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Im Setzkasten liegen die Gevierte, die die Würfel des Quadrätelns sind.
Im Setzkasten liegen die Gevierte, die die Würfel des Quadrätelns sind. © FR-Archiv

Das Druck- und Verlagshaus wird durchbuchstabiert. Es kommen vor: Chefredakteure, Eckfelder, Drucker, Gedichte, Suchmaschinen, Würfelspiele - und Kühe in Sibirien.

Auflage. Von der FR werden durchschnittlich 170 000 Exemplare pro Tag verkauft (2. Quartal 2005). In den ersten Wochen des Erscheinens im Nachkriegsdeutschland wurde eine halbe Million Exemplare abgesetzt. Die Zeitung kam zweimal wöchentlich heraus, und erst ab 1948 täglich. Den relativ größten Sprung nach vorn machte die FR in den Jahren der Studentenbewegung. Die Auflage stieg - auch dank äußerst billiger Abos für Studenten von zwischenzeitlich drei Mark pro Monat - von 1965 bis 1974 von 100 000 auf 168 000.

Bastian. Eigentlich war der Namensgeber der Lokal-Glosse ein Gärtner. FR-Redakteur Horst Hachmann hatte im Mai 1956 einen Leser-Wettbewerb "Wer zieht die höchste Pflanze?" ausgerufen und zu diesem Zwecke Samen der "Ricinus communis" verteilt. Da Hachmann seine wöchentliche Kolumne über den Wettbewerb nicht mehr unter seinem Namen veröffentlichen wollte, erfand er den "Gärtner Bastian", gezeichnet von Felix Mussil. Nach Ende der Pflanzenserie fiel der Gärtner samt Harke weg, der "Bastian" blieb. 1989 setzten Lokalredakteurinnen den Namen "Bastienne" für Glossen-Autorinnen durch.

Chefredakteur. In ihrer 60-jährigen Geschichte ist die FR mit sieben Chefredakteuren ausgekommen. So viele Leiter verbraucht ein Fußball-Bundesligist in zehn Jahren. Erster, im Impressum als solcher auch ausgewiesener, Chefredakteur war Karl Gerold (1948-1973). Ihm folgte Werner Holzer (1973-1992). Roderich Reifenrath amtierte von 1992 bis 2000. Die Doppelspitze Jochen Siemens/Hans-Helmut Kohl stand von 2000 bis 2002 der Redaktion vor, von 2002 bis 2006 Wolfgang Storz. Seit Juni 2006 ist Uwe Vorkötter Chefredakteur.

Druck. 1963 zog ein Teil des Druck- und Verlagshauses aus der Frankfurter Innenstadt an die Peripherie in den Kreis Offenbach. An der Rathenaustraße im Neu-Isenburger Industriegebiet entstand eine neue Druckerei. Zunächst arbeiteten dort 150 Kollegen im Tiefdruck. 1973 zogen die letzen Drucker aus dem FR-Stammhaus in der Großen Eschenheimer Straße nach Neu-Isenburg. Zeitweise produzierte die Druckerei Zeitungen und Zeitschriften parallel im Hochdruck, Tiefdruck und Offsetdruck. Man hat sich später auf den Offsetdruck konzentriert. Heute werden in Neu-Isenburg neben der FR unter anderem Teilauflagen des Handelsblatts, der Bild, der Welt am Sonntag und der Bild am Sonntag gedruckt.

Eckfeldanzeige. Sie steht immer rechts oder links unten, jedenfalls außen - und immer im Weg? Nein, nein, dass Anzeigen eine Einnahmequelle sind, hat sich auch in der Redaktion rumgesprochen. Neben der Eckfeldanzeige kommt der Seitengestalter auch mit dem Streifen klar, der, breit wie die Seite, am Fuß derselben platziert wird. Es gibt noch sehr viele andere Anzeigenformate. Je schwieriger es ist, Texte um sie herum zu gruppieren, desto mehr Geld bringen sie ein.

