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Deutsche lieben das Bargeld

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Von: Stephan Kaufmann

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Die Bundesbürger wollen das Bargeld behalten.
Die Bundesbürger wollen das Bargeld behalten. © imago

Banken und Politik würden Noten und Münzen am liebsten abschaffen. Doch die Deutschen vertrauen dem elektronischen, bargeldlosen Bezahlen nicht.

Der Kampf um das Bargeld läuft. Die Banken und viele Ökonomen würden Noten und Münzen gerne abschaffen. Denn Produktion und Transport kosten Geld. Für die Banken ist Bargeld wiederum totes Kapital, das in den Taschen und Kassen ruht und den Kreditinstituten nicht zur Verfügung steht. Politiker kritisieren an Banknoten zudem ihre Verschwiegenheit – bar bezahlte Transaktionen lassen sich nicht zurückverfolgen, was Cash zum geeigneten Medium für Schwarzarbeit, Korruption und kriminelle Geschäfte macht. Dieser Schutz der Privatsphäre ist für die Verteidiger des Baren dagegen genau der Vorteil. Eine neue Untersuchung zeigt nun: Den Europäern ist das Bargeld wichtig.

Wer trägt Bargeld mit sich herum? Die niederländische Großbank ING hat im Februar rund 14 700 Personen in 15 Ländern befragt. Danach hat nur etwa ein Fünftel aller Europäer nie oder fast nie Bargeld dabei. Auf Banknoten verzichten am ehesten die Franzosen, ein Drittel von ihnen hat im Allgemeinen kein Bares in der Tasche. Am anderen Ende stehen die Deutschen, hier sind es nur zehn Prozent. Wie beliebt Noten und Münzen sind, zeigt auch die Tatsache, dass 82 Prozent aller Europäer angaben, in den vergangenen drei Tagen etwas mit physischem Geld bezahlt zu haben. Hierzulande waren es sogar 87 Prozent.

Nimmt die Bargeldnutzung ab? Es scheint so. 54 Prozent der Europäer geben an, Bargeld wesentlich weniger zu nutzen als noch vor einem Jahr. Allerdings glauben drei Viertel nicht daran, dass sie jemals ganz ohne Banknoten auskommen werden – in Deutschland sind es 84 Prozent.

Was wird bar bezahlt? Kleine Rechnungen zwischen einem und zehn Euro begleichen 88 Prozent der Europäer mit Cash. Bei Summen von elf bis 50 Euro ist es nur noch die Hälfte. Bei Rechnungen von 100 Euro und mehr greifen die Europäer noch in zwölf Prozent der Fälle zur Papiernote – in Deutschland allerdings deutlich mehr. Ausgaben für Mittagessen, Kaffee oder Snacks werden nur von einem Viertel der Europäer üblicherweise bargeldlos bezahlt. Dagegen spielt Bargeld für die Zahlung von Strom, Gas, Miete kaum eine Rolle. Bemerkenswert: Zwei Drittel der Europäer erledigen ihre Supermarkteinkäufe mit Karte.

Brauchen die Europäer große Banknoten? Eher nicht. In der Euro-Zone wird der 500-Euro-Schein ab nächstem Jahr schrittweise aus dem Verkehr gezogen. Nur sechs Prozent der Personen erwarten, dass sie dadurch finanziell betroffen sind.

Was mögen die Menschen am Bargeld? Sie können sich darauf verlassen. 59 Prozent der befragten Europäer schätzen Bargeldzahlungen als sicher ein, immerhin 55 Prozent bargeldlose Zahlungen. Krass sind die Unterschiede in Deutschland: 77 Prozent der Deutschen schätzen die Sicherheit der Barzahlung, nur 48 Prozent vertrauen der bargeldlosen Transaktion. Zudem haben zwei Drittel der Menschen in Europa das Gefühl, Bargeld schütze ihre Privatsphäre – in Deutschland sind es sogar 86 Prozent.

Wollen die Menschen das Bargeld loswerden? Eher nicht. Nur 34 Prozent stimmen der Aussage zu „Wenn es nach mir ginge, würde ich ohne Bargeld auskommen“. In Deutschland sind es 30 Prozent.

Gibt es einen Zusammenhang zur Schattenwirtschaft? Den zeigt zumindest die ING-Untersuchung nicht. Die Bargeld-Nutzung ist in Ländern mit mehr Korruption oder einem größeren Anteil der Schattenwirtschaft nicht durchgängig höher als in anderen Staaten. So ist Bargeld in Deutschland sehr beliebt, wo die Schattenwirtschaft einen relativ geringen Anteil an der Wirtschaftsleistung ausmacht.

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