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„Erhebliche Wohlstandsverluste“: So abhängig ist die deutsche Wirtschaft von China

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Von: Markus Hofstetter

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Das Verhältnis zwischen China und Deutschland trübt sich weiter ein. Viele Firmen sehen das mit wachsender Sorge. Wie hart ein Wirtschaftskrieg mit China die deutsche Wirtschaft treffen würde.

München - Viele Jahre lang galt China für die deutsche Wirtschaft vor allem als profitabler Wachstumsmarkt und Innovationstreiber. Beide Seiten profitierten von dieser Beziehung. Doch die Volksrepublik nimmt seit dem Amtsantritt Xi Jinpings immer autokratischere Züge an. Auch der Ton gegenüber Taiwan wird immer schärfer.

Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China: Fast alle seltene Erden kommen aus der Volksrepublik

Das kann zum Problem für Deutschland werden, es wird oft von der „China-Falle“ gesprochen. Denn China ist nicht nur ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Unternehmen. Auch bei Importen sehen Experten eine große Verwundbarkeit Deutschlands. In einigen Bereichen wie bei Solaranlagen und Windanlagen, Chemie- und Medizinprodukten oder einigen Lebensmitteln dominieren die Einfuhren aus China. 80 Prozent der Laptops kommen laut einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel aus der Volksrepublik, bei von der EU als kritisch eingestuften seltenen Erden und Rohstoffen wie Scandium oder Antimon sind es 85 Prozent.

Seecontainer mit Flaggen von Deutschland und China
Viele Jahre lang war die Wirtschaftsbeziehung zwischen China und Deutschland ungetrübt. © U. J. Alexander/Imago

Es geht noch weiter. „Was gerne übersehen wird, ist die Rolle Chinas als Innovationstreiber. Deutsche Unternehmen entwickeln und testen hier neueste Technologien für den globalen Markt“, sagt Jens Hildebrandt, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer (AHK) in Peking. Ein Rückzug würde sich negativ auf Innovationen auswirken. Nicht nur in Sachen E-Mobilität, auch beim autonomen Fahren sei das Entwicklungstempo in China rasant.

Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China: Corona-Lockdown sorgt für Lieferkettenchaos

Ein Weckruf für Deutschland war der Ukraine-Krieg. Er hat gezeigt, wie gefährlich die Abhängigkeit von Autokratien sein kann. Nur unter großen Anstrengungen konnte Gas aus Russland weitgehend durch andere Lieferländer ersetzt werden. Umso schlimmer würde es die Handelspartner von China treffen, würde das Land Taiwan angreifen und sie reagieren müssten, zum Beispiel mit Sanktionen. Ein Vorgeschmack bot das Chaos durch den Corona-Lockdown in China, der die internationalen Lieferketten unterbrochen hatte. So wurde die Autoindustrie monatelang durch Probleme bei der Chipversorgung geplagt.

Doch es muss gar nicht zu einem Krieg kommen. Chinas Diktator Xi hat oft schon wirtschaftliche Abhängigkeiten als Waffe eingesetzt. Das zeigt das Beispiel Litauen. Das Land hat nach Ansicht Pekings gegen die Interessen Chinas verstoßen und wurde mit Sanktionen belegt.

Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China: Abkoppelung würde zu Wohlstandsverlusten führen

Was wären die Folgen einer Abkoppelung der deutschen Wirtschaft von China? „Volkswirtschaftlich gesehen würde eine Abkopplung mit erheblichen Wohlstandsverlusten einhergehen“, erklärt Hildebrand. Das gelte insbesondere für deutsche Autobauer und Chemieunternehmen.

IfW-Experte Alexander Sandkamp Deutschland geht davon aus, dass Deutschland auf lange Sicht etwa ein Prozent seiner Wirtschaftsleistung oder jährlich knapp 40 Milliarden Euro einbüßen würde. Kurz- und mittelfristig käme es zu Engpässen, einzelne Firmen würden pleitegehen. 

Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China: Deutsche Unternehmen investieren weiterhin

Dennoch engagieren sich deutsche Unternehmen weiterhin stark in China. So kündigte BASF den Bau eines neuen Verbund-Standortes in der südchinesischen Provinz Guangdong an, bis 2030 sollen dafür rund zehn Milliarden Euro investiert werden. Der Technologiekonzern Bosch will sein Chinageschäft vorantreiben. Auch der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler will sich unter anderem stärker in China engagieren.

Auch Mercedes-Chef Ola Källenius hat erst vor kurzem einer wirtschaftlichen Abkoppelung von China eine Absage erteilt. Europa, die USA und die Volksrepublik seien so eng miteinander verflochten, dass dies nicht sinnvoll wäre, sagte der Manager der Bild am Sonntag (30. April). Angesprochen auf die Drohungen Chinas gegen Taiwan sagte Källenius: „Wir sind nicht naiv.“ Man müsse hier widerstandsfähiger werden und etwa bei den Lithiumbatterien unabhängiger von einzelnen Staaten. „Eine Entflechtung von China ist eine Illusion und auch nicht erstrebenswert.“

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