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Frankfurt: Ein Requiem für die Toten der Pandemie

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Von: Claus-Jürgen Göpfert

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Rainer Pudenz plant neun Abende im Palmengarten.
Rainer Pudenz plant neun Abende im Palmengarten. © Oeser

Rainer Pudenz, der Intendant der Frankfurter Kammeroper, plant auf dem Hauptfriedhof ein Requiem für die 70 Menschen, die in der Stadt bisher an Covid-19 gestorben sind.

Er lebt und fiebert für die Opernmusik. Seit bald 40 Jahren ist Rainer Pudenz, der Intendant der Kammeroper Frankfurt, das Vagabundieren gewöhnt, spielt er an immer neuen Orten, in permanenter Selbstausbeutung. Ein so leidenschaftlicher Mensch wie er lässt sich von einer Corona-Pandemie kaum ausbremsen. Schon im Juni begann er mit einer Reihe kleiner Konzerte vor Altenheimen in Stadt und Region. „Ich habe die Freude und die leuchtenden Augen der Menschen gesehen, die gar nicht besucht werden durften“, erinnert er sich. Damals entwickelte der 63-jährige die Idee für ein ganz besonderes musikalisches Programm, das er nun umsetzt.

Neun Abende in der Orchestermuschel im Frankfurter Palmengarten, dazu ein musikalischer Spaziergang durch die Bockenheimer Landstraße. Der Höhepunkt aber dieses ganz besonderen Opernsommers verspricht am Sonntag, 16. August, ein Requiem für die Menschen zu werden, die in Frankfurt an Corona starben. 70 sind es bisher an der Zahl. An sie möchte Pudenz mit einem feierlichen Konzert auf dem Frankfurter Hauptfriedhof erinnern, unter freiem Himmel, auf der Rückseite der alten Trauerhalle.

„Viele dieser Menschen sind einen einsamen Tod gestorben, ohne Angehörige“: Das hat Pudenz gerade in den Altenheimen immer wieder erfahren. Das Requiem sieht er als „respektvolle Würdigung“ der Betroffenen. Natürlich muss sich auch dieses Konzert mit freiem Eintritt den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie beugen. Nur etwa 150 Menschen dürfen sich mit Abstand auf dem Platz hinter der Trauerhalle versammeln, natürlich darf auch kein großes Orchester aufspielen. So wird nur ein Pianist die Sängerinnen und Sänger begleiten, unter ihnen Thomas Peter und Ralf Simon.

Improvisiertes Programm startet

Aber schon am Samstag, 1. August, beginnt Pudenz mit einem improvisierten Programm, das er unter das ironische Motto „Der glückliche Betrug einer Opernproduktion“ gestellt hat. Die Idee des Intendanten ist es, den Opernplatz im Zentrum der Stadt „einmal ganz anders herauszustellen als nur als Party-Location“. Also beginnt dort um 18 Uhr ein „musikalischer Spaziergang“, der mit fünf Stationen entlang der Bockenheimer Landstraße bis zum Palmengarten führt. Auch hier dürfen wieder nur Duette bis Terzette geboten werden, also etwa eine Sängerin begleitet von einem Blasinstrument und einer Violine. Der Intendant will die Menschen langsam in den Palmengarten locken, das „schönste Opernhaus Frankfurts“, wo dann vor der Orchestermuschel um 20 Uhr der erste von neun musikalischen Abenden beginnt.

Fünf Mal führt der junge russisch-israelische Dirigent Daniel Stratievski das Orchester der Kammeroper durch interaktive Konzerte, bei denen die Frage aufgeworfen wird: „Wie schmeckt eine Oper?“ Wegen Corona ist die Besetzung deutlich kleiner als sonst, und auch das Publikum darf nur mit Abstand sitzen. Es soll aber ausdrücklich ins Konzert einbezogen werden. Dem ersten Teil folgt jeweils ein zweiter, der unter einem besonderen Motto steht, etwa „Liebeslieder“ oder „Operndämmerung“, bei der es selbstverständlich um Richard Wagner geht.

Ein Abend am 14. August ist ausdrücklich den Texten von Bertolt Brecht und der Musik von Kurt Weill gewidmet, zwei weitere am 15. und 19. August gelten der Musik und den Texten von Georg Kreisler: „Heute Abend, Lola Blau“.

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