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Deutschland schaltet ab – was das AKW-Aus für die Strompreise bedeutet

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Von: Teresa Toth

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Die letzten Atomkraftwerke in Deutschland gehen vom Netz. Wird sich das Ende der Atomkraft auf die Stromversorgung und die Strompreise auswirken?

Frankfurt – Nach mehr als 60 Jahren Atomkraft schaltet Deutschland seine letzten drei AKW ab. Am Samstagabend (15. April) sollen die Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg nach einer Laufzeitverlängerung endgültig vom Netz genommen werden. Die Verlängerung im vergangenen Jahr war nötig gewesen, um eine ausreichende Stromversorgung über den Winter zu garantieren. Doch wie sieht die Lage in Hinblick auf die Stromversorgung und Strompreise in Zukunft aus?

AtomkraftwerkeIsar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg
Datum des Abschaltens15. April 2023
Anteil an gesamter StromversorgungCirca fünf Prozent

AKW-Aus für Deutschland: Stromversorgung ohne AKW nicht gefährdet

Laut einer Mitteilung der Bundesregierung mit Verweis auf Berichte der Bundesnetzagentur haben die verbliebenen AKW einen Anteil von lediglich circa fünf Prozent an der Stromproduktion in Deutschland. Auch eine Enervis-Studie bestätigt die zunehmend geringe Rolle der Atomkraft: Zwischen November 2022 und April 2023 sank die Stromerzeugung der drei AKW demnach auf rund 12,2 Terawattstunden Strom. Das sind etwa 30 Prozent weniger als in Vergleichszeiträumen der letzten fünf Jahre. „Die ohnehin gedrosselte Stromerzeugung der drei Reaktoren hätte zu jeder Zeit durch verfügbare Gaskraftwerke ersetzt werden können“, erklärt Studienleiter Tim Höfer von Enervis.

Die Sorge, dass die Stromversorgung durch das Abschalten der verbliebenen AKW gefährdet sein könnte, sei folglich unbegründet. Wie die Bundesnetzagentur sowie das Bundeswirtschaftsministeriums betonen, verfügt Deutschland über ausreichend gesicherte Kraftwerkleistung, die die Stromnachfrage auch nach dem Ende der Atomkraft deckt. Auch Umwelt- und Ressourcen-Ökonom Andreas Löschel versicherte gegenüber tagesschau24, dass man sich „keine Gedanken machen“ müsse. „Die Lichter werden nicht ausgehen.“ Es müsse dennoch klar sein, dass sich die Situation verschlechtere.

Deutschlands AKW-Aus: Auch im Winter keine Engpässe trotz abgeschalteter AKW

Die drei letzten AKW in Deutschland aus diesem Grund noch nicht abzuschalten – wie etwa von der Union gefordert –, sei aus Sicht von Klimaexperten jedoch unsinnig. „Angesichts des geringen Nutzens für unsere Energieversorgung sind aktuelle Forderungen nach erneuten Laufzeitverlängerungen unseriös und sogar gefährlich. Atomreaktoren beinhalten hohe Risiken, die angesichts militärischer Auseinandersetzungen in Europa sogar noch steigen“, so Heinz Smital, Atom-Experte bei der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Auch Grünen-Bundesumweltministerin Steffi Lemke sieht das Abschalten der AKW als wichtigen Schritt in Richtung einer Energiewende. „Der Atomausstieg macht unser Land sicherer, die Risiken der Atomkraft sind letztlich unbeherrschbar“, so Lemke.  

Befürchtungen von Stromengpässen im Winter 2023/24 seien trotz steigender Nachfrage in der kalten Jahreszeit unbegründet, wie die Bundesregierung betont. Gasimporte, die Deutschland bislang aus Russland zur Verfügung standen, sollen dann aus mehreren Ländern kommen. So wurde Deutschland zuletzt aufgrund der Energiekrise bereits mit Strom aus Norwegen und den Niederlanden versorgt. Gleichzeitig verringere sich die Nachfrage nach Gas zunehmend.

AKW-Aus: Steigende Strompreise in Deutschland sind auch ohne Atomkraft nicht zu erwarten

Steigende Strompreise in Deutschland seien nach dem AKW-Aus nicht zu erwarten. „Die Marktakteure haben sich bereits auf die neue Situation eingestellt. Strom wird bereits jetzt für die kommenden Wochen und Monate gehandelt, und es sind keine Preisanstiege an den Märkten erkennbar“, so die Energiemarkt-Expertin Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Ein kurzfristiger Anstieg der Strompreise für Haushaltskunden müsse ebenfalls nicht befürchtet werden.

Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des AKW Isar 2 in Essenbach bei Landshut, das nun abgeschaltet wird.
Wasserdampf steigt aus dem Kühltum des AKW Isar 2 in Essenbach bei Landshut, das nun abgeschaltet wird. © Armin Weigel/dpa

Laut dem Vergleichsportal Verivox könne sich das Abschalten mittel- bis langfristig dennoch bemerkbar machen. „Hier wird es darauf ankommen, wie schnell der Ausbau der Erneuerbaren voranschreitet und wie gut die fehlenden Kapazitäten ausgeglichen werden können.“ Dies bestätigt auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne): „Der Strompreis wird natürlich günstiger werden, je mehr Erneuerbare wir haben“, sagte sie dem Sender MDR Aktuell. „Wind und Sonne, die kriegen wir immer zum Nulltarif. Da brauchen wir die Anlagen und die Netze, und deswegen ist das das Entscheidende.“ Trotz des Atomausstiegs erwartet sie perspektivisch sinkende Strompreise. (tt)

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