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Komische Kopfverbrechen

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Leo Fischer, Titanic-Chef, empfindet die FR als „sympathischen Loser unter den Zeitungen“.
Leo Fischer, Titanic-Chef, empfindet die FR als „sympathischen Loser unter den Zeitungen“. © arnold

"Und auch das, Frankfurter Rundschau..." - so begann und beginnt mancher der berühmten Briefe an die Leser im Satiremagazin Titanic. Die Rundschau wurde zum Spott-Opfer, noch heute glaubt ihr Chefredakteur Leo Fischer, dem Blatt diktiere der Teufel persönlich.

Von Hans-Hermann Kotte

Leserbriefe haben alle – die Titanic hat die „Briefe an die Leser“. Das Satiremagazin, das ebenso wie die FR aus Frankfurt kommt, macht es andersherum: Die Titanic druckt nicht die Meinung der Leser ab, sondern wendet sich direkt an ihre Leser – mit einer Meinungsstärke, die ebenso kreuzböse wie brüllend komisch daherkommt. Wobei der Begriff Leser hier ein sehr umfassender ist. Es geht um alle, die sich – durch schlichte Äußerungen oder schiere Existenz – zur Verhöhnung und Verspottung anbieten. Im August-Heft von Titanic waren das rund zwei Dutzend Personen und Institutionen. Die Spannbreite reichte von Ole von Beust über Steffen Seibert bis hin zu Nicole Richie; angesprochen wurden auch die Bahn, die Stadt Nürnberg und die „lieben Homos“.

Die Rubrik „Briefe an die Leser“ ist ein Klassiker und bei der Titanic schon seit dem ersten Heft, also seit 1979, im Programm. Regelmäßig durch den Kakao gezogen wird darin auch die „begnadete“, „langweilige“ respektive „rätselhafte“ Frankfurter Rundschau. Wir haben jüngst die gesammelten 30 Titanic-Jahrgänge auf die von den Satirikern in den „Briefen an die Leser“ aufgespießten FR-Fehlleistungen durchgeschaut (einige davon sind auf der linken Seite abgebildet).

So macht sich die Titanic beispielsweise 1988 über eine gewisse Verschnarchtheit der Rundschau lustig; nämlich darüber, dass in der FR-Rubrik „Bücher, die FR-Leser interessieren könnten“ eine Neuerscheinung mit folgendem interessanten Titel auftaucht: „Die gegenwärtigen Produktionsbedingungen in der deutschen Nerz-, Iltis- und Fuchszucht unter besonderer Berücksichtigung der Tierschutzproblematik“. Da denken sich die findigen Titanic-Leute gleich einen noch absurderen Buchtitel aus: „Der gegenwärtige Strand des Deich-, Siel- und Strandburgenbaus an der deutschen Südküste unter besonderer Berücksichtigung der Meerenge bei Bayerisch Eisenstein“.

Ebenfalls 1988 macht sich die Titanic in den Briefen über den Buchstabensalat eines FR-Autors lustig, der vom Kopfverbrechen statt Kopfzerbrechen schreibt. Andere FR-Kollegen schaffen es in die Titanic, weil sie Eintracht Frankfurz statt Eintracht Frankfurt schreiben (1992), Subvention statt Subversion (1997), oder Rex Dildo statt Rex Gildo (1998). Manchmal steht da ganz einfach mal Kohl statt Schröder (2000). Schön auch die folgende Überschrift: „Auf hohes See herrscht Narrenfreiheit“ (2003). In der FR diktiere wohl „der Teufel persönlich“ die Druckfehler, vermutet die Titanic.

Auch notieren die Satiriker 2004, dass sich in einer Rundschau-TV-Kritik von gerade mal 90 Zeilen ganze sieben „schlichte Orthographie- und Grammatikfehler“ finden. Besonders beeindruckend ein FR-Feuilletonartikel aus dem Jahr 2005: „Komischer wie Max Goldt seziert niemand sprachliche Schlampereien“, heißt es da. Da kann die Titanic nur kurz und knapp hinzufügen, dass das „ganz, ganz großes Kino“ sei.

Kein Wunder also, dass Titanic-Chefredakteur Leo Fischer das Satirepotenzial der FR auf seine Weise lobt: „Guter Wille, gepaart mit technischem und menschlichem Unvermögen; edle Absichten, die an schierer Tollpatschigkeit scheitern – die Frankfurter Rundschau ist der sympathische Loser unter den deutschen Zeitungen.“ Überhaupt schätze man die FR in der Titanic-Redaktion, so Fischer: „Die Frankfurter Rundschau ist immer noch eine engagierte und meinungsstarke Lokalzeitung, die wir gerne lesen, um uns über Ereignisse in der Region Frankfurt zu informieren.“

Auch erinnert sich der Titanic-Chef gern an eine gemeinsame Initiative vom Herbst 2009: „Zuletzt verband uns eine Aktion zur Rettung der Frankfurter Gaststätte ,Hamburger am Turm‘ , der von uns hochgeschätzten sog. Brutzelbude.“ Durch den gemeinsamen publizistischen Druck von Titanic und FR habe der Abriss dieses „sagenhaften Lokals“ verhindert werden können. „Die FR ist also durchaus noch in der Lage, etwas in diesem Land zu bewegen – wenn sie starke Partner wie die Titanic und die Brutzelbude an ihrer Seite hat.“

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