Mehr Gewalt in Frankfurt

Vor allem Körperverletzungsdelikte haben deutlich zugenommen
Von Oliver Teutsch
Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller begann die Vorstellung der Kriminalstatistik mit einer aus seiner Sicht guten Nachricht. Zwei von drei Straftaten im vergangenen Jahr wurden aufgeklärt, ergo: „Frankfurt bleibt eine sichere Stadt.“ Allerdings musste Müller danach gleich einräumen, dass ihm eine Entwicklung Sorge bereite. „Die Zahl der Körperverletzungsdelikte kennt seit vielen Jahren nur einen Weg: nach oben.“ Allein gegenüber 2023 nahm die Zahl um 1005 Delikte auf 9418 zu. Ein Anstieg um 11,9 Prozent. 2015 hatte die Zahl der Körperverletzungsdelikte in der Stadt noch bei 6379 gelegen. Die Zahl der Bedrohungen stieg im vorigen Jahr gegenüber 2023 sogar um 28,9 Prozent auf 2551 Fälle. „Es geht robuster zu in der Stadt“, konstatierte Polizeipräsident Müller.
Viktor Lekic, der Leiter der Kriminaldirektion, wies darauf hin, dass die Zunahme von Gewalt auf den Straßen kein spezifisches Frankfurter Problem sei, sondern einem bundesweiten Trend folge. Immerhin ging die Zahl der Straßenraube um 12,1 Prozent auf 654 zurück. Dafür nahmen die Wohnungseinbrüche um satte 33 Prozent zu – von 261 auf 1053 – und liegt damit etwa wieder auf dem Niveau unmittelbar vor der Pandemie. Das Niveau von 2015, als mehr als 2000 Wohnungseinbrüche in Frankfurt registriert wurden, ist aber noch weit entfernt.
Neues Gesetz erschwert Arbeit der Polizei
Insgesamt wurden im vorigen Jahr 113 267 Straftaten registriert und damit etwas weniger als 2023 (114 969). Allerdings ist eine solche Zahl wenig aussagekräftig. Denn deutlich abgenommen haben nicht zuletzt sogenannte Kontrolldelikte wie Schwarzfahren, Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen und das Dealen mit Cannabis. Über die Entwicklung beim Dealen mit Cannabis ist die Polizei gar nicht so glücklich, denn die hat vor allem mit der Legalisierung des Konsums zu tun. Die Gesetzesänderung hat auch eine Reduzierung des Strafrahmens beim Handel mit dem Stoff gebracht. Damit gelinge es kaum noch, selbst Händler in Untersuchungshaft zu bekommen, die im Kilobereich dealen, monierte Lekic und ergänzte plakativ: „Wir sollen den Rauschgifthandel mit einem scharfen Schwert bekämpfen und bekommen einen abgebrochenen Zahnstocher.“
Der Cannabis-Handel habe mit der Legalisierung keineswegs aufgehört. „Die Nachfrage ist weiter deutlich höher als das Angebot“, sagte Lekic. Das Dealen mit dem legalen Rauschgift mache etwa die Hälfte des Handels aus. Beim Thema Rauschgift kam die Spache unweigerlich auf das Bahnhofsviertel. Dort sieht die Polizei dank der ausgeweiteten Videoüberwachung vor allem Fortschritte bei der Aufklärung von Straftaten. Den Rückgang beim Straßenraub etwa führt sie ebenfalls darauf zurück, dass neuralgische Punkte im Bahnhofsviertel nun mit Videokameras überwacht werden. Bei der Straßenkriminalität verzeichnet die Polizei vor allem wegen der Kameras die höchste Aufklärungsquote seit zehn Jahren.
Kameraüberwachung am Bahnhof soll ausgebaut werden
Polizeipräsident Müller will die Überwachung im Viertel daher weiter ausbauen. Im Kaisersack soll bald eine von der Polizei gestellte Kamera mit Blickachse Münchner Straße aufgestellt werden. Auf dem Bahnhofsvorplatz wünscht sich Müller Kameras in Richtung Kaisersack. Wegen der langfristig geplanten Modernisierung des Vorplatzes sollen die beiden Kameras provisorisch aufgestellt werden.
Als Erfolgsmodell sieht die Polizei auch die Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel. Von November 2023 bis Jahresende 2024 wurden 72 Messer, zwei Macheten, ein Fleischerbeil und acht Teleskopschlagstöcke eingezogen. Müller bezeichnet die Sicherstellung solcher Waffen als „aktiven Opferschutz“. Auch die Ausweitung der Verbotszone auf die Tagesstunden zeige Wirkung. Alleine am Mittwoch dieser Woche seien drei Messer sichergestellt worden. Die Zahl der Delikte mit Messern sei dadurch im vorigen Jahr immerhin nicht angestiegen. Die Polizei will ihre Bemühungen mit unveränderter Intensität fortsetzen, aber Lekic weiß: „Wir müssen einen langen Atem haben.“