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China: Die gigantischen Pläne Pekings in der Wüste Gobi

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Von: Joachim Wille

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China will gigantische Solar- und Windparks in der Wüste Gobi bauen, hält gleichzeitig aber an der Kohle fest.

Peking - China plant den Bau von gigantischen Solar- und Windkraftwerken in der Wüste Gobi und anderen Wüstenregionen. Insgesamt sollen dort bis 2030 Anlagen mit einer Spitzenleistung von 450 Gigawatt (GW) entstehen – das ist mehr als die in der gesamten EU seit 2000 aufgebaute Solar- und Windkapazität, die 385 GW beträgt, und mehr als doppelt so viel, wie sämtliche Anlagen zur Stromerzeugung in Deutschland an installierter Leistung vorhalten. Laut dem staatlichen Planungsbüro in Peking ist das Projekt Teil der Bemühungen des Landes, die Erneuerbaren zu pushen und die Klimaziele zu erreichen. Allerdings hält China an der Kohleverstromung fest.

Bei der Vorstellung des Plans sagte der Direktor der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), He Lifeng, China werde in den Wüstengebieten mit den 450 GW „die größte Solar- und Windenergieerzeugungskapazität der Geschichte aufbauen“. Am Ende des vorigen Jahres hatte das Land rund 635 Gigawatt dieser Ökoenergien installiert. Allein das Wüstenstromprojekt wird diese Kapazität um etwa 70 Prozent erhöhen. Für das gesamte Land sind bis 2030 rund 1200 GW angepeilt. Schon vor Jahren verzeichnete China einen Solarboom und war der wichtigste Markt für erneuerbare Energien.

China baut in der Wüste Gobi Solaranlagen: Die bietet viel Platz für erneuerbare Energien, aber das Problem des Transports in die Städte bleibt.
China baut in der Wüste Gobi Solaranlagen: Die bietet viel Platz für erneuerbare Energien, aber das Problem des Transports in die Städte bleibt. © Imaginechina-Tuchong/Imago / dpa

Fachleute zeigten sich beeindruckt von Pekings Plänen. China-Experte Dimitri de Boer von der Umweltorganisation Client Earth sagte: „450 Gigawatt sind wirklich riesig. Das wäre der Löwenanteil der neu installierten Solar- und Windkraftkapazitäten bis 2030.“ Dies werde für Chinas unterentwickelte westliche Regionen einen großen Aufschwung bedeuten, sagte er dem Onlineportal „Climate Home“.

Wüste Gobi in China und der Mongolei: Plan von Solaranlagen

Die Gobi ist eine Wüste mit 2,3 Millionen Quadratkilometer Ausdehnung, deren Hauptflächen zu China und zur Mongolei gehören. Dort gibt es viel Sonne und Wind. Laut den Pekinger Angeben ist der Bau von etwa 100 GW Solarkapazität bereits im Gange. Allerdings müssen auch große neue Trassen für Hochspannungsleitungen gebaut werden, um den in der Wüste erzeugten Strom in die Städte zu bringen.

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Das Projekt erinnert an die Desertec-Idee, die in den 2000er Jahren für Nordafrika entwickelt worden war. Dort sollten große Solar- und Windparks gebaut werden, um den Strom dann über Fernleitungen auch nach Europa zu transportieren. Das Projekt wurde 2014 aufgegeben, unter anderem wegen des Aufwandes und der Kosten der Übertragung. Fachleute trauen China allerdings zu, dies zu lösen. Der britische Energieexperte Simon Nicholas sagte, das Land sei weltweit führend bei der Stromübertragung über große Entfernungen mit Ultrahochspannungs-Gleichstrom-Leitungen. „Wenn es also jemand kann, dann China.“

Chinas Plan in der Wüste Gobi: Erneuerbare Energien aus der Wüste

Peking plant allerdings nicht nur das gigantische Erneuerbare-Energien-Zentrum in der Wüste. Parallel sollen auch Kohlekraftwerke gebaut werden, die eine stabile Grundlastversorgung liefern sollen. Dies sei notwendig, um den stabilen Betrieb des Netzes zu gewährleisten, argumentiert die Entwicklungskommission. Eine schnelle Abkehr von der klimaschädlichen Kohleverstromung ist also nicht in Sicht. Chinas Vizepremier Han Zheng unterstrich das mit den Worten, man wolle an der „grundlegenden Rolle der Kohle als Garant für die Energieversorgung“ festhalten. Chinas Provinz Innere Mongolei, zu der der größte Teil der Wüste Gobi gehört, ist der größte Kohleproduzent des Landes.

Chinas Energiestrategie ist entscheidend für den globalen Klimaschutz, da das Land mit Abstand am meisten Treibhausgase ausstößt. Sein Anteil liegt bei fast 30 Prozent. Laut Staatspräsident Xi Jinping soll der „Peak“ der Emissionen bis 2030 und Klimaneutralität bis 2060 erreicht sein. Bereits Mitte der 2010er Jahre hatte der CO2-Ausstoß des Landes stagniert, woraufhin viele Fachleute bereits eine Trendwende erhofften. Die Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht, der CO2-Ausstoß stieg erneut an, vor allem wegen der wieder steigenden Kohleverbrennung.

China will die Wüste Gobi zur Energiequelle machen.
China will die Wüste Gobi zur Energiequelle machen. © FR/ETH Zürich/dpa

Bau von Kohlekraftwerken: China setzt weiter auch auf Energie aus Kohle

Im vergangenen Jahr kündigte Xi an, man werde den Kohleverbrauch im Zeitraum 2021 bis 2025 „kontrollieren“ und 2026 mit der Reduzierung des Verbrauchs beginnen. In der vorigen Woche betonte er allerdings die Bedeutung dieses Energieträgers: Vor einer Delegation aus der Kohleförderregion Innere Mongolei sagte er, China sei „reich an Kohle, arm an Öl und knapp an Gas“ und könne sich „nicht von der Realität entfernen“. Der grüne Wandel sei ein allmählicher Prozess.

Umweltschützer:innen sehen die Pro-Kohle-Bekenntnisse kritisch. Li Shuo von Greenpeace Ostasien sagte, es sei offensichtlich, dass zumindest aktuell „die Vorliebe für Kohle zurückkehre. Die Mega-Solarpläne für die Gobi kommentierte er so: „Dies ist die positive Seite der chinesischen Klimageschichte. Die Menschen sollten sich an große Zahlen gewöhnen.“ Chinas Herausforderung bestehe aber darin, die Kohleseite der Geschichte zu stoppen, die in ebenso großen Zahlen wachse. Vor allem der verstärkte Einsatz von Kohle treibt globalen Ausstoß von CO2 an. (Joachim Wille) Wegen des Ukraine-Konflikts ist auch die Energieversorgung in Deutschland angespannt: In Südeuropa sollte eigentlich eine Art Süd Stream für Gas entstehen.

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