Wirtschaft fordert von Optimist Scholz Strategie für die Zukunft

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben sich mit dem Krisenmanagement der Ampel-Regierung zufrieden gezeigt. Sie vermissen trotzdem eine Langfriststrategie.
München - Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben der Ampel-Regierung ein eher positives Zeugnis für ihre Krisenpolitik ausgestellt. Ihre Lagebeschreibung klang allerdings deutlich negativer. Derzeit müsse mit einer Vielzahl von Handicaps hantiert werden, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, schon vor dem alljährlichen Spitzengespräch. Deutschland brauche trotz der aktuellen Krisen wieder eine langfristigere Strategie, um weltweit erfolgreich zu bleiben.
„Die Energiekosten sind immer noch hoch. Wir haben aber auch mit einer Regelungswut zu kämpfen, die dafür sorgt, dass wir oft mehr Papier beschreiben, als dass wir wirklich nach vorne kommen“, betonte Russwurm. Zugleich habe Deutschland im weltweiten Vergleich die höchsten Steuern, was der globalen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie „ganz schön zu schaffen“ mache. Auch die hohe Inflation tue „weh“. Perspektivisch brauche es eine „Strategie der langen Linien“ und hier habe Deutschland „noch erheblichen Nachholbedarf“.
Wirtschaftsverbände beklagen „Verlust industrieller Wertschöpfung“
DIHK-Präsident Peter Adrian erklärte: „Wir haben diese Energiekrise ohne Gasmangellage überwinden können, das hat uns vor einem großen Absturz bewahrt.“ Die Krisenpolitik des Bundes habe funktioniert, es müsse aber weiter alles getan werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern. Zugleich müsse nach Wegen gesucht werden, wie die Dekarbonisierung der Wirtschaft erreicht und der Fachkräftemangel beseitigt werden könne.
In einem gemeinsamen Positionspapier benennen die Verbände ihre Lage noch drastischer: „Der Verlust industrieller Wertschöpfung ist keine theoretische Gefahr mehr. Er findet bereits statt.“ Sie fordern eine Steuersenkung für Kapitalgesellschaften auf 25 Prozent, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, flexiblere Arbeitszeitmodelle hin zu Wochenhöchstarbeitszeiten, modernere Ruhezeitregelungen und eine schnellere Zuwanderung von Fachkräften.
Kanzler zeigte sich optimistisch
„Wir haben allen Grund, optimistischer in die Zukunft zu blicken als noch vor einem Jahr, was unser eigenes Land betrifft“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Es sei gelungen, Deutschland in kürzester Zeit unabhängig von russischen Energieimporten zu machen und eine Energie- und Wirtschaftskrise zu verhindern. Auch auf den kommenden Winter sei man vorbereitet, betonte er und dankte allen, die in den vergangenen Wochen und Monaten Energie gespart hätten.
Und der Optimismus des Kanzlers geht noch weiter: „Zunächst mal gehe ich davon aus, dass Deutschland vor einer Phase großen Wachstums liegt“, sagte er. Er begründete seinen Optimismus mit dem deutschen Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden. Die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes setze „hunderte Milliarden schwere privatwirtschaftliche Investitionen“ in einem Ausmaß voraus, „wie wir das über viele Jahrzehnte gar nicht mehr gewohnt waren“. Als Beispiele nannte er unter anderem neue Produktionsverfahren, die Dämmung und den Neubau von Häusern oder die Infrastruktur.
Auf den Fachkräftemangel ging auch Scholz explizit ein. Unter anderem müsse man sicherstellen, die Erwerbstätigkeit von Frauen durch gute Kinderbetreuung zu steigern und dafür zu sorgen, dass das Arbeitsleben möglichst lange attraktiv bleibe. Zudem werde man eine Fachkräfteeinwanderung brauchen. „Das werden wir in diesem Jahr erheblich beschleunigen.“ (df/dpa)