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Finanzen: Fit ins Berufsleben starten

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Von: Mechthild Henneke

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Mit der finanziellen Unabhängigkeit von den Eltern geht viel Verantwortung einher.
Mit der finanziellen Unabhängigkeit von den Eltern geht viel Verantwortung einher. © Moritz Wienert

Mit dem ersten Gehaltsscheck kommen für junge Menschen viele Verpflichtungen. Die Finanzen schon frühzeitig vernünftig zu planen, zahlt sich im Alter aus.

Das erste eigene Geld zu verdienen, ist eine Zäsur im Leben. Mit der finanziellen Unabhängigkeit von den Eltern geht aber auch viel Verantwortung einher. Ab sofort muss alles vom eigenen Budget bezahlt werden – auch wenn es unvorhergesehene Ausgaben sind wie eine kaputte Waschmaschine oder ein gestohlenes Fahrrad. Wir haben Fachleute gefragt, wie junge Menschen lernen, die eigenen Finanzen zu managen und welche Ausgaben unumgänglich sind.

Einen Überblick gewinnen: Vom Taschengeld oder dem Lohn als Auszubildender zum ersten Gehalt ist es großer Sprung. „Es kommt einem so vor, als hätte man unendlich viel Geld und die Welt läge einem zu Füßen“, sagt Jacob Risse von Funny Money, eine Ausgründung der Fachhochschule Dortmund für Finanzbildung, die Kurse für Jugendliche und junge Erwachsene anbietet. Die Folge: Mancher oder manche übernimmt sich finanziell und macht Schulden. Laut dem Statistischen Bundesamt betrug der Anteil der unter 25-Jährigen bei Schuldnerberatungsstellen 2020 knapp sieben Prozent – die durchschnittlichen Schulden in dieser Gruppe lagen bei 8500 Euro. Eine frühere Untersuchung hatte gezeigt, dass „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ der Hauptgrund für die Situation ist.

„Je früher man anfängt, ein finanzielles Bewusstsein zu entwickeln, desto leichter wird es einem später fallen gut zu wirtschaften“, sagt Risse. Das fange damit an, sich einen Überblick über die finanzielle Situation zu verschaffen. Das beste Mittel dazu sei „ein kleines Büchlein, das man sich in die Hosentasche steckt“. Heutzutage gebe es für das Haushaltsbuch Apps, doch es laufe immer noch darauf hinaus, herauszufinden: Wo kommt mein Geld her? Wo geht mein Geld hin? Jeder Euro müsste hier eingetragen werden.

Die Einträge werden am Ende des Monats geprüft. Die Ausgaben werden sortiert: Was unter die Überschrift „Das brauche ich zum Leben“ fällt, wird grün angestrichen. „Das habe ich mir gegönnt“ wird gelb angestrichen, „Das war überflüssig“ rot. Drei Monate würden reichen, um den eigenen Umgang mit Geld zu verstehen. „Wenn du das nicht hast, läuft dir das Geld wie Sand durch die Hände“, sagt Risse.

Das monatliche Budget planen: Beim Berufseinstieg ist das Geld oft noch knapp. Um damit auszukommen, rät Risse, der Empfehlung zu folgen: „Nicht mehr als ein Drittel des Gelds für die Miete“. „Auch wenn das in Großstädten wie Berlin oder Frankfurt schwierig ist, würde ich mich daran halten“, sagt er. Wer mehr ausgebe, riskiere Schulden. Besser sei es, in eine WG oder an den Stadtrand zu ziehen oder staatliche Hilfen wie Wohngeld in Anspruch zu nehmen. „Man kann auch die Eltern ums Kindergeld bitten“, sagt er. Der zweite unverrückbare Posten ist das Geld fürs Essen: 150 bis 200 Euro monatlich.

