1. Startseite
  2. Wirtschaft

Fragwürdige Finanzen bei deutschen Stiftungen

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Wiebke Johanning

Kommentare

Eine Aktion der NGO „Facing Finance“ im Jahr 2019 in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Die Kampagne des Vereins sprach sich für ein Verbot von Killer-Robotern aus.
Eine Aktion der NGO „Facing Finance“ im Jahr 2019 in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Die Kampagne des Vereins sprach sich für ein Verbot von Killer-Robotern aus. © Wolfgang Kumm/dpa

Stiftungen in Deutschland verfügen über ein enormes Vermögen und damit viel Einfluss. Ihr Geldanlageverhalten ist aber völlig intransparent. Das muss sich ändern. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Berlin ‒ Rund 110 Milliarden Euro. Auf diese stolze Summe wird das Gesamtvermögen deutscher Stiftungen geschätzt. Viel Geld, mit dem man viel Gutes tun könnte. Direkt ausgeben dürfen die meisten Stiftungen das Geld nicht. Laut Stiftungsrecht dürfen sie nur aus den Erlösen des angelegten Kapitals fördern. Das Vermögen selbst muss erhalten bleiben und wird dadurch zu einem mächtigen Werkzeug in den Händen der Verantwortlichen.

Nutzen Stiftungen dieses Werkzeug im Sinne des Gemeinwohls? Etwa indem sie aus klimaschädlichen Geschäften mit Kohle, Öl und Gas aussteigen und stattdessen in zukunftsfähige Technologien und erneuerbare Energien investieren? Die ernüchternde Antwort lautet: Wir wissen es nicht. Denn Stiftungen müssen in Deutschland ihre Geldanlage ebenso wenig öffentlich machen wie ihre übrigen Geschäftszahlen. Diese werden zwar von der Stiftungsaufsicht und dem Finanzamt überprüft und einige Stiftungen veröffentlichen sie auch freiwillig. Eine Auskunftspflicht gegenüber der Öffentlichkeit gibt es allerdings nicht.

Stiftungen wollen ihre Nachhaltigkeits-Strategien nicht offenlegen

Die Nichtregierungsorganisation „Facing Finance“ hat nun versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, und hat dazu die Internet-Seiten und Jahresberichte der 38 größten deutschen gemeinnützigen Stiftungen untersucht. Außerdem wurden diese schriftlich und anonymisiert zu ihren Nachhaltigkeits-Strategien befragt. Lediglich acht Stiftungen nahmen an der Umfrage teil. Die überwiegende Mehrheit reagierte nicht oder sagte eine Teilnahme ab.

Die Untersuchung kommt zu folgendem Ergebnis: Bei über der Hälfte der analysierten Stiftungen lässt sich keine Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien feststellen. Man muss deshalb laut „Facing Finance“ davon ausgehen, dass viele große Stiftungen weiterhin in zerstörerische Branchen wie Rüstung oder fossile Energien investiert sind.

Gutes tun mit fragwürdig erwirtschaftetem Geld? Das muss sich ändern. Doch dafür brauchen wir mehr Transparenz. Die Steuervergünstigungen, die Stiftungen genießen und ihr großer gesellschaftlicher Einfluss, wären gute Gründe, diese zu mehr Transparenz zu verpflichten. Erst wenn die Öffentlichkeit überprüfen kann, wo Stiftungen ihr Geld anlegen und wenn diese um ihre Reputation fürchten müssen, werden mehr von ihnen auf nachhaltige Geldanlagen umschwenken. (Wiebke Johanning)

Die Autorin ist Mitarbeiterin der Bewegungsstiftung.

Auch interessant

Kommentare