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Wenn Jake Chelios zu Jieke Kailiaosi wird

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Von: Günter Klein

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Mehr agieren, statt reagieren: Tobias Rieder (rechts), einziger deutscher Torschütze eggen Kanada.
Mehr agieren, statt reagieren: Tobias Rieder (rechts), einziger deutscher Torschütze eggen Kanada. © imago images/Laci Perenyi

Gegen China wartetet eine exotische Aufgabe auf das deutsche Eishockeynationalteam - und eine, die es nicht zu unterschätzen gilt

Ivano Zanatta (61) trainiert bei den Olympischen Spielen in Peking die chinesische Nationalmannschaft. Dass er das auch noch 2026 tun wird und dass China, das diesmal als Gastgeber dabei ist, sich regulär qualifizieren wird – höchst unwahrscheinlich. Doch Ivano Zanatta – das steht fest – wird Olympia 2026 mittendrin erleben. Die Spiele kehren dann nach Europa zurück. Nach Mailand und nach Cortina d’Ampezzo. Und in Cortina betreibt Zanatta mit seiner Familie ein Drei-Sterne-Hotel.

Geboren wurde er in Kanada, das Eishockey brachte ihn 1984 nach Italien, als Trainer (Chef oder Assistent) hat er lange in der Schweiz und in den vergangenen Jahren überwiegend im Osten gearbeitet: St. Petersburg, Prag, Sotschi – und nun eben für Kunlun Red Star, den eigentlich in Peking ansässigen, wegen der Corona-Pandemie aber nach Moskau verlagerten Klub der Kontinental Hockey League (KHL). Und da Kunlun als chinesische Nationalmannschaft antritt, ist Zanatta auch deren Coach.

DEB ist gewarnt nach 1:5

Die Deutschen haben bei den Männern noch nie gegen China gespielt, dafür ist man in der Weltrangliste als 5. und 36. zu weit auseinander. Erst Olympia ermöglicht dieses Duell (Samstag, 9.40 Uhr). Für die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) ist es die exotischste Aufgabe seit dem B-WM-Spiel 2006 gegen Israel, als Mittelstürmer Stefan Ustorf, ehemaliger NHL-Crack, beim Auftaktbully von seinem Gegenspieler für ein Autogramm nach der Begegnung angefragt wurde.

Allerdings: China ist ein anderes Kaliber als damals Israel, da darf man sich von der Aufstellung nicht irritieren lassen. In der standen beim 0:8 gegen die USA lauter Spieler mit chinesischen Namen. Also hat es die angekündigte Einbürgerungswelle nicht gegeben? Doch, sehr wohl. Die 14 gebürtigen Nordamerikaner bekamen chinesische Namen verpasst. Paris O’Brien heißt nun Ouban Yongli, aus Jake Chelios, Sohn der US-Legende Chris Chelios, wurde Jieke Kailiaosi, die Brüder Parker und Spencer Foo sind nun Fu Jiang und Fu Shuai.

Die Deutlichkeit der chinesischen Niederlage gegen die USA verwunderte angesichts der personellen Möglichkeiten. Denn wer für Kunlun Red Star spielt, sollte eigentlich DEL-Niveau haben. Stars der deutschen Liga wie Brendan DeFazio (Ingolstadt) und Andreas Thuresson (Köln) spielten schon für das Team aus Peking. Auch der EHC München hat zweimal Spieler direkt von Kunlun geholt – 2018 Blake Parlett (jetzt Nürnberg) und 2021 Matt Maione (nun Bozen). Die Red Stars sind ein Durchlauferhitzer auf dem internationalen Transfermarkt: Parlett machten die weiten Reisen in der KHL zu schaffen, in der Peking eine Randlage hatte, Maione ist der Typ, der möglichst viel erleben will in seiner Karriere.

Ein bisschen gewarnt ist die deutsche Auswahl nach ihrem 1:5 gegen Kanada, das einige Profis aus der KHL aufbieten konnte. Bundestrainer Toni Söderholm wollte sich nicht auf Zeitungswissen über Chinas Mannschaft verlassen und ging in die Analyse des Matches gegen die USA, die am Sonntag (16.10 Uhr) letzter deutscher Vorrundengegner sein wird.

Dass die nächsten Aufgaben Schlag auf Schlag kommen, ist der DEB-Mannschaft ganz recht. Das 1:5 gegen Kanada hat das grundsätzliche Selbstvertrauen nicht erschüttert, aber die Defizite aufgezeigt. Als da gewesen wären: „Zu langsam in den Entscheidungen“ (Söderholm), „Mehr reagiert als agiert“ (Verteidiger Holzer), „Gegner frei stehen gelassen vor unserem Tor“ (Stürmer Rieder). Die Aufgabenstellung ist nun glasklar.

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