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Basteln an der Brennstoffzelle

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Von: Thomas Magenheim-Hörmann

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Minister Altmaier besucht das BMW-Forschungszentrum.	dpa
Minister Altmaier besucht das BMW-Forschungszentrum. © Matthias Balk/dpa

Die Wasserstofftechnologie kommt nur schwer ins Rollen - vor allem fehlt das Tankstellennetz.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist angetan. „Hervorragend, tolles Fahrgefühl“, sagt er und steigt aus einem BMW 5er GT mit Brennstoffzelle. Die Anzahl der existierenden Autos dieses Typs kann man an den Fingern von zwei Händen abzählen. Dennoch sind sich Altmaier und BMW-Chef Oliver Zipse einige, dass die Zukunft auf vier Rädern der Wasserstofftechnologie gilt.

„Die Politik hat die Bedeutung grünen Wasserstoffs für das Energiesystem der Zukunft erkannt“, lobt Zipse. Er spielt damit auf die jüngst nach langem Ringen mit milliardenschwerer Anschubfinanzierung auf den Weg gebrachte Wasserstoffstrategie Deutschlands und den „Green Deal“ der Europäischen Kommission an, der ebenfalls auf diese Technologie baut. Es könnte aber noch eine schwere Geburt werden.

Altmaier glaubt, dass BMW hierzulande neben Daimler ein wesentlicher Träger der automobilen Wasserstofftechnologie sein wird. Deshalb hat ihn sein erster Besuch nach Verabschiedung der nationalen Wasserstoffstrategie des Bunds nach Garching bei München geführt, wo BMW an dieser Technologie tüftelt.

Für 2022 ist eine Kleinserie auf Basis des Geländewagens BMW X5 mit einigen hundert Fahrzeugen geplant, die Mercedes in Form des Modells EQC F-Cell schon hat. Nach 2025 dann könnten Brennstoffzellenfahrzeuge in größeren Stückzahlen von BMW-Bändern rollen, vorausgesetzt die Rahmenbedingungen haben sich entwickelt, sagt Zipse. Letzteres ist alles entscheidend und heißt, dass ein Wasserstoff-Tankstellennetz in Deutschland und möglichst EU-weit aufgebaut werden muss.

„Das ist der Knackpunkt“, stellt der BMW-Chef klar. Beim neuen Tankstellennetz mit Autobahnen zu beginnen, sei nicht komplett verkehrt, meint er vage. So unbestimmt wie Zipse sich ausdrückt, ist auch der Planungsstand. Es gibt zwar Konsortien, wo Autobauer mit Konstrukteuren von Wasserstofftankstellen wie Linde und Betreiberfirmen kooperieren. Aber einen Masterplan gibt es nicht, obwohl Deutschland mit rund 100 Tankmöglichkeiten für den Treibstoff der Zukunft im EU-Vergleich noch relativ gut dasteht.

Nicht einmal Grundsätzliches ist klar. „Ob Wasserstoff per Pipelinesystem oder mit Tanklastzügen geliefert wird, muss geklärt werden“, sagt Altmaier. Das klingt nicht nach einem echten Startschuss in absehbarer Zeit. Die drängt insofern, als Lastwagen mit Brennstoffzellenantrieb unmittelbar vor der Serienreife steht. Daimler ist dabei hierzulande die treibende Kraft. Lkw könnten Pkw den Weg bereiten, weil sie identische Wasserstoff-Infrastrukturen nutzen können, betont Zipse. Möglicherweise ist es ihm aber ganz recht, wenn es noch etwas dauert. Denn mit dem Technologiewechsel zur Elektromobilität und der Pandemie, von der seine Branche besonders getroffen ist, haben Autobauer derzeit alle Hände voll zu tun.

Auch technologisch gibt es noch Handlungsbedarf. Das beginnt schon beim Wasserstoff selbst. Soll der das Klima retten, müsste er grün – sprich aus erneuerbaren Energien – erzeugt werden und zwar in riesigen Mengen, die Deutschland für die eigene Wirtschaft gar nicht herstellen kann. Ein Importsystem für grünen Wasserstoff muss aufgebaut werden, sagt Altmaier.

Auch das Brennstoffzellenautos selbst bedarf noch einiger Arbeit. Zwar ist die Zeit vorbei, wo volle Wasserstofftanks geparkter Autos nach einigen Tagen leer waren, weil sich das Gas verflüchtigt hat. Moderne Tanks sind dicht. Aber sie können noch nicht so geformt werden, wie Autobauer sich das wünschen. Ideal wäre es, wenn sie flach gebaut und in den Boden der Autos eingebaut werden könnten, wo sich bei Elektroautos die Batterie befindet. Beide Antriebsvarianten könnten dann problemlos und kostensparend in einer Linie gefertigt werden.

Denn auch preislich muss sich noch etwas ändern. Als globaler Vorreiter von Brennstoffzellenautos gelten Toyota in Japan und Hyundai in Südkorea, die zuletzt jährlich je einige tausend solcher Fahrzeuge verkauft haben, wobei das Toyota-Mittelklassemodell Mirai ab knapp 80 000 Euro teuer ist. Nicht einmal dieser stolze Preis soll kostendeckend sein. Auch das erklärt die vorsichtige Planung von BMW & Co.

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