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Reiserücktrittsversicherung: Erstattung bei Krankheiten – wann greift die Klausel?

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Von: Christoph Gschoßmann

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Alles ist bereit für den lange geplanten Urlaub, doch dann bringt eine Krankheit plötzlich alles durcheinander. Wann greifen Reiserücktrittsversicherungen?

München – Sicher ist sicher: Viele Urlauber:innen schließen noch lange vor der Reise eine Reiserücktrittsversicherung ab. Dadurch wollen sie im Fall der Fälle ihr Geld zurückerhalten. Viele Reiserücktrittspolicen enthalten eine Klausel, wonach sie bei „unerwarteten und schweren Erkrankungen“ Zahlungen leisten. Tritt so eine Erkrankung ein, übernimmt die Versicherung anfallende Storno-Kosten für den abgesagten Urlaub. Die große Frage lautet also: Was bedeutet unerwartet und schwer?

Die Antwort ist nicht eindeutig: Weil das mitunter von der Bewertung des Anbieters abhängt, hilft nur ein genauer Blick in die Versicherungsbedingungen. Das zeigt exemplarisch ein Urteil des Landgerichts Neubrandenburg (Az.: 1 S 56/20), über das jetzt die Fachzeitschrift ReiseRecht aktuell (Ausgabe 1/23) berichtete.

Beispiel Reiserücktrittsversicherung: Krebserkrankung bekannt – aber Schwere nicht

In einem Fall hatte beispielsweise eine Frau eine Reiserücktrittsversicherung für sich und ihren Mann, der an Krebs erkrankt war, abgeschlossen. Das Paar hatte mehrere Wochen vorher von der Diagnose erfahren. Doch dann verschlechterte sich sein Zustand: Kurz nach Abschluss der Police wurden bei dem Mann Tumore im Brustwirbelbereich gefunden, die operativ entfernt werden mussten. Die Frau stornierte die Reise. Dafür fielen rund 750 Euro Gebühren an. Doch die Versicherung weigerte sich, diese zu übernehmen.

Ein Mann geht während der Corona-Pandemie durch die fast leere Abflughalle am Frankfurter Flughafen
Manchmal kommt eine Krankheit unerwartet - haben Sie eine Reiserücktrittsversicherung gebucht? © Andreas Arnold/dpa

Die Versicherung verwies auf eine Klausel in den Bedingungen, wo es unter dem Punkt „Vorerkrankungen“ sinngemäß heißt: Waren Erkrankungen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Police bekannt und wurden in den sechs Monaten davor behandelt, dann sind diese nicht versichert.

Die Frau zog vor Gericht. Ihr Argument: Das Ausmaß der Krebserkrankung sei bei Abschluss der Versicherung noch nicht absehbar gewesen. Das Gericht sah das anders. Die Erkrankung sei bekannt und damit nicht „unerwartet“ gewesen. Entsprechend müsse die Versicherung der Frau die Storno-Gebühren nicht erstatten.

Gericht stellt klar: Formulierung in Reiserücktrittsversicherung ist nicht intransparent

Was das Gericht ebenfalls klarstellte: Die von Verbraucher:innen oft als schwammig empfundene Formulierung der „unerwarteten und schweren Erkrankung“ sei nicht intransparent. So hieß es weiter, dem „durchschnittlichen Versicherungsnehmer“ werde durch diese Formulierung der Versicherungsschutz verständlich und umfassend vor Augen geführt – trotz des „Beurteilungsspielraums im Falle einer Dauererkrankung sowie in Bezug auf die Intensität der Erkrankung“.

Das Gericht verweist auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Demnach bedeutet das Wort „unerwartet“, dass eine Erkrankung überraschend, also plötzlich und unvorhergesehen auftreten muss. Woraus Verbraucher:innen folgern müssten, dass damit in der Regel nur unvorhergesehen auftretende Akuterkrankungen versichert seien. Wer also bereits an einer schwerwiegenden Krankheit leidet, die sich dann verschlechtert, kann also kaum darauf hoffen, seine Kosten von der Reiserücktrittsversicherung erstattet zu bekommen.

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