Schwerbehindertenausweis: Welche Vorteile er bringt und wer ihn bekommt
Ab einem gewissen Grad einer Behinderung kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden. Das Dokument bringt für beeinträchtigte Menschen viele Vorteile mit sich.
Hamburg – Ein Schwerbehindertenausweis kann Menschen mit Behinderungen das Leben erheblich erleichtern. Mit ihm können gesundheitliche Beeinträchtigungen nachgewiesen werden, indem der Grad der Behinderung, spezielle Merkzeichen sowie die Gültigkeit des Ausweises in dem Dokument erfasst sind. Doch wer kann den Ausweis beantragen und welche konkreten Vorteile bringt er?
Als behindert gelten laut dem Sozialgesetzbuch alle Menschen, die „körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können“. Ein Schwerbehindertenausweis darf jedoch erst ab einem gewissen Grad der Behinderung (GdB) ausgestellt werden.
Schwerbehindertenausweis beantragen: Grad der Behinderung muss festgestellt werden
Um diesen festzustellen, empfiehlt das Portal für Menschen mit Behinderung einfach.teilhaben.de, den Hausarzt aufzusuchen, der in der Regel eine erste Beratung über den Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis geben kann. Anschließend müssen dem Versorgungsamt alle Dokumente, die Auskunft über die Behinderung geben, vorgelegt werden. Dazu gehören etwa Befunde von behandelnden Ärzten, Nachweise über Krankenhausbesuche oder Laborberichte. Anhand dieser Dokumente prüft das Versorgungsamt, ob eine Schwerbehinderung vorliegt.

Hierfür wird der Grad der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung in Zehner-Schritten auf einer Skala von 20 bis 100 gemessen. Berücksichtigt werden dabei nicht nur vorliegende Diagnosen, sondern auch die Einschränkungen, unter denen die Antragsteller aufgrund ihrer Behinderung leiden. Wie sich der Versorgungsmedizin-Verordnung entnehmen lässt, liegt eine Behinderung ab einem Grad von 20 vor. Menschen, die einen Grad von mehr als 50 aufweisen, gelten als schwerbehindert und können somit einen Schwerbehindertenausweis beantragen.
Auf dem Schwerbehindertenausweis befinden sich unterschiedliche Merkzeichen
Bei einer Genehmigung erhalten die Antragsteller den Ausweis in Form einer Scheckkarte. In der Regel ist das Dokument auf höchstens fünf Jahre befristet – unabhängig von der Art der Behinderung. Wann der Ausweis abläuft, ist neben dem Grad der Behinderung auf der Karte vermerkt. Zusätzlich werden durch das Versorgungsamt bestimmte Merkzeichen festgestellt, die ebenfalls auf dem Ausweis ausgewiesen sind und Arbeitgebern, Arbeitsagenturen oder Finanzämtern bei der Einstufung der Gesundheitsbeeinträchtigung helfen.
„G“ – erhebliche Gehbehinderung | Gehen nur von kurzen Strecken möglich. |
„B“ – Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson | Bei Nutzung von Bus und Bahn auf Hilfe angewiesen. |
„aG“ – außergewönliche Gehbehinderung | Gehen ohne Rollstuhl kaum möglich. |
„RF“ – Befreiung von Rundfunkgebühren | Schwer sehbehinderte oder hörgeschädigte Personen. |
„Gl“ – Gehörlos | Auf beiden Ohren taub oder starke Schwerhörigkeit. |
„Bl“ – Blind | Augenlicht fehlt oder Sehen ist stark beeinträchtigt. |
„H“ – Hilflosigkeit | Tagesablauf kann nur mit Hilfe bewältigt werden. |
„TBL“ – taubblind | Menschen, die taub und blind sind. |
Durch den Nachweis können schwerbehinderte Menschen etwa im Berufsleben besondere Rechte einfordern. Wie der Sozialverband VdK erklärt, gelten für Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis zum Beispiel spezielle Regelungen beim Kündigungsschutz. Eine Kündigung kann nur dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber zuvor umfangreich geprüft hat, ob der Betroffene anderweitig eingesetzt werden kann und nach Zustimmung der Kündigung durch das Integrationsamt. Laut einfach-teilhaben.de erhalten Menschen, die im Besitz eines Schwerbehindertenausweises sind und fünf Tage die Woche arbeiten, zudem eine zusätzliche Woche Urlaub pro Jahr.
Schwerbehindertenausweis beantragen: Früherer Renteneintritt möglich
Wie die Deutsche Rentenversicherung erklärt, verändert sich mit einer Schwerbehinderung auch das Renteneintrittsalter. Versicherte, die über einen Schwerbehindertenausweis verfügen, können demnach zwei Jahre vor der allgemeinen Regelaltersgrenze in Rente gehen. Mit Abschlägen ist auch ein noch früherer Renteneintritt möglich – das gilt auch für Menschen ohne Schwerbehinderung. Außerdem erhalten behinderte Menschen Vorteile bei ihrer Steuererklärung, indem sie einen Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuererklärung in Höhe von bis zu 3.700 Euro geltend machen können.
Eine finanzielle Entlastung bietet zudem die Möglichkeit eines Antrags auf Ermäßigung der Rundfunkgebühren. Auch Eltern mit behinderten Kindern können von finanziellen Entlastungen profitieren. Je nach Jahrgang besteht Anspruch auf eine Verlängerung des Kindergelds.
Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis: Die Vorteile auf einen Blick
- Fünf zusätzliche Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche
- Früherer Renteneintritt
- Spezieller Kündigungsschutz
- Pauschalbetrag bei Steuererklärung
- Kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
Damit Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen im Alltag mobil bleiben können, dürfen manche Gruppen, je nach Behinderung, Busse und Bahnen kostenlos nutzen. Voraussetzung ist eine Eintragung der Merkzeichen H (Hilflosigkeit) und Bi (Blindheit) im Schwerbehindertenausweis. Aber auch Autobesitzer profitieren laut dem VdK von dem Dokument: Liegt das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) vor, ist die Kfz-Steuer günstiger oder entfällt und Behindertenparkplätze dürfen genutzt werden.
Ein großer Haken am Schwerbehindertenausweis ist jedoch, dass er nur in Deutschland gültig ist. Jedes Land bestimmt für sich, wer als schwerbehindert anerkannt wird und welche Rechte mit dem Status einhergehen. Folglich kann es für behinderte Menschen schwierig sein, ins Ausland zu reisen. Nach Angaben der Europäischen Kommission ist geplant, bis Ende 2023 einen Europäischen Behindertenausweis vorzuschlagen, der dann für alle EU-Länder gelten soll. (tt)