1. Startseite
  2. Sport

„Wir sind heiß auf Europa“

Erstellt:

Von: Jörg Hanau

Kommentare

Strahlemann: Radprofi Nils Politt.
Strahlemann: Radprofi Nils Politt. © AFP

Radprofi Nils Politt über sein verkorkstes Frühjahr, die Tour de France und seinen Lieblingsklub 1. FC Köln.

Herr Politt, Sie blicken auf ein sehr durchwachsenes Frühjahr zurück. Was ist schiefgelaufen?

Ich bin relativ gut durch den Winter gekommen, dann hat mich eine hartnäckige Bronchitis zurückgeworfen. Mir fehlte dann die Geduld, habe zu früh wieder angefangen und die Krankheit verschleppt. Das hat mich zurückgeworfen in meiner Vorbereitung auf die Klassiker.

Zuletzt lief es aber besser…

…ich bin in Waregem Fünfter geworden. Das fühlte sich an wie ein Sieg. Seither geht es bei mir bergauf. Bei Paris – Roubaix waren die Beine eigentlich gut, im entscheidenden Moment war ich auf den Pflasterstück aber zu weit hinten, als die Lücke aufging. Sonst wäre mehr dringewesen.

Auch für Ihr Team Bora-hansgrohe war es bis zu diesem Wochenende kein gutes Frühjahr.

Auch als Team haben wir viele krankheitsbedingte Ausfälle zu beklagen, 19 von 30 Profis waren betroffen. Wir kämpfen uns aber gerade wieder nach oben. Das zeigt der Etappensieg von Sergio Higuita am Samstag und der Gesamtsieg von Aleks Vlasov am Sonntag bei der Tour de Romandie sowie der Erfolg von Sam Bennett am Sonntag in Frankfurt. Davor haben wir haben bereits zwei Rundfahrten gewonnen (Katalonien und Valencia; Anmerk d. Red.). Wir sind also nicht im Minus. Wir fahren bislang eine solide Saison.

Für Sie gab es am 1. Mai als 61. diesmal nichts zu gewinnen.

Mir waren ein bisschen die Hände gebunden. Wir hatten mit Sam Bennett und Danny van Poppel zwei superstarke Sprinter dabei. In die Offensive zu gehen, sie im Taunus selbst zu eliminieren, wäre kein guter Schachzug von mir gewesen.

Das Frühjahr ist abgehakt, jetzt geht es erst richtig los für Sie…

Zur Person

Nils Politt , 28, fährt für das deutsche WorldTour-Team Bora-hansgrohe. Der Kölner gewann 2021 die 12. Etappe der Tour de France und die Deutschland-Tour. hu

Das war wirklich ein schweres Frühjahr für mich. Aber das macht jeder mal durch. Ich habe eine Woche Pause gemacht, einfach das Rad in die Ecke gestellt. Das war wichtig – für Körper und Kopf. Jetzt freue ich mich auf den Sommer. Ich muss noch einiges aufholen, um dann ein paar gute Ergebnisse und den einen oder anderen Sieg einzufahren.

Das große Ziel ist natürlich die Tour de France, haben Sie schon eine Startgarantie?

Das wird immer erst kurz vor der Tour entschieden. Es sieht aber ganz gut für mich aus. Wir werden eine superstarke Mannschaft mit den beiden Leadern Sergio Higuita und Vlasov am Start haben, die wir bestmöglich unterstützen sollen. Aber ich möchte natürlich auch wieder um einen Etappensieg mitfahren.

Ihr Kollege Vlasov ist russischer Staatsbürger. Sprechen Sie mit ihm über den Krieg in der Ukraine?

Das ist nicht einfach für ihn. Er lebt in Monaco. Er zieht sich aus dieser Thematik komplett raus. Er sagt, er möchte damit nichts zu tun haben. Er ist ein super Junge – und er kann einfach nichts dafür, was da gerade in der Ukraine passiert. Ich würde mich genauso schlecht fühlen, würde Deutschland einen Krieg anzetteln.

Im vergangene Jahr haben Sie große Siege bei der Tour de France und der Deutschland-Tour eingefahren. Was hat sich geändert?

Allein schon, dass ich für Bora fahre. In einem deutschen Team als deutscher Fahrer eine Tour- Etappe zu gewinnen, ist was Besonderes. Ich habe ein tolles Jahr hingelegt. Daran möchte ich anknüpfen. Ich bin bereit.

Bereit scheint auch Ihr 1. FC Köln. Ihre Lieblingsmannschaft ist auf Europakurs in der Bundesliga.

Es gibt eine lustige Geschichte aus dem vergangenen Jahr während der Deutschland-Tour. Nach einem Etappensieg kam ich in den Bus und habe gerufen: „Etappensieg ist egal, wie hat Köln gespielt?“ Da war gerade die TV-Kamera drauf – das war eine witzige Story. Wir Kölner sind heiß auf Europa, in der vergangenen Woche war ich im Stadion. Im vorigen Jahr sind wir in der Relegation gerade so in der Bundesliga geblieben, dieses Jahr ist Europa ein Thema. Am Samstag nach dem Sieg in Augsburg sangen die Kölner Fans sogar von der Champions League (lacht).

Interview: Jörg Hanau

Auch interessant

Kommentare