Den Krieg nicht mitfinanzieren

Ein Verbund von NGOs fordert ein vollständiges Embargo von russischen Energielieferungen.
Die ukrainische Umwelt-Organisation „Razom We Stand“ (Wir stehen zusammen) hat zusammen mit anderen NGOs ein vollständiges Embargo gegen russische Energie-Exporte gefordert, um die Finanzierung von Moskaus Krieg gegen die Ukraine auszutrocknen. Außerdem brauche es eine beschleunigte globale Energiewende, um eine „Befreiung von fossilen Petro-Diktaturen auf der ganzen Welt“ einzuläuten.
Die Direktorin von „Razom We Stand“, Svitlana Romanko, erläuterte den Vorstoß gut ein Jahr nach Beginn von Putins Angriffskrieg so: „Das Embargo für russische fossile Brennstoffe zeigt Wirkung, aber es ist zu langsam, und wir brauchen jetzt mehr Maßnahmen.“ Es sei an der Zeit, dass die politischen Entscheidungsträger „die mörderischen Geldströme für Öl, Gas und Kohle nach Russland vollständig unterbinden“.
Die Initiativen der westlichen Industriestaaten, von russischen Energielieferungen unabhängiger zu werden, zeigen durchaus Wirkung. Einem Bericht des finnischen Umwelt-Thinktanks „Research on Energy and Clean Air“ (CREA) zufolge sind Moskaus Exporte von Kohle, Erdgas und Erdöl im Januar und Februar diesen Jahres um 50 Prozent unter den Höchststand von 2022 gefallen, wobei die Ausfuhren in die EU sogar um fast 90 Prozent zurückgingen. Dennoch nehme Russland immer noch schätzungsweise umgerechnet 560 Millionen Euro pro Tag ein – Geld, mit dem die Invasion der Ukraine weiter finanziert werde. Hauptabnehmer sind derzeit, laut CREA, China, die Türkei und Indien.
Verbot statt nur Preisdeckel
„Razom“ und 13 weitere NGOs kritisieren, die von den G7-Staaten eingeführten Preisdeckel für russisches Erdöl funktionierten nicht ausreichend. Eine Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel Rohöl war am 5. Dezember eingeführt worden, zusammen mit einem EU-Einfuhrverbot, das den Schiffstransport betrifft. Im Februar wurden dann zwei weitere Obergrenzen für Ölprodukte eingeführt. Die G7 zogen inzwischen eine erste positive Bilanz. Danach sind die Ziele erreicht worden, Moskaus Einnahmen zu verringern und gleichzeitig die Öl-Verfügbarkeit aufrechtzuerhalten, um weltweite Engpässe und Preisschwankungen zu verhindern. Die 14 Organisationen hingegen halten es für notwendig, den Preisdeckel durch ein vollständiges Verbot des Handels mit russischem Rohöl und Ölprodukten zu ersetzen.
Die ukrainische NGO ergänzte dies durch weitere Forderungen zum Umbau des europäischen und weltweiten Energiesystems. Die Ukraine solle „ohne schmutzige Energie wiederaufgebaut werden“, zudem müsse das kontinentaleuropäische Stromnetz ausgebaut werden, um die Anbindung der Ukraine zu verbessern. Generell müssten Subventionen für die fossilen Energien gestrichen und die Energiewende beschleunigt werden.
Laut dem ukrainischen Energiekonzern DTEK ist die Infrastruktur des Unternehmens in der Ukraine seit Kriegsbeginn von über 9600 Raketen getroffen worden, dabei seien 141 Mitarbeitende umgekommen. DTEK ist Teil einer Gesellschaft, die dem ukrainischen Milliardär Rinat Achmetow gehört. Das Unternehmen betreibt Kohleminen, Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke, Stromnetze, Windparks und Solaranlagen und ist größter Arbeitgeber des Landes mit rund 70 000 Mitarbeitenden.
Der Konzern meldet, er habe fast 10 000 Kilometer Leitungen, die zerstört worden waren, inzwischen repariert. Die zeitweise unterbrochene Stromversorgung in der Hauptstadt Kiew sowie den Regionen Donezk, Dnipropetrowsk und Odessa sei wiederhergestellt worden und man habe bei der Reparatur von Stromleitungen in der von ukrainischen Truppen zurückeroberten Region Cherson geholfen.
Der Konzern meldete weiter, Kohleabbau und Erdgasgewinnung lägen weiter auf hohem Niveau, bei Gas habe man 2022 sogar einen Rekord erzielt. Zudem nutze die DTEK-Tochter für erneuerbare Energien „jede Gelegenheit, Windturbinen zu installieren, um die erneuerbare Stromerzeugung für das Land zu erhöhen“. Im Januar habe der Konzern begonnen, Strom aus dem europäischen Netz zu importieren, um Elektrizitätsmangel in der Ukraine zu verringern.