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Zu gut zum Aufhören

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Von: Hanna Raif

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Golfspielen muss noch warten: Johannes Lochner fährt noch weiter im Bob.
Golfspielen muss noch warten: Johannes Lochner fährt noch weiter im Bob. © Imago

Weltmeister Johannes Lochner hängt noch mindestens eine Bob-Saison dran.

Die Kunde oblag der Ehefrau, und ob sie froh ist oder nicht, entscheidet die Perspektive. Auch Hannah Lochner ist sich da nicht ganz sicher, daher hat sie das Bild, das sie am Montag auf Instagram postete, mit folgenden Worten unterschrieben: „Immer wieder ein lachendes und ein weinendes Auge, wenn es noch eine weitere Saison Bobfahren geben wird.“ Die Nachricht, auf die im Umfeld der Lochners alle gewartet haben, war damit in der Welt: Nach reiflicher Überlegung, unzähligen Gesprächen und viel Überzeugungsarbeit hängt Weltmeister Johannes Lochner noch eine Saison dran. Mindestens.

Ein Hauch Thomas Müller

„Die lassen mich einfach nicht aufhören“, sagt der 32-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung. Er lacht dabei, logisch, weil er sich seinem Schicksal ergeben hat. Relativ schnell nach dem Ende der Saison, in der er endlich den WM-Titel im Zweierbob gewonnen hat, ist ihm klar geworden, dass weder seine Familie noch Trainer, Anschieber oder Sponsoren ein Karriereende abnicken würden. „Unterm Strich“, sagt Lochner, „bin ich zu gut zum Aufhören. Also werde ich es halt noch mal probieren.“

Man muss Johannes Lochner ein wenig kennen, um seine Worte deuten zu können. Da ist diese Mischung aus urigem Oberbayern und Vollblut-Sportler, dieser Hauch von Thomas Müller, der ihn umgibt. Wenn Lochner sagt, dass er nach dem grandiosen zurückliegenden Winter, in dem er Dauer-Dominator Francesco Friedrich nicht nur einmal hat ärgern können, am liebsten nicht mehr zurückkehren würde in den Eiskanal, heißt das nicht, dass er seinen Sport nicht mehr liebt. Vielmehr merkt man ihm an, dass sich sein Horizont nach Hochzeit, Jobwechsel und Hausbezug erweitert hat. Lochner denkt an Familie, an die Zukunft nach dem Sport. Weil alle anderen aber an ihn denken, wird er sich ab Juni wieder schinden. Dabei hat er einen Plan, der kurios klingt, aber im vergangenen Jahr aufgegangen ist: „Ich trainiere so wenig wie möglich. Denn ich brauche es nicht mehr.“

Ab in den Irish Pub

Seit 13 Jahren sitzt Lochner inzwischen an den Lenkseilen, sein Debüt im Weltcup liegt mehr als acht Jahre zurück. Fünf WM-Titel später weiß er genau, wie er mit wenig Aufwand viel Ertrag erzielen kann. In den meisten Eiskanälen der Welt sei er inzwischen „an einem Punkt, an dem ich nicht mehr denken muss“. Ein, zwei Fahrten vor dem Wettkampf reichen aus, um die Ideallinie zu finden. Dass die Heimbahn am Königssee nach der Flutkatastrophe auch in der kommenden Saison noch nicht zur Verfügung steht, ist für ihn kein großes Problem. Auf Eis geht es halt erst kurz vor dem Weltcup-Auftakt, der Mitte November in China steigt.

„Höhepunkt“ ist die WM in Winterberg. Auch da muss Lochner lachen. Klar, ein Großereignis im eigenen Land ist „immer schön“, aber Winterberg und er sind nicht gerade Freunde. „Immerhin ein gutes Irish Pub gibt es da“, sagt Lochner, das trifft sich gut für die Party nach einer möglichen Titelverteidigung. Ob Widersacher Friedrich das gerne hört? Lochner: „Dem wird doch langweilig ohne mich.“ Da wären wir wieder beim lachenden und weinenden Auge.

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