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Erbschaftssteuer-Regeln, die Sie kennen sollten – dieser Kontostand zählt

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Von: Nadja Austel

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Die Regelungen und Pflichten rund um Erbschaften in Deutschland sorgen immer wieder für Diskussionen, sowohl in der Politik als auch unter Erben.

Frankfurt – Nicht selten kommt es zwischen mehreren Erben zu Streitigkeiten, die durch die gesetzlichen Vorgaben beigelegt werden müssen. Dazu ranken sich um Erbschaften und Testamente noch immer einige Mythen – etwa, ob ein letzter Wille nur in handschriftlicher Form Gültigkeit besitzt.

Und damit nicht genug: Seit Januar 2023 gibt es umfassende Veränderungen im Erbrecht, durch die auf Erben deutlich höhere steuerliche Abgaben zukommen. Von einer großen Kostenwelle wird in der Politik gesprochen, und bereits Ende 2022 wird diskutiert, wie und ob sie abgewendet werden kann. Schuld trägt ein überarbeitetes Verfahren, das vererbte Immobilien ihrem realen Marktwert angleichen soll.

Erbschaftssteuer: Immobilien und Bankkonten zählen zum Erbe

In fast jedem Nachlass findet sich allerdings mindestens ein Konto bei einer Bank. Je nachdem, wie komplex der Erbfall ist, sei jedoch nicht immer sofort klar, wem das Guthaben zusteht, erklärt die Frankfurter Fachkanzlei für Erb- und Steuerrecht Rose & Partner. Wer rechtmäßiger Erbe oder Erbin ist, geht entweder aus der gesetzlichen Erbfolge hervor, oder richte sich nach dem Testament der verstorbenen Person, im juristischen Vokabular auch „Erblasser“ beziehungsweise „Erblasserin“ genannt.

Bei mehreren Erbenden spricht man von einer Erbengemeinschaft, die nur gemeinsam und einstimmig über die Konten der verstorbenen Person verfügen kann. Einzelne Erbende haben somit auch keinen Anspruch darauf, dass ihnen ihr Anteil des Bankguthabens ausgezahlt wird. Schon hier wird es also kompliziert.

Ein Formular des Finanzamts mit der Aufschrift „Erbschaftssteuer“, darum liegen Geldscheine und Münzen.
In fast jedem Erbe findet sich mindestens ein Konto bei einer Bank. Wem steht das Guthaben zu? (Symbolbild) © IMAGO/Zoonar

Erbschaft: Mit welchem Kontostand wird der Pflichtteil berechnet?

Noch komplexer wird die Sachlage, wenn eine weitere erbberechtigte Person hinzukommt, der testamentarisch kein Erbe zugesprochen wurde. Fordert diese ihren gesetzlich verankerten Pflichtteil an der Erbschaft ein, sind die Erbenden dazu verpflichtet, ein Nachlassverzeichnis über alle Vermögenswerte des oder der Verstorbenen anzulegen.

Spätestens hier stellt sich oftmals die Frage: Welcher Kontostand zählt zur Erbschaft? Denn bis der Pflichtteil aus der Erbschaft eingefordert wird, kann einige Zeit vergehen. Eine Verjährung tritt laut der Erbrechtskanzlei erst drei Jahre nach dem Zeitpunkt ein, zu dem der oder die Pflichtteilberechtigte Kenntnis vom Tod der verstorbenen Person und der vorliegenden Enterbung erlangt hat.

Erben: Welcher Kontostand auf der Bank zählt zur Erbschaft?

In den meisten Fällen lasse sich die Frage jedoch vergleichsweise leicht beantworten: Sowohl für die Berechnung eines Pflichtteils als auch für die Erbschaftsteuer ist der Kontostand zum Todestag des Erblassers oder der Erblasserin entscheidend, so die Anwaltskanzlei. Bei einer Erbengemeinschaft hingegen sieht es etwas anders aus: Im Falle einer Erbstreitigkeit gelte der Kontostand zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung als Berechnungsgrundlage.

Alle Formen von Bankguthaben unterliegen der Erbschaftssteuer – jedoch nur der Teil, der die persönlichen Freibeträge der Erben übersteige, erklärte die Kanzlei Rose & Partner weiter. Diese liegen aktuell für Eheleute bei 500.000 Euro, für Kinder der verstorbenen Person bei 400.000 Euro. Doch angesichts der drohenden Kostenexplosion für die Erbschaft von Immobilien fordert Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) deren Anhebung. „Ich finde, es ist an der Zeit, die Freigrenzen bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu erhöhen“, so Lindner gegenüber FR.de von IPPEN.MEDIA.

Erbschaft: Bankkonto zählt voll zum Erbe – doch die Vermögenssteuer ist niedrig

Doch nicht jeder vertritt diese Ansicht. Der durchschnittliche Steuersatz auf Erbschaften lag laut offizieller Statistik (OECD) in 2021 bei nur 9,4 Prozent – gegenüber 48,1 Prozent Steuern und Sozialbeiträgen eines Singlehaushalts. Deutschland habe im Vergleich eine so niedrige Vermögenssteuer „wie kaum ein anderes Industrieland“, sagte Julia Jirmann, Referentin für Steuerrecht und Steuerpolitik des Netzwerks Steuergerechtigkeit FR.de. Reiche und sehr wohlhabende Menschen könnten zudem eine Fülle von Schlupflöchern ausnutzen, um keine Steuern an den Staat zu zahlen.

Auch einige Wohlhabende sehen das als Problem: Millionenerbin Marlene Engelhorn will 90 Prozent ihres Erbes abgeben. Mit ihrer Initiative „taxmenow“ setzt sie sich für eine gerechte Besteuerung von reichen Menschen ein. (na)

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