Risse rät außerdem dazu, auf einem Tagesgeldkonto eine eiserne Reserve von zwei bis drei Nettomonatsgehältern beiseite zu legen. „Es können immer unvorhergesehene Ausgaben für Haushaltsgeräte oder das kaputte Auto kommen.“ Eventuelle Urlaube sollen davon nicht bezahlt werden. Hierfür empfiehlt Risse, monatlich 25 bis 50 Euro – ebenfalls an einem gesonderten Ort, zum Beispiel in einem Sparschwein – zu sparen. „Es geht darum, sich moderate Sparziele zu stecken – und statt nach Mallorca vielleicht erstmal nach Holland in den Urlaub zu fahren.“

Unverzichtbare Versicherungen: Die Haftpflichtversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung sehen Fachleute als absolut notwendig an. „Der Begriff Haftpflicht bezeichnet die Pflicht einer Person, für Schäden zu haften, die sie selbst verursacht. Beispielsweise, wenn ein Fußgänger unaufmerksam auf die Straße läuft und es dabei zu einem Verkehrsunfall kommt“, sagt Ulrike Schulz, Redakteurin bei Finanztest. Ohne Haftpflicht hafte man mit seinem gesamten Vermögen. „Sehr gute Tarife gibt es schon für unter 50 Euro im Jahr“, sagt sie.

„Die Berufsunfähigkeitsversicherung sichert die Erwerbstätigkeit ab – egal aus welchem Grund ich nicht mehr arbeiten kann“, sagt Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Im Gegensatz zur Unfallversicherung sind auch psychische Erkrankungen oder Krebs abgedeckt. Wortberg weist darauf hin, dass bei der Berufsunfähigkeitsversicherung Vorerkrankungen abgefragt werden. Wer sich in der Corona-Pandemie wegen Stimmungstiefs behandeln lassen habe, könne eventuell Schwierigkeiten bekommen. „Psychisch-psychiatrische Erkrankungen hassen die Versicherungen wie der Teufel das Weihwasser“, sagt er. Sie sind mittlerweile die häufigsten Gründe, die zu einer Berufsunfähigkeit führen.

Optionale Versicherungen: „Eine Hausratversicherung kann sinnvoll sein, wenn jemand teuren Hausrat besitzt“, sagt Schulz. „Hausrat ist alles, was aus der Wohnung fallen würde, wenn man diese auf den Kopf stellen und schütteln würde.“ Der Schutz dieser Versicherung greift, wenn die eigenen Sachen durch Feuer, Blitz, Hagel, Sturm, Leitungswasser, Vandalismus, Raub oder Einbruch beschädigt werden oder abhandenkommen.

Ebenfalls wichtig sei die Auslandsreisekrankenversicherung. „Der Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung reicht bei Auslandsreisen weder außerhalb noch innerhalb der Europäischen Union“, sagt Schulz. Für Arztkosten komme die Krankenkasse im Ausland nur bedingt auf, Krankenrücktransporte zahle sie überhaupt nicht. „Sehr gute Jahresverträge gibt’s für unter 10 Euro pro Jahr.“ Ein Vergleich gibt es unter test.de/thema/ versicherungscheck

An die Altersvorsorge denken: Bevor es an die private Kasse geht, können Berufseinsteiger:innen sich bei ihrem Arbeitgeber nach der betrieblichen Altersvorsorge erkundigen. „Gibt der Arbeitgeber einen ordentlichen Teil dazu, wenn sie selbst Geld einzahlen, ist das häufig ein guter Start“, sagt Max Schmutzer, Redakteur bei Finanztest. Viele Arbeitgeber finanzieren auch „Vermögenswirksame Leistungen“ als Geldanlage für ihre Beschäftigten.

Alternativ können Berufseinsteiger:innen mit der privaten Altersvorsorge beginnen. „Wenn sie früh starten, können sie durch die lange Spardauer und den Zinseszinseffekt auch mit kleineren Beträgen ein ordentliches Vermögen aufbauen“, sagt Schmutzer. Günstige ETF-Sparpläne legen monatlich Geld in Aktien weltweit an. „Sie sind einfach eingerichtet, sehr flexibel und können jederzeit an das Leben angepasst werden. Das ist bei langfristigen Versicherungsverträgen häufig nicht ohne Verluste möglich.“ Auch Jacob Risse rät, mit einem ETF-Sparplan früh zu beginnen. Diesen gebe es schon ab 25 Euro monatlich. Er sagt: „Das ist Eigenverantwortung und das muss gemacht werden.“

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