Farbe. Wer Farben nicht mag, spricht gern von bunt. Bunt ist die Illustrierte. Die FR druckt seit vielen Jahren durchgehend vierfarbig. Angefangen hat alles im Reiseteil und im Sport (und schon in den 50er Jahren im Tiefdruck-Teil "Zeit und Bild", der denn auch "Die Illustrierte der Familie" hieß). In der Politik und im Feuilleton war "4-c" lange Jahre ein Reizwort, vorsichtig formuliert. Manchmal ist es gut, dass Leser nicht erfahren, über was in Redaktionen gestritten wird. Oder wie lange. Wenn Sie wüssten, welche Dramen sich rund um den Wegfall der Spaltenlinien abspielten …

Googlen. Als schnelle Rechercheunterstützung ist das Googlen unersetzlich geworden. Man googelt, auch wenn man nicht mit Google sucht. Die US-Suchmaschine hat binnen weniger Jahre geschafft, wozu Uhu oder Tempo Jahrzehnte brauchten: Der Produktname wird als Synonym für die Gattung benutzt. Googlen spricht sich aber auch leichter aus als Yahooen oder Firefoxen oder MetaGeren.

Hotline. Im internen Telefonbuch findet sich eine vierstellige Notrufnummer. Wer sie anwählt, landet bei der EDV und hat ein Problem. Dieses Problem muss umgehend gelöst werden. Die EDV hat es eigentlich rund um die Uhr nur mit Problemen zu tun. Jeder im Haus kennt den Notruf, denn jeder im Haus sitzt, aus unterschiedlichen Gründen, neben einem Rechner und vor einem Flachbildschirm. Der Server antwortet nicht, die Maus steht, das Bild ruckelt, der E-Mail-Speicher ist voll. Was auch immer. Viele im Haus wissen sich nicht zu helfen in Computerdingen. Manchmal, denken vielleicht die Kollegen von der EDV für sich, ist es so, als würde man den Notarzt rufen, wenn man sich in der Küche in den Finger geschnitten hat.

Impressum. Der einzige Teil der Zeitung, der nur von Journalisten gelesen wird. Wer steht drin und warum und wer nicht und wer steht vor wem und wie groß steht er drin und was sagt uns das alles.

Johannesburg. In der größten Stadt Südafrikas arbeitet ebenso ein Korrespondent der FR wie in Kairo, Rio de Janeiro, Mexiko-Stadt, Washington, Ottawa, Jerusalem, Peking, Neu-Delhi, Jakarta, Canberra, Madrid, Paris, Brüssel, Rom, Athen, Zürich, Wien, Warschau, Kopenhagen, Moskau, London, Hamburg, Berlin, Hannover, Düsseldorf, Wiesbaden, Stuttgart, München, Bremen und Dresden.

Kopf. Die F r a n k f u r t e r R u n d s c h a u auf der ersten Seite ist ein Unikat. Die Buchstaben des Titels sind nicht einer vorhandenen Schrift entnommen, sondern zu Gründungszeiten mit der Hand geschnitten und in all den Jahren nur unwesentlich am PC in ihren Dimensionen verändert worden. Es gibt nur diese 15 verschiedenen Buchstaben, das heißt, es ließe sich mit dieser Schrift, die man der Egyptienne aus der Familie der Antiqua-Schriften zuordnen könnte, kein Text schreiben.

Lyrik. In den ersten Jahren fanden sich trotz Platzknappheit regelmäßig Gedichte im Blatt. Stephan Hermlin, der nach Kriegsende kurzzeitig Redakteur im FR-Feuilleton war, veröffentlichte ebenso wie beispielsweise Johannes R. Becher Lyrik in der FR. Karl Gerold, im Schweizer Exil vom Literaturwissenschaftler Hans Mayer als Lyriker belobigt, ließ - zum Entsetzen der Politik-Redaktion - regelmäßig eigene Verse auf die Seite 3 rücken. Drei seiner Gedichte hat Robert Gernhardt in seine Anthologie komischer Gedichte "Hell und schnell" aufgenommen.

