„Meine Mutter hat mich vor den Ossis gewarnt“: Springer-Chef Döpfner nach Enthüllungen unter Druck
Die „Zeit“ hat vertrauliche Nachrichten und Mails von Springer-Chef Mathias Döpfner veröffentlicht. Sie liefern einen verstörenden Einblick ins Denken des mächstigsten deutschen Zeitungsmanagers.
Berlin – „Zeitungen sollen an der Politik teilhaben, aber Politik nie machen“, soll der Verleger Axel Springer mal gesagt haben. Nach der Veröffentlichung einer großen Recherche der Zeit zeigt sich nun, dass sich ausgerechnet sein Nachfolger ganz und gar nicht an diesen Grundsatz hält. Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE - einer der wichtigsten europäischen Verlagshäuser - Mathias Döpfner, steht jetzt unter Druck. Vor allem in Ostdeutschland ist die Empörung groß.

Springer: Zitate von Mathias Döpfner „aus dem Zusammenhang gerissen“
Die Zeit hat Chatnachrichten und Mails von Mathias Döpfner an seine Mitarbeitenden im Springer-Verlag veröffentlicht. Darin wird deutlich, dass er von seinen Journalisten und Journalistinnen erwartet, dass sie eine politische Linie verfolgen – nämlich seine. Das bedeutet: Die FDP stärken, gegen den Klimaschutz wettern, pro-Israel sein und gegen Ostdeutsche. Die Nachrichten offenbaren, wie sehr Döpfner Altkanzlerin Merkel verachtete und Ex-US-Präsident Trump schätzt.
Free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs.
Handelsblatt-Autor Hans-Jürgen Jakobs sieht in den Äußerungen ein Zeichen für die Unternehmenskultur im Hause Axel Springer. Deutlich geworden sei „die Arroganz gegenüber der politischen Klasse“, sagte Jakobs in einem Online-Gespräch mit dem Fachdienst Medieninsider. „Das ist schon befremdlich.“ Döpfner selbst wies die Vorwürfe zurück und sprach von aus dem Zusammenhang gerissenen Textschnipseln.
Ich bin sehr für den Klimawandel.
Jakobs unterstrich, die Nachrichten seien private Mails und nach Mitternacht geschrieben. Zudem fehle ihr Kontext. „Dass man sich aber im internen Führungskreis so äußert, ist schon sehr überraschend“, sagte Jakobs. Sie zeigten, wie Döpfner denke: „Libertär und manchmal sehr politikverachtend“.
Das Land hat jeden Kompass verloren. Und M[erkel] den Verstand. Sie ist der Sargnagel der Demokratie.
Es gibt allerdings auch Kritik an den Enthüllungen der Zeit. FDP-Vizevorsitzender Wolfgang Kubicki hält die Veröffentlichung privater Nachrichten für „rechtlich grenzwertig“. Er sehe „keinen Handlungsbedarf“, was die Position Döpfners im Springer-Verlag betreffe. Die Berichterstattung sei aus seiner Sicht nicht von politischem Interesse, wie er Table.Media sagte.
Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird, wird das grün-rote Desaster vermieden.
Vor allem im Osten des Landes sorgten die Nachrichten für Empörung. Döpfner hatte mehrmals Ostdeutsche in seinen SMS und Mails beleidigt. Ostdeutsche seien „eklig“ und könnten „niemals Demokraten“ werden. Jan Hollitzer, Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen, spricht von Diffamierung.
Hollitzer sagte t-online: „Als ostdeutscher Springer-Mitarbeiter würde ich mir ernsthafte Gedanken machen. Für einen Chef mit einer solchen Einstellung zu arbeiten, kann nicht leicht sein.“ Er nannte die Wortwahl Döpfners erstaunlich. „Herr Döpfner diffamiert so eine ganze Bevölkerungsgruppe, er beleidigt einen großen Teil des Landes. Das ist eines so einflussreichen Medienmanagers unwürdig“, sagte der Journalist, der in Thüringen geboren wurde.
Die Ossis sind entweder Kommunisten oder Faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.
Der ehemalige sächsische FDP-Landeschef Holger Zastrow kritisierte die Aussagen von Döpfner über Ostdeutschland als „peinlich“ und als „fatale“ Fehleinschätzung. Das sei eines Spitzenjournalisten unwürdig. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), fordert die Ablösung Döpfners. Döpfner bestritt, Vorurteile gegenüber Ostdeutschen zu haben.
Meine Mutter hat mich immer vor den Ossis gewarnt.
Der Ostbeauftragte Schneider sagte t-online: „Herr Döpfner ist nach dieser Veröffentlichung an der Spitze eines Verlages mit dieser publizistischen Macht und mit Blick auf die wichtige Rolle der Medien für unsere Demokratie endgültig nicht mehr tragbar.“
Er finde, zu einem realistischen Bild der Gesellschaft gehöre auch die Perspektive der Ostdeutschen, die auch mehr als 30 Jahre nach der Einheit zu wenig zum Tragen komme, sagte Schneider. „Die Gedanken von Herrn Döpfner zeigen nicht nur Verachtung für diese Perspektive und die Menschen, sondern auch für die Demokratie.“ Die Spaltung des Landes dürfe kein Geschäftsmodell sein.
Die Ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen DDR eine Agrar- und Produktionszone mit Einheitslohn machen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), die Äußerungen offenbarten eine geistige Haltung, die jeden Tag in den Blättern des Springer-Verlags zu spüren sei. „Ich plädiere dafür, dass man jetzt einen großen Warnaufdruck auf diese Zeitung machen sollte, damit deutlich wird, dass dieses Druckexemplar viel Menschenverachtung enthält.“
Axel Springer habe immer geträumt von der deutschen Einheit, so Ramelow. „Hier wird die deutsche Einheit aber zerstört, geistig zerstört, indem die Menschen, die die Einheit erkämpft haben, wie Dreck behandelt werden“, erklärte er.
Es ist ein ständiges Downgrading. Schröder. Merkel. Söder. Das sind Leute, die hätten früher nicht mal eine Sparkasse führen dürfen.
Die Zeit schreibt zudem, dass Verlagschef Döpfner parteilich agiert habe. So soll sich der 60-Jährige vor der vergangenen Bundestagswahl eine pro-FDP-Berichterstattung in der Bild gewünscht haben.
Döpfner reagierte in einer Meldung an die Springer-Mitarbeiter auf einzelne Passagen des Zeit-Artikels. Zum Beispiel sagte er zum Komplex FDP: „Ich streite gerne im Sinne der Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit - gerade auch mit unseren Chefredakteurinnen und Chefredakteuren, die alle mündig und selbstbewusst sind. Das gilt ausdrücklich auch für die behauptete Einflussnahme in Sachen FDP.“ Er sei den Werten dieser Partei sehr nahe. „Aber unsere Journalistinnen und Journalisten lassen sich davon Gott sei Dank nicht beeinflussen.“ Am Ende entscheiden laut Döpfner die Chefredakteure.
Mein Vorschlag: Friedensnobelpreis für Trump.
Döpfner ist seit mehr als 20 Jahren Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlags, außerdem ist er Großaktionär des unter anderem mit Medienmarken wie Bild und Welt tätigen Konzerns. (wal/epd/dpa)