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Erpresserische Macht

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Von: Oliver Richters

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Friedrich Merz und die Väter der sozialen Marktwirtschaft

Für die Väter der sozialen Marktwirtschaft war wirtschaftliche Macht ein zentrales Thema. In seinem Buch „Wirtschaftsmacht und Wirtschaftsordnung“ warnte Walter Eucken (1891 - 1950), dass eine Politik scheitern müsse, die sich erst gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht wende. Einmal etablierte Macht sei nicht wieder in den Griff zu bekommen, weshalb Wirtschaftspolitik bereits die Entstehung von Macht verhindern müsse. Großkonzerne und Kartelle problematisierte er genauso wie staatliche Monopole. Nur in einer Marktwirtschaft sei die Macht des Einzelnen begrenzbar, weshalb sie das wirtschaftlich wie sozial beste System sei.

Zwar gibt es heute Monopolkommission und Kartellamt, dennoch avanciert die Konzentration wirtschaftlicher Macht zu einem Problem: Die hiesige Automobilindustrie erscheint so wichtig, dass die Hersteller Gesetze diktieren und diese im nächsten Schritt ohne ernsthafte Konsequenzen ignorieren können.

Geldwäsche-Vorwürfe gegen die Großbank HSBC wurden in den USA nicht strafrechtlich verfolgt, weil dadurch das ganze Bankensystem destabilisiert würde. In Finanzkrise und Dieselaffäre gelang es den „systemrelevanten“ Großunternehmen, gesellschaftliche Garantien und Subventionen zu erhalten. Machtpositionen werden in fast erpresserischer Weise ausgenutzt – mit sozialer Marktwirtschaft hat das nichts zu tun.

Die vergangenen Jahre haben uns die gravierenden Konsequenzen zahlreich verdeutlicht. Die bisherigen Gesetze greifen erst, wenn der Wettbewerb gefährdet ist. Dann können in den USA und Großbritannien, den Mutterländern des Kapitalismus, sogar Konzerne aufgespalten werden. Zwischen Autoherstellern oder Großbanken gibt es durchaus Wettbewerb – trotzdem können sie ihre Größe für massive Politikbeeinflussung nutzen. Dies ist nicht anders zu verhindern, als die Größe von Konzernen zu begrenzen.

Diese Mahnung der frühen Ordoliberalen ist leider in Politik und Volkswirtschaftslehre in Vergessenheit geraten. Im Verwaltungsrat der deutschen HSBC-Tochter sitzt übrigens ein gewisser Friedrich Merz. Leider darf bezweifelt werden, dass er sich als möglicher CDU-Vorsitzender für eine Zerschlagung von Großunternehmen einsetzen wird. Diese Art der Machtbegrenzung wäre aber ganz im Sinne der Väter der sozialen Marktwirtschaft.

Der Autor promoviert an der Universität Oldenburg und ist Mitglied beim Netzwerk Plurale Ökonomik.

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