1. Startseite
  2. Wirtschaft

EU-Behörde gegen Geldwäsche in Frankfurt?

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Nina Luttmer

Kommentare

Vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen beschlagnahmtes Geld. Der Verdacht: Geldwäsche.
Vom Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen beschlagnahmtes Geld. Der Verdacht: Geldwäsche. © imago images/Michael Gstettenbau

Deutschland möchte Standort der neuen Behörde werden. Gleichzeitig wollen aber viele hiesige Politikerinnen und Politiker die Pläne der EU zur Geldwäschebekämpfung abschwächen.

Erst kürzlich hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Verbesserung der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung in Europa vorgelegt. Ein Aspekt: Künftig soll es eine europäische Anti-Geldwäsche-Behörde geben. Noch gibt es keinen Standort für dieser Behörde. Aber klar ist, dass Deutschland sich bewirbt.

So hat die Union in ihrem Programm für die Bundestagswahl sogar explizit festgehalten: „Wir setzen uns dafür ein, dass Frankfurt a. M. Sitz der neuen unabhängigen EU-Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung wird.“

Eine räumliche Nähe zur Europäischen Zentralbank (EZB) wäre durchaus sinnvoll, denn die EZB beaufsichtigt die größten Banken im Euro-Raum. Auf diese Finanzhäuser wiederum wird die Geldwäschebehörde einen besonderen Fokus haben.

„Diese Kakofoniker schaden der deutschen Bewerbung“

Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament, warnt allerdings davor, dass die Politik die Chancen Deutschlands, den Zuschlag für die Behörde zu erhalten, verspielen könnte – und weist dabei mit dem Finger vor allem auf die Union. Denn die EU-Kommission hat außerdem vorgeschlagen, dass es künftig ein Limit für die Bezahlung mit Bargeld von 10 000 Euro geben soll. Dieses Maximum soll aber nicht für Transaktionen unter Privatleuten gelten. Dennoch ist die Aufregung in Deutschland groß. Viele Politiker:innen, insbesondere aus der Union, haben sich gegen ein solches Limit ausgesprochen, oder zumindest zweifelnd geäußert.

„Diese Kakofoniker schaden der deutschen Bewerbung“, sagt Giegold. „Einerseits möchte Deutschland Standort für die neue Behörde sein, andererseits wollen viele Abgeordnete die Vorschläge der EU-Kommission zur Bekämpfung der Geldwäsche abschwächen. Das passt nicht zusammen“, beklagt er.

Wie man seine Bewerbungschance erhöhe, zeige Frankreich. Paris gilt als größter Standort-Konkurrent von Frankfurt bei der Ansiedlung der neuen Behörde; auch Italien könnte Interesse zeigen. Der Vertreter Frankreichs habe vergangene Woche vor dem Rat für Wirtschaft und Finanzen in Brüssel klar gemacht, dass sein Heimatland die diversen Vorschläge der Kommission voll unterstütze und sich sogar für härtere Regeln bei Bargeld und Kryptowährungen ausgesprochen, sagt Giegold. In Frankreich gilt bereits ein Limit von 1000 Euro für Bargeldzahlungen – allerdings nicht unter Privatpersonen.

Auch in vielen anderen europäischen Ländern gibt es Obergrenzen, die teils deutlich unter den vorgeschlagenen 10 000 Euro der EU-Kommission liegen. Diese Länder dürfen ihre niedrigeren Grenzen auch nach Umsetzung der EU-Vorschläge behalten.

Deutsche lieben Bargeld

Klar gegen eine EU-Bargeldobergrenze hat sich bisher nur Österreich geäußert, Deutschland hält sich bislang mit offiziellen Kommentaren dazu zurück. „Wenn wir eine erfolgreiche Bewerbung für die Geldwäsche-Behörde wollen, dann sollten wir in Deutschland diese Debatte über die Obergrenze stoppen. Deutschland gilt ohnehin als eine Geldwäsche-Oase in Europa, dem sollten wir entgegenwirken“, sagte Giegold.

Allerdings ist auch seine Partei, die Grünen, bislang nicht mit Begeisterung auf das Bargeld-Thema aufgesprungen. Im Wahlprogramm der Grünen heißt es lediglich vorsichtig: „Wir werden die Einführung einer hohen Obergrenze für Bargeldzahlungen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, prüfen.“ Die SPD hat das Thema nicht in ihrem Programm thematisiert.

In Deutschland gibt es eine hohe Affinität zu Bargeld. Viele Menschen befürchten, das Bargeld solle durch die Hintertür nach und nach abgeschafft werden. Die Union betont daher sogar in ihrem Wahlprogramm: „Bargeld ist gelebte Freiheit. Daher halten wir am Bargeld als Zahlungsmittel weiterhin fest.“

Dass Bargeld Zahlungsmittel bleiben soll, stellt allerdings auch die EU-Kommission nicht in Frage. Und die wenigsten Bürgerinnen und Bürger in Deutschland dürften jemals schon etwas mit mehr als 10 000 Euro Bargeld bezahlt haben – womit sich die Frage nach dem Grund der Aufregung stellt.

Die neue Geldwäsche-Behörde soll zunächst etwa 250 Beschäftigte haben, könnte aber später deutlich wachsen. Sie soll die Kontrolle von Banken oder anderen wichtigen Spielern direkt an sich ziehen, wenn ein hohes Geldwäscherisiko besteht. Und sie soll auch Sanktionen verhängen. Bislang gibt es keine den vielen Landesbehörden übergeordnete EU-Behörde.

Auch interessant

Kommentare