„Lage ist dramatisch“: Apotheker warnen vor Antibiotika-Mangel in Deutschland
In Deutschland herrscht ein Notstand an Medikamenten. Bundesweit fehlen 1000 Arzneimittel. Was das für Verbraucher bedeutet.
München – Der Antibiotika-Mangel betrifft ganz Deutschland. Aktuell fehlen an allen Ecken und Enden Medikamente, um Patienten zu versorgen. Kliniken wappnen sich gegen die Knappheit. Schon seit letztem Herbst, als vor allem Kinder stark von Erkältungen und grippalen Infekten betroffen waren, fehlte die Medizin. Die Lage hat sich nicht gebessert. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) sieht den Grund auch in der Globalisierung und in der Nachlässigkeit der Regierung.
Situation | Antibiotika-Knappheit in Deutschland |
Zahlen | 1000 Arzneimittel fehlen bundsweit |
Folge | nicht genügend Medikamente für Patient:innen |
Reaktion | Ärzteinitiativen zum Einsparen, politische Lockerung der Preisregeln |
Warum gibt es den Antibiotika-Mangel: ABDA nennt globale Wirkstoffherstellung als Grund
Arzneimittel werden heutzutage globalisiert hergestellt und immer stärker spezialisiert. Das hat laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) zur Folge, dass es für manche Wirkstoffe weltweit nur noch wenige Hersteller gibt. Wenn dann noch Produktionsausfälle oder Lieferengpässe hinzukommen – etwa wie in Zeiten von Corona oder wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine –, kommt es zum Medikamenten-Mangel.

Laut watson.de erklärt die ABDA auch, dass sich die Produktion von patenfreien Medikamenten in Deutschland für viele Hersteller finanziell nicht mehr lohne. Deshalb werde die Produktion ins Ausland verlegt oder sogar ganz eingestellt.
Die Folge des Antibiotika-Mangels: Was bedeutet der Medikamenten-Notstand für Patient:innen
Lieferengpässe und Produktionsschwierigkeiten haben wiederum zur Folge, dass schlichtweg nicht genug Medikamente für alle Verbraucher und Verbraucherinnen zur Verfügung stehen. Die Aussage von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die Lage würde sich entspannen, bezeichnete ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im März 2023 bei einer Pressekonferenz als falsch und „Fake News“.
Apotheker:innen und Ärzt:innen geben ihr Recht und warnen vor Halbwissen. Laut einer Umfrage von bild.de bei diesen Einrichtungen erstreckt sich der Mangel von Antibiotika gegen Grippe und ähnliches über ganz Deutschland, jedes Bundesland ist demnach vom Medikamenten-Notstand betroffen. Kai-Peter Siemsen, Chef der Hamburger Apothekenkammer, warnt vor den Folgen des Mangels. Zwar habe sich die Lage in Sachen Kinderarzneimittel tatsächlich entspannt, trotzdem fehle an vielen Stellen Medizin.
„Wir haben aus dem System zu viel Geld gespart. Immer weniger Hersteller stellen in Deutschland Arzneimittel her. Die Bezahlung hierzulande ist einfach zu schlecht. Das ist kein neues Phänomen. Wir warnen davor seit fast zwei Jahrzehnten. Doch nun ist die Lage wirklich dramatisch“, erklärte Siemens gegenüber dem Hamburger Abendblatt. In Hamburg sei jede zweite ärztliche Versorgung ein Problem und in ganz Deutschland würden bis zu 1000 Arzneimittel fehlen.
Die Reaktionen von Politik und Medizin: So will man dem Antibiotika-Mangel entgegenwirken
Im bayrischen Fürstenfeldbrucker gibt es genau aus diesem Grund bereits seit vier Jahren die Brucker Antibiotika-Resistenz-Initiative (Bari). Diese setzt sich aus Ärzt:innen und Mediziner:innen zusammen, die sich für eine gezieltere Verwendung und gegen unnötige Verschreibungen von Antibiotika einsetzen. Allein können diese und ähnliche Ärzte-Initiativen das Problem aber nicht lösen.
Deshalb will Lauterbach, der auch Antibiotika-Resistenzen stärker bekämpfen will, vor denen die WHO warnt, nun unter anderem Preisregeln lockern, um wieder schnellere und einfacherer Lieferungen von Medikamenten nach Deutschland oder die Herstellung in Deutschland zu ermöglichen. Hersteller sollen den Preis um bis zu 50 Prozent erhöhen dürfen. Außerdem arbeite die Regierung an einem neuen Gesetz, um solchen Engpässen in Zukunft vorzubeugen. FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus erklärt laut bild.de: „Arzneimittellieferengpässe wurden jahrzehntelang vernachlässigt.“