Makulatur. Entstand früher an vielen Stellen des Produktionsprozesses. Heute nur noch, wie immer schon, am Ende, beim Druck. Makulatur ist beflecktes, schadhaftes Papier - oder eben im übertragenen Sinne etwas Missratenes. Untaugliche Manuskripte wurden zerknüllt und taugten, mit Tesafilm stabilisiert, als Fußball-Ersatz auf Redaktionsfluren. Makulatur wird gern bei Straßenfesten ausgerollt als Maluntergrund für Kinder oder auf raue Wände geklebt, um deren Unebenheiten vorm Tapezieren auszugleichen.

Not gemeinsam lindern. Die Altenhilfe-Aktion wurde Weihnachten 1949 von Karl Gerold gegründet. Sie wurde ergänzt durch die Schlappekicker-Aktion der Sportredaktion für einsame, alte Sportler. Die Altenhilfe der Frankfurter Rundschau gehört zu den größten karitativen Aktionen von Zeitungen in Deutschland. Seit 1949 haben FR-Leser, Firmen und Organisationen mehr als 23 Millionen Euro für bedürftige Menschen gespendet.

Online. Seit 1996 gibt es die Frankfurter Rundschau auch in einer ungedruckten Ausgabe. Bisher ist alles umsonst (für Sie, nicht für uns), außer das E-Paper. Dieses ist nur für Abonnenten der Zeitung kostenlos. E-Paper heißt soviel wie elektronisches Papier. Mit Hilfe der Online-Ausgabe erfährt man auch etwas über Leseverhalten, denn wenn sich jemand in was reinklickt, wird das gezählt. Das sind dann Hits oder aber auch Page Impressions. Im Internet wird nicht denglisch gesprochen, sondern englisch.

Preis. Für 1,40 Euro bekommt man keine Bratwurst, kein Stück Torte und kein Magnum. Man kann dafür drei Postkarten wegschicken, zweimal auf einer Autobahnraststätte aufs Klo gehen, einen Liter Super tanken oder 40 Minuten am Frankfurter Hauptbahnhof parken. Eine Frankfurter Rundschau kostet 1,40 Euro.

Quadräteln. Ein nach dem Ende der Bleizeit ausgestorbenes Spiel. Wenn die Arbeit zu trocken wurde, würfelten Metteure - und auch Spätdienstredakteure - mit sogenannten Gevierten, den Leerzeichen des Bleisatzes, die an einer Seite eine Kerbe hatten. Lag die Kerbe nach dem Wurf oben, gab’s dafür entsprechende Punkte. Der mit den wenigsten Punkten hatte die Runde verloren und musste eine ausgeben. Die Arbeit war dann nicht mehr so trocken.

Redaktionsschluss. Eine höchst unerfreuliche Einrichtung ist der täglich aufs Neue zu beachtende Redaktionsschluss. Der schreibende Redakteur hält ihn für eine willkürlich gesetzte Schikane, der bearbeitende Redakteur für einen Gummiparagraphen. Die PSG (Produktions- und Steuerungsgruppe) würde ihn am liebsten ein bisschen vorverlegen. Eigentlich gibt es fünf Redaktionsschlüsse für fünf FR-Ausgaben. Die D-Ausgabe (Redaktionsschluss: 17.45 Uhr) bekommen alle Leser außerhalb Hessens im Süden, Osten und Westen der Republik. Eine aktualisierte D (Redaktionsschluss: 18.25 Uhr) wird in Hannover für den Norden gedruckt, inklusive Berlin. Die H-Ausgabe (Redaktionsschluss: 18.45 Uhr) erscheint in Mittel- und Nordhessen. Die R-Ausgabe(Redaktionsschluss: 22 Uhr) bekommen die Leser im Gürtel um Frankfurt herum und die S-Ausgabe (Redaktionsschluss: 23.45 Uhr) die Menschen in der Stadt.

Sonntagsdienst. Unbeliebt, aber auch Zusatzverdienst. Fällt regelmäßig an, weil montags eine Zeitung erscheint. Noch ist das Antrittsgeld am Sonntag steuerfrei. Vielleicht ändert sich das aber nach dem 18. September. Das wäre steuersystematisch in Ordnung. Wieso sollen Leser zum Beispiel Sonntagsarbeit subventionieren? Aber zahlt andernfalls der Arbeitgeber brutto so viel mehr, dass netto das Gleiche bleibt? Und wenn ja, zahlen dann Leser einen höheren Preis für die Zeitung?

Ticker. Er heißt immer noch so, obwohl er schon lange nicht mehr tickt. Die Nachrichten der Agenturen erscheinen lautlos auf dem Schirm. Die FR bezieht Informationen im Abonnement von: Deutsche Presse-Agentur (dpa), Reuters (rtr), Associated Press (ap), Sport-Informationsdienst (sid), Katholische Nachrichten-Agentur (kna), Evangelischer Pressedienst (epd) sowie einigen kleineren Diensten.

Unterhaltung. Wer einen Redakteursvertrag bei der FR bekommt, unterschreibt auch einen Anhang über "Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung". Sie umfassen eineinhalb DIN-A4-Seiten und beschreiben die politischen Prinzipien unseres Blattes. Der allerletzte Haltungs-Satz aber lautet: "Daneben dient die Frankfurter Rundschau auch der Unterhaltung ihrer Leserschaft."

Verkauf. "Der Verkauf des Hauses steht unmittelbar bevor." Tatsächlich vergingen zwischen dem Tag, an dem die Geschäftsleitung diesen Satz erstmals aussprach, und der Veräußerung des FR-Stammhauses Jahre.

Werbung. Seit Februar 2006 verantwortet die Hamburger Werbeagentur Philipp & Keuntje die Kampagnen der Frankfurter Rundschau.

x-beliebig. Man könnte hier ein x-beliebiges Wort einsetzen. Das würde es nicht besser machen. Man hätte bei der Rechtschreibreform das X streichen sollen. Wilhelm Busch hat seinem Naturgeschichtlichen Alphabet, dem wir den schönen Zweizeiler "die Lerche in die Lüfte steigt, der Löwe brüllt, wenn er nicht schweigt" verdanken, den Buchstaben x schlicht unterschlagen. Und das y auch. So weit gehen wir nicht.

Yucca-Palme. Die - todgefährliche - Spinne in der Yucca-Palme im Wohnzimmer taucht wie das Ungeheuer von Loch Ness vorzugsweise im europäischen Sommer(loch) auf und ist eine äußerst resistente Spezies aus der Gattung der Zeitungs-Enten. Immer wieder gern gelesen wird auch die Geschichte von der Kuh, die in Sibirien aus einem russischen Hubschrauber und genau auf ein Fischerboot auf einem See gefallen ist. Hat in der Zeitung gestanden. Dann muss es stimmen.

Zusteller. Er arbeitet meist im Dunkeln und bei jedem Wetter, wirklich bei jedem Wetter. Er steht auf, wenn andere ihre Tiefschlafphase genießen. Eigentlich ist er ein Anachronismus in der Dienstleistungswüste. Früher bekam man seine Brötchen gebracht und seine Milch. Heute holt man sich das meiste selber. Früher kam die Post auch noch vor dem Mittagessen, aber früher aß man mittags auch noch zu Hause. Am Träger sind alle diese Veränderungen des Arbeitslebens und der Gewohnheiten vorbei gegangen.

Buchstabiert von Christoph Albrecht-Heider

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