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Autobahnbetreiber verklagt Bund

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Von: Stefan Sauer

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Nach Bekanntwerden der drohenden A1-Mobil-Pleite spricht sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vehement gegen weitere Privatisierungspläne im deutschen Fernstraßennetz aus.
Nach Bekanntwerden der drohenden A1-Mobil-Pleite spricht sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vehement gegen weitere Privatisierungspläne im deutschen Fernstraßennetz aus. © Imago

Die Firma A1 Mobil fordert entgangene Einnahmen aus dem Mautbetrieb. Damit steht eines der größten Kooperationsprojekte zwischen Staat und Privatwirtschaft auf der Kippe.

Eines der bedeutendsten Kooperationsprojekte zwischen Staat und Privatwirtschaft in Deutschland steht offenbar auf der Kippe. Es geht um den in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) umgesetzten Ausbau eines 73 Kilometer langen Autobahnabschnitts zwischen Hamburg und Bremen.

Die Kosten von 500 Millionen Euro für die Erweiterung auf sechs Fahrspuren zwischen 2008 und 2012 übernahm das Unternehmen A1 Mobil. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ blieben die Einnahmen aus der Lkw-Maut auf diesem Teilstück, die A1 Mobil im Gegenzug auf 30 Jahre zukommen sollten, aber hinter den Erwartungen zurück.

Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert aus einem Schreiben der Geschäftsführung an das Bundesverkehrsministerium, in dem von einer „existenzbedrohenden Situation“ für das Unternehmen die Rede ist. Ohne frisches Geld könnte bereits in wenigen Monaten Schluss sein, weil Ende des Jahres ein Stillhalteabkommen der Betreibergesellschaft mit mehreren Gläubigern abläuft.

Die Forderung von A1 Mobil nach staatlichen Zuschüssen, die die fehlenden Mauteinnahmen ausgleichen könnten, hat der Bund bisher mit der Begründung abgelehnt, das Risiko für den Mautbetrieb trage der private Investor.

Ein Schiedsverfahren, das diesen Streitpunkt klären soll, ist bislang nicht erkennbar vom Fleck gekommen. Nun droht es endgültig zu scheitern. Denn am Montag hat das hinter A1 Mobil stehende deutsch-britische Konsortium die Bundesrepublik auf Zahlung von 640 Millionen Euro verklagt. Zu den Inhalten der Klage wollte sich die Betreibergesellschaft mit Blick auf das einsetzende Verfahren nicht näher äußern. Im Mittelpunkt steht aber die Frage, wie die Einnahmeausfälle zwischen öffentlicher Hand und Konsortium für beide Seiten annehmbar verteilt werden können.

Ein Grund für die schlechte Unternehmensperformance auf der sogenannten Hansa-Linie ist die Weltwirtschaftskrise. Kurz nach Beginn des Ausbaus hatte die Pleite der US-Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 die globale Finanzbranche und damit die Weltwirtschaft in die schwerste Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Das deutsche BIP schrumpfte 2009 um fast fünf Prozent, der Güterverkehr brach drastisch ein und mit ihm auch das Volumen der Lkw-Maut. Mit der Klage will A1 Mobil nun klären, ob der Bund zumindest teilweise für die krisenbedingten Ausfälle einstehen muss.

Ungeachtet dessen wäre ein Scheitern des einstigen ÖPP-Vorzeigeprojekt für Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine krachende politische Niederlage in der heißen Wahlkampfphase. Denn der Minister befürwortet seit langem weitere Privatisierungsprojekte für Autobahnteilstücke und setzte sich auch im Zusammenhang mit der Pkw-Maut für die Beteiligung privater Investoren ein. Begründet wird das Votum für ÖPP mit wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber dem herkömmlichen Autobahnbau aus staatlicher Hand.

Beim Koalitionspartner SPD sieht man das, zumal in Wahlkampfzeiten, dezidiert anders. Nach Bekanntwerden der drohenden A1-Mobil-Pleite sprach sich SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Mittwoch vehement gegen weitere Privatisierungspläne im deutschen Fernstraßennetz aus. „Mit mir als Kanzler wird es eine Autobahnprivatisierung nicht geben“, sagte Schulz der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

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