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Entlastungen für Alleinerziehende

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Von: Mechthild Henneke

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Für Alleinerziehende gibt es eine ganze Reihe von Unterstützungsangeboten (Illustration).
Für Alleinerziehende gibt es eine ganze Reihe von Unterstützungsangeboten (Illustration) © Moritz Wienert

Wer sein Kind ohne Partner großzieht, erhält vielerlei Unterstützungsangebote vom Staat.

In Deutschland gibt es mehr als acht Millionen Familien mit minderjährigen Kindern. Davon sind nach Informationen des Bundesfamilienministeriums 18 Prozent alleinerziehend, also Mütter oder Väter, die allein mit ihren Kindern im Haushalt leben. Dabei überwiegt die Zahl der Frauen bei weitem: In neun von zehn Fällen sind sie hauptverantwortlich für die Kinder. Alleinerziehende stehen oft unter Druck. Der Staat will sie deshalb entlasten und hat einige Zusatzleistungen eingeführt. Seit dem 1. Januar ersetzt das Bürgergeld das Arbeitslosengeld II (ALG II/Hartz IV), das viele Alleinerziehende bekommen. Das brachte einige Veränderungen. Wir fragten Fachleute zudem nach Tipps für die Jobsuche und die finanzielle Vorsorge.

Steuerklasse II und Entlastungsbetrag: Die Steuerklasse II können Alleinerziehende wählen, die mindestens mit einem Kind und ohne weitere erwachsene Person im Haushalt leben, sofern das Kind Kindergeld erhält. Der Vorteil: Der Gesetzgeber hat einen steuerlichen Entlastungsbetrag für sie vorgesehen. Er beträgt seit diesem Jahr 4260 Euro jährlich. Beim zweiten Kind und jedem weiteren Kind erhöht er sich jeweils um 240 Euro. „Der Entlastungsbetrag wird über die Lohnsteuerklasse II automatisch berücksichtigt“, erklärt das Bundesfamilienministerium. Wird der Freibetrag nicht beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt, muss er über die Einkommenssteuererklärung geltend gemacht werden. „Hierfür sollte ein schriftlicher Antrag auf Lohnsteuerermäßigung beim Finanzamt gestellt werden“, sagt eine Sprecherin des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). Die Erhöhungsbeiträge für weitere Kinder müssen gesondert beantragt werden.

Kindergeld und Kinderzuschlag: Das Kindergeld beträgt seit Januar 250 Euro für jedes Kind. Ein Zuschlag zum Kindergeld, der sogenannte Kinderzuschlag, für Kinder unter 25 Jahren soll Alleinerziehende oder Familien mit geringem Einkommen zusätzlich unterstützen. Der Höchstbetrag des Kinderzuschlags liegt bei 250 Euro monatlich pro Kind. Ob ein Anspruch besteht, kann auf der Webseite „KiZ-Lotse“ der Arbeitsagentur ermittelt werden. Ein Mindesteinkommen von 600 Euro muss vorhanden sein. Wer den Kinderzuschlag erhält, hat auch Anspruch auf die Leistungen zur Bildung und Teilhabe, auf kostenfreie Kindertagesbetreuung und einmalige Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II. Der Kinderzuschlag muss beantragt werden – zum Beispiel online auf der Internetseite der Familienkasse.

Karenzzeit im ersten Jahr Bürgergeld: Die Krisensituation rund um den Ukrainekrieg und die Corona-Pandemie hat für viele erst zu Arbeitslosigkeit und dann in den Bezug von Hartz IV, heute Bürgergeld, geführt. Früher wurden in so einem Fall das private Vermögen und die Wohnverhältnisse sofort geprüft. „Seit Jahresanfang gilt: Die Angemessenheit der Wohnung wird erst nach Ablauf von zwölf Monaten überprüft, bis dahin werden die tatsächlichen Wohnkosten übernommen“, informiert die VAMV- Sprecherin. Ausnahmen gebe es beim Umzug in eine teurere Wohnung und falls das Jobcenter zuvor nur die als angemessen geltenden Wohnkosten übernommen habe. Privates Vermögen von bis zu 40 000 Euro sowie 15 000 Euro für jede weitere Person im Haushalt sind in dieser Zeit ebenfalls geschützt.

Jobsuche: Viele Alleinerziehende arbeiten in Teilzeitjobs, um mehr Zeit für ihre Kinder zu haben. Doch „Teilzeit sollte etwas Vorübergehendes sein“, sagt Helma Sick, Frauenfinanzberaterin und Buchautorin aus München. „Teilzeitarbeit jetzt ist Teilzeitrente später“, warnt sie. Über Angebote der Arbeitsagenturen, die sich auch an Alleinerziehende richten, informieren die Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt. Sie beraten zum Beispiel Rückkehrerinnen aus der Elternzeit oder unterstützen bei der beruflichen Neuorientierung. „Wir geben Tipps für die Jobsuche oder für Gespräche mit der Vermittlungsfachkraft in der Arbeitsagentur“, sagt Andrea Mohr, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in Frankfurt am Main. Sie informiert Personen, die erstmals im Kontakt mit der Arbeitsagentur sind, und solche, die schon länger arbeitslos sind, bei regelmäßigen Veranstaltungen für Erziehende oder für Frauen.

In Sachen Vollzeit oder Teilzeit stehen für sie zunächst die Bedürfnisse des oder der Ratsuchenden im Vordergrund. „Wenn hier bestimmte Dinge aufgrund von Kinderbetreuung nicht realisiert werden können, respektieren wir das“, sagt sie. Gleichzeitig kennt sie den Frankfurter Stellenmarkt – und dieser ist bei Vollzeitstellen weitaus größer als bei Teilzeitstellen. „Es gibt aber heute mehr flexibles Arbeiten“, sagt Mohr. Zudem spiele der Beruf und die Branche eine Rolle. Einige Frankfurter Firmen haben sich als familienfreundliche Unternehmen zertifizieren lassen. Bei ihnen lassen sich Familie und Beruf eher verbinden.

Finanzielle Vorsorge: Zwei staatliche Förderprogramme empfiehlt Beraterin Helma Sick für Alleinerziehende – auch wenn die finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind: „Vermögenswirksame Leistungen und die Riester-Rente“, sagt sie. Vermögenswirksame Leistungen (VL) werden von vielen Arbeitgebern unterstützt. Diese müssen zwischen sechs und 40 Euro zu den abgeschlossenen Verträgen zuzahlen. „VL können unter anderem in Fondssparplänen, am besten in Aktienfonds, angelegt werden“, sagt Sick. Sie rät, beim Arbeitgeber nachzufragen, wenn dieser die VL nicht von allein anspricht.

Riesterverträge würden vielfach kritisiert, doch für Sparer mit Kind seien sie weiter lohnend. „Die Zulage beträgt jährlich 175 Euro für den Sparer und 300 Euro für jedes Kind“, sagt Sick. Der Riestervertrag sei insgesamt günstig, weil die Beiträge bei niedrigem Einkommen nicht sehr hoch seien. Beim Thema Vorsorge verweist Sick auf die Haftpflichtversicherung, die jeder haben sollte.

Rente: Wer sich trennt, hat später Anspruch auf einen Anteil Rente des Ex-Partners oder der Ex-Partnerin. Das gilt für Verheiratete, aber auch für Paare mit eingetragener Lebenspartnerschaft. Allerdings muss ein Familiengericht über den Versorgungsausgleich entscheiden. Bei einer Scheidung wird er automatisch geprüft. „Ausnahme: Die Ehezeit betrug weniger als 37 Monate“, sagt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung. Hat das Familiengericht über den Versorgungsausgleich entschieden, wird der Versorgungsausgleich im Versicherungskonto vorgemerkt und berücksichtigt. Bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, die ab 1. Januar 2005 begründet wurde, findet ebenfalls ein Versorgungsausgleich statt. Bei vorher begründeten Lebenspartnerschaften gelten spezielle Regeln.

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