Klimaschutz: Stopp beim Neubau von Fernstraßen gefordert

Mehrere Umweltverbände fordern ein Moratorium für den Autobahnbau und ein neues Mobilitätsgesetz.
Frankfurt am Main - Der Verkehr ist Nachzügler beim Klimaschutz. Seit 1990 sind die Emissionen kaum gesunken. Im letzten Jahr haben zwar die Corona-Lockdowns einen Rückgang gebracht, doch inzwischen wächst der CO2-Ausstoß wieder. Mehrere Umweltverbände fordern daher eine grundsätzliche „Neuausrichtung der Infrastruktur- und Mobilitätsplanung“, darunter einen vorläufigen Stopp des Neubaus von Fernstraßen. Anders seien die Paris-Ziele beim Klimaschutz nicht zu erreichen.
Die Verbände schreiben in ihrem am Mittwoch (01.09.2021) vorgestellten Papier, Mobilität sei eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. „Gleichzeitig ist der Verkehrsbereich jedoch das größte Problem für den Klimaschutz.“ Sie verlangen daher von der nächsten Regierungskoalition die Verabschiedung eines „Bundesmobilitätsgesetzes“ . Darin sollen sich politische Akteure auf allen staatlichen Ebenen dazu verpflichten, langfristige Ziele und Strategien für einen Umbau des Verkehrssektors zu entwickeln und zu beschließen.
Fast 90 „Natura-2000“-Schutzgebiete beeinträchtigt
Die Organisationen reiben sich besonders am aktuellen Bundesverkehrswegeplan, der bis 2030 reicht, sowie am Fernstraßen-Bedarfsplan. Der vorgesehene Ausbau erhöhe die Anteile des Straßenverkehrs am Gesamtverkehr und damit die CO2-Emissionen. Damit liefen sie dem Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zuwider. Karlsruhe hatte im Frühjahr schärfere Klima-Langfristziele gefordert. Zudem, so die Verbände, seien die Pläne „ein Frontalangriff auf die Natur“. Fast 90 „Natura-2000“-Schutzgebiete würden beeinträchtigt und „schützenswerte große Lebensräume auf einer Länge von 1000 Kilometern durchschnitten“.
Das Moratorium soll nach Ansicht der Organisationen bis zur Beendigung des Überprüfungsverfahrens für den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen gelten, das 2022 beginnt. Dieser Plan müsse derweil anhand klar definierter Kriterien verändert werden. Stichworte dazu: Ausrichtung der neuen Verkehrsprognose auf die Einhaltung klarer Klima-, Naturschutz- und Mobilitätsziele, eine vollständige strategische Umweltprüfung und eine Klimaprüfung sowie eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit.
Umstellung auf Elektromobilität alleine reicht nicht aus
Unterzeichner des Forderungspapiers sind neben dem Dachverband Deutscher Naturschutzring der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die Deutsche Umwelthilfe, Ger-manwatch, Greenpeace, der Naturschutzbund Deutschland und der Verkehrsclub Deutschland.
Eine Untersuchung zeigt unterdessen, dass die Umstellung des Verkehrssektors auf Elektromobilität weltweit nicht ausreichen wird, um die Paris-Ziele einzuhalten. Es sei zwar global eine „massive Ausweitung der Elektrifizierung“ im Gange, dies reiche für das 1,5-Grad-Limit aber nicht aus, heißt es im „Energy Transition Outlook 2021“, den die norwegische Klassifikationsgesellschaft DNV am Mittwoch veröffentlicht hat. Vor allem die Sektoren Lkw-Verkehr, Luftfahrt und Schifffahrt seien problematisch. (Joachim Wille)