Droht Frankreich ein Blackout?

Im Nachbarland wird der Strom knapp. Wegen der Coronakrise sind immer mehr Atomkraftwerke außer Betrieb.
Nein, versichert der französische Stromlieferant RTE: „Es sind keine Stromunterbrechungen vorgesehen.“ Dennoch hat das Tochterunternehmen des großen Staatskonzerns Electricité de France (EDF) am Freitag an die Bürger:innen appelliert, Strom zu sparen. Zwischen sieben und 13 Uhr sollten sie Lichter löschen, Waschmaschinengänge vertagen oder unbenutzte Internetzugänge kappen. Wer das Haus verlässt, solle die Heizung auf 17 Grad runterfahren.
Der Grund für den Appell liegt in einem unüblich hohen Stromverbrauch von 88 000 Megawatt landesweit. Der Wert nähert sich der nationalen Produktion von 88 200 Megawatt, die zu 70 Prozent aus Kernkraft gespeist wird.
Dass am Freitagmorgen ein Spitzenwert erreicht wurde, liegt an der Kälteperiode. Die Temperaturen liegen in Frankreich derzeit vier bis fünf Grad unter dem Januarschnitt. Zugleich sinkt die Stromproduktion wegen der Coronakrise: Im Lockdown des vergangenen Frühlings konnten viele Wartungsarbeiten nicht vorgenommen werden. Das wirkt sich diesen Winter aus. Laut EDF sind gegenwärtig nur 44 der 56 Atomreaktoren in Betrieb; in den kommenden Wochen werden es deren 43 sein. Schon vor einigen Wochen hatte der Vorsteher von „Réseau de Transport d’Electricité“ (RTE), Xavier Piechaczyk, einen „schwierigen Februar“ vorhergesagt. Und das auch bei normalen Saisontemperaturen.
Import aus Deutschland?
Viele Medien fragen deshalb, ob dem Land bei einer anhaltenden Kälteperiode ein Blackout drohe. „Wir befinden uns doch nicht in der Sowjetunion, oder?“, fragte ein Journalist des Fernsehsenders BFM die Umweltministerin Barbara Pompili. Ihre Antwort beruhigte die Zuschauer nur beschränkt: „Wenn wir in den Durchschnittstemperaturen bleiben, sollte es gehen. Sonst müssen wir regulieren.“
Die Ministerin meinte damit Sparmaßnahmen wie etwa die Senkung der Stromspannung in den Leitungen um ein paar Prozentpunkte. Die Verträge mit Fabriken und anderen Großkunden ermöglichen auch periodische Stromunterbrechungen, die die Produktivität nicht schmälern. RTE und EDF, die normalerweise Atomstrom in Nachbarländer exportieren, können bei Engpässen auch bis zu 12 000 Megawatt aus Deutschland oder der Schweiz importieren.
Als letzte Möglichkeit sieht EDF lokale Stromunterbrechungen von „maximal zwei Stunden“ vor. Das hätte zwar für die Betroffenen im Moment die gleiche Wirkung wie ein genereller Netz-Kollaps, doch Pompili beteuert: „Wir dürfen den Franzosen keine Angst machen, es wird keinen Blackout geben.“