Anteil auf, Platz zwei belegt Frankfurt mit 4,4 Prozent. Vergleichsweise gut stehen zudem Köln (5,1 Prozent) und Bremen (5,7) da. Dem stehen teils hohe Abiturientenquoten gegenüber: In Hamburg liegt der Anteil der Personen mit Hochschulreife bei 59,3 Prozent. Auch Frankfurt (48,7), Köln (4,8), Bremen (43,2) und Leipzig (39,2) liegen deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 36,1 Prozent. Eines besonders hohen Akademiker-Anteils erfreuen sich die Städte München (31,4 Prozent), Stuttgart (29,0), Bochum, (27,4), Düsseldorf (26,6) und Frankfurt (26,2). Berlin (23,9) Köln und Leipzig (je 22,0) liegen im oberen Drittel, Bremen ist mit 17,1 Prozent dagegen nur Mittelmaß. Rarer sind Akademiker in Gelsenkirchen (10 Prozent), Mönchengladbach (11,4) und Duisburg (12,2).

Züge, Straßen, Luftverkehr
Ein wesentliches Kriterium für die Zukunftsfähigkeit der Städte ist ihre Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur. Hierfür haben die Forscher die Fahrtzeiten vom Stadtzentrum zum nächsten überregionalen Bahnhof, internationalen Flughafen und Autobahnanschluss gemessen und ausgewertet. Ergebnis: Die Millionenstädte sowie auch Frankfurt, Stuttgart und Leipzig weisen durchweg relativ kurze Fahrtzeiten auf, Bremen liegt mit acht Minuten bis zum Flughafen auf dem ersten Platz.

Gewinner und Verlierer
Den ersten Platz des Zukunftsrankings, in das auch Daten zur Innovationskraft der ansässigen Unternehmen, die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäste und der Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter aus anderen Ländern einflossen, belegt die Bayernmetropole München. Mit Leipzig rangiert erstmals eine ostdeutsche Stadt auf Rang zwei, Dresden folgt auf Platz vier. Dazwischen liegen Frankfurt (3) und Berlin (5), Köln folgt auf Rang sechs. Bremen findet sich im Mittelfeld (19), hat aber ebenfalls eine gute Wachstumsperspektive.

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