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Trauriger Maskenball

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Von: Günter Klein

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Die Erde ist aufgegangen: Ein Beobachter blickt auf den mit Drohnen erwirkten Effekt bei der olympischen Eröffnungsfeier.
Die Erde ist aufgegangen: Ein Beobachter blickt auf den mit Drohnen erwirkten Effekt bei der olympischen Eröffnungsfeier. © AFP

Tokio 2020, das werden reine Fernsehspiele sein. Das sah man schon auf der Eröffnungsfeier, ohne Fair, ohne Publikum. Aber mit begeisterten Sportler, die ihre Chance verdient haben. Ein Kommentar.

Von den meisten olympischen Eröffnungsfeiern bleibt etwas über den Abend hinaus hängen. Doch Tokios Grand Opening zog einfach an uns vorbei. Als routiniert abgespultes Programm: Landeskunde, Tanz, anschwellende Musik, Thomas Bachs protokollgemäßes Begrüßungswinken, Hereinspazieren der Nationen, von denen die kleinen mit bunten Kostümen oder eingeölten Fahnenträgern aufzufallen versuchten. Wonach man vergeblich Ausschau hielt: Bekannte Gesichter, markante Gesichter, die neugierig machen. Alle unter Masken. Verständlich, vernünftig. Doch das große Symbol dafür: Es sind andere Olympische Spiele, es ist eine Notausgabe. Um das Geschäft am Laufen zu halten.

Tokio 2020, das werden reine Fernsehspiele sein. Mit Kameras kann man tricksen, Illusionen schaffen, den Eindruck von belebten Sportstätten. Doch es wird schwer. Bei der Eröffnungsfeier ist es nicht gelungen, die Trostlosigkeit aus dem Bild zu bekommen. Gelegentlich musste die Regie auf die Tribüne schwenken, auf