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Energie-Experte ist sich sicher: „Es gibt keine Alternative zur Wärmepumpe“

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Von: Ulrike Hagen

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Das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen ab 2024 ist mit dem neuen Koalitionsbeschluss vom Tisch. Ein Experte erklärt, warum Wärmepumpen dennoch die Zukunft gehört.

Berlin/Freiburg – Der geplante, aber inzwischen entschärfte Gesetzesentwurf zum Verbot von Öl- und Gasheizungen in Deutschland, der den Austausch von Heizungen in Millionen Haushalten in den kommenden 20 Jahren und einen indirekten Zwang zur Wärmepumpe zur Folge gehabt hätte, sorgte für erhitzte Gemüter und Panik.

fr.de sprach mit Dr. Marek Miara, Experte für erneuerbare Energien vom Fraunhofer-Institut ISE in Freiburg, darüber, warum die Energiewende dennoch notwendig ist – und Wärmepumpen weiter das Heizsystem der Zukunft sind.

Im Vordergrund ist Dr. Marek Miara, Experte für Erneuerbare Energien vom Fraunhofer-Institut ISE, zu sehen. Im Hintergrund befindet sich eine Luft- und Wasserwärmepumpe vom Hersteller Vaillant.
Laut dem Energieexperten Dr. Marek Miara würde es „keine Alternative zur Wärmepumpe“ geben. © U.J. Alexander/imago/Dr. Marek Miara

Energie-Experte: „Wir haben 20 Jahre geschlafen, es gibt keine Alternative zur Wärmepumpe“

Nach der Ankündigung, dass bereits ab 2024 alle neuen Heizsysteme, die installiert werden, mindestens 65 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Energien produzieren müssen, rissen die Schlagzeilen nicht ab. Und die Kritik kam aus allen Richtungen.

Wärmepumpen seien überhaupt nur bei der Hälfte aller Wohnungen sinnvoll und grundsätzlich mit immensen Kosten verbunden, da Eigentümer ihr Haus vor dem Wärmepumpen-Einbau energetisch sanieren müssten. Ein Ökonom warnte gar, Robert Habecks Heiz-Pläne könnten 1000 Milliarden Euro kosten.

Wärmepumpen in Verzug: „Die Geschwindigkeit, mit der das durchgesetzt werden sollte, stresste alle“

Nun also die Rolle rückwärts der Bundesregierung. „Ich kann verstehen, dass die Geschwindigkeit der Umstellung und der Umsetzung als schwierig wahrgenommen wurde“, erklärt Marek Miara im exklusiven Gespräch mit fr.de von IPPEN.MEDIA. Der Wissenschaftler forscht seit zwanzig Jahren für das Fraunhofer-Institut an der Effizienz von Wärmepumpen und sieht, „dass die Energieunabhängigkeitsperspektive, die überhaupt erst durch den Ukraine-Krieg in den Fokus geraten ist, mit dem angekündigten Hau-Ruck-Programm Stress für alle bedeutete.“

Ob saniert, teilsaniert oder unsaniert: Die Bude wird warm.

Dr. Marek Miara, Experte für Erneuerbare Energien vom Fraunhofer-Institut ISE, im exklusiven Gespräch mit fr.de

Doch das sei kein Grund, „Dinge weiter falsch zu machen, die schon jahrelang falsch laufen“.

Experte rät zum Wechsel zur Wärmepumpe: „Mehr Planungssicherheit als jetzt gibt es nicht“

„Wir haben 20 Jahre lang geschlafen, aber es gibt keine Alternative, sonst auch nur annähernd die Klimaziele zu erreichen“, mahnt der Experte, „Wir haben einfach keine Zeit mehr“. Die Beschwerden von Herstellern und Hausbesitzer:innen, dass die geplanten Gesetzesentwürfe Planungsunsicherheit mit sich gebracht hätten, lässt Miara nicht gelten.

„Wir sind technologisch vorbereitet. Es gibt die ökologische Notwendigkeit und offensichtlich den starken Willen der Politiker, das zu unterstützen. Andere Länder haben gezeigt, dass es funktioniert. Mehr Planungssicherheit als derzeit gibt es nicht.“

Wärmepumpe: Noch immer kursieren Irrtümer über die Wunderwaffe der Energiewende

Doch auch wenn Wärmepumpen boomen – sie gelten als beste Alternative zu Heizungssystemen, die auf fossilen Brennstoffen basieren und tragen zur Unabhängigkeit von Heizöl und Erdgas, dessen Großhandelspreise derzeit im Sinkflug sind, bei: Es halten sich hartnäckig Irrtümer über Wärmepumpen, mit denen der Experte gern aufräumen möchte. Das populärste: Wärmepumpen eigneten sich nur für Neubauten oder komplett durchsanierte Bestandsgebäude:

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Studien belegen: „Ob saniert oder unsaniert: Die Bude wird warm“

„Seit 20 Jahren untersuchen wir die Effizienz von Wärmepumpen und haben uns in den letzten zehn Jahren insbesondere auf Bestandsgebäude konzentriert, darunter Häuser, die über 100 Jahre alt sind. Unsere Ergebnisse sind eindeutig: Unabhängig davon, ob die Gebäude saniert, unsaniert oder teilsaniert sind: Die Bude wird warm. Das Gebäude erwärmt sich in den meisten Fällen effektiv und eine Wärmepumpe ist eine sinnvolle Lösung“, so Miara.

Unsere Studien haben gezeigt, dass es kaum eine Rolle spielt, wie alt ein Haus ist.

Dr. Marek Miara, Experte für Erneuerbare Energien am Fraunhofer-Institut ISE, gegenüber fr.de

Ganz klar: je weniger Energie für die Erzeugung eines angenehmen Raumklimas benötigt wird, desto besser. Deshalb sind Sanierungsmaßnahmen zur Reduzierung des Heizenergiebedarfs immer sinnvoll. „Dies gilt aber für alle Heizsysteme, nicht nur für Wärmepumpen“, gibt Miara zu Bedenken. Die diversen Feldtests des Fraunhofer-Institutes ergaben, dass moderne Geräte selbst in Häusern, die in einem sehr schlechten energetischen Zustand sind, immer noch mit einer Effizienz von 3 laufen können. Das bedeutet: Für jede eingesetzte kWh elektrischer Energie werden drei kWh Wärme abgegeben.

Miara: „Die Ergebnisse unserer Feldstudien haben gezeigt, dass es kaum eine Rolle spielt, wie alt ein Gebäude ist“. Der Fall, dass ein Haus über 100 Jahre alt sei, und nicht zwischenzeitlich wenigstens teilweise saniert wurde, sei nämlich äußerst selten.

Experte: Wärmepumpe wird auch im Altbau zur Standardlösung

„Wärmepumpen werden darum auch im Altbau zum Standard werden“, erklärt der Wissenschaftler. Energetische Sanierungsmaßnahmen könnten auch nach dem Einbau einer Wärmepumpe nach und nach passieren.

„Und das Argument, dass Hausbesitzer mit kostenintensiven Sanierungsmaßnahmen belastet werden, ist eine Milchmädchenrechnung. Denn diese Maßnahmen sind sowieso notwendig, unabhängig vom Heizsystem“, so Miara.

Allein Vaillant plant Produktion von 300.000 Wärmepumpen jährlich

„Zwar mögen die Anschaffungskosten für die Wärmepumpen hoch erscheinen, aber die Preise werden sinken. Allein Vaillant hat angekündigt, an einem neuen Standort die Produktion von 300.000 Geräten pro Jahr zu sichern. Damit wird absehbar auch das Produkt günstiger“, prophezeit der Ingenieur.

Alternative zu Öl und Gas: Kosten für Wärmepumpe im Betrieb „unschlagbar“

„Was die Kosten für den Heizbetrieb angeht, ist die Wärmepumpe ohnehin unschlagbar. Selbst wenn die Gaspreise derzeit wieder sehr gesunken sind. Keiner kann ernsthaft glauben, dass das so bleibt. Allein schon durch die CO₂-Bepreisung werden Heizsysteme mit fossilen Energieträgern immer teurer.“   

Dass der Umstieg auf erneuerbare Energien am Ende viel Geld einspart, belegen auch neue Untersuchungen der Universität Oxford. Allerdings ist grüner Wasserstoff, den zuletzt Finanzminister Christian Lindner (FDP) ins Spiel brachte, für die Erwärmung von Wohnhäusern keine effiziente und damit kostensparende Option, so der Energieexperte Miara. Zu diesem Ergebnis kamen auch Studien der HAW Hamburg, die das Heizen mit Wärmepumpe und Wasserstoff verglichen.

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