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UN-Klimagipfel
Fossile Schlussrunde
- vonJoachim Willeschließen
DIW-Expertin Claudia Kemfert fordert stärkere Ambitionen zur Umsetzung der Klimaziele.
Am Samstag fand ein virtueller UN-Klimagipfel zum fünften Jubiläum des Pariser Weltklimaabkommens statt. Claudia Kemfert vom DIW bewertet ihn.
Professorin Kemfert, was hat der Gipfel gebracht? Ist das 1,5- Grad-Limit nun drin?
Es war ein wichtiges Symbol, am Tag des Jubiläums Handlungsfähigkeit zu zeigen und die Dringlichkeit des Klimaschutzes zu unterstreichen. Doch mit den präsentierten Maßnahmen ist weder das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, noch kommen wir so deutlich unter zwei Grad. Wir brauchen stärkere Ambitionen zur Umsetzung. Je konkreter, desto besser. Die Emissionsminderungsziele müssen nachgeschärft werden. Wenn dafür weitere Gipfel – gern klimaschonend im Netz – nötig sind, dann los.
Über 120 Staaten peilen inzwischen Klimaneutralität bis 2050 oder 2060 an, aber nur 20 Staaten haben bisher auch verschärfte CO2-Ziele für 2030 vorgelegt. Was muss da jetzt passieren?
Dass sich schon viele zur Klimaneutralität verpflichtet haben, macht Mut. Den Worten müssen nun aber auch Taten folgen: Emissionen runter, aktive Klimaschutzpolitik, Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas sowie fokussierte Förderung erneuerbarer Energien.
Chinas Staatschef Xi Jinping hat neue Anstrengungen zu CO2-Sparen angekündigt. Kann das die Wende bringen? China ist mit Abstand größter Klima-Einheizer.
China reiht sich in eine wachsende Liste von Weltnationen ein, die ernsthaften Klimaschutz ankündigen und auch umsetzen. Das zeigt: Wir sind an einem Kipppunkt für unumkehrbaren Klimaschutz. Fossile Energien werden unwirtschaftlich, erneuerbare Energien werden immer preiswerter. Es beginnt jetzt der fossile Schlussverkauf.
Die EU hat ihr CO2-Ziel für 2030 verschärft. Mindestens 55 statt 40 Prozent Reduktion gegenüber dem Basisjahr 1990 wird nun angestrebt. Umweltschützer sagen, das sei zu schwach, um Paris einzuhalten.
Die Verschärfung der Ziele ist erstmal eine gute Sache. Der EU-Green-Deal und das Paris-Abkommen erfordern aber eine Emissionssenkung von 65 Prozent bis 2030. Das wäre durchaus drin, wenn wir erneuerbare Energien schneller ausbauen, den Kohleausstieg früher abschließen, die Verkehrswende konsequent umsetzen und die Gebäudesanierung vorantreiben würden. Das muss man eben nur tun!
Aber um 25 Prozent Reduktion zu schaffen, hat die EU volle 30 Jahre gebraucht!
Leider gab es starke Bremser und Blockierer. Doch immer mehr Menschen engagieren sich. Sie fordern zu Recht ein schnelleres Handeln ein. Die Pandemie erhöht den Handlungsdruck zusätzlich. Corona-, Wirtschafts- und Klimakrise bedingen einander und müssen zusammen bewältigt werden. Wenn die EU-Volkswirtschaften im Wettbewerb nachhaltig und dauerhaft bestehen wollen, dann müssen wir jetzt in die Hände spucken. Unsere Hausaufgaben sind: Vollversorgung mit erneuerbaren Energien, nachhaltige Mobilität, grüne Industrie und smarte Digitalisierung.
Claudia Kemfert ist Leiterin der Energieabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Interview: Joachim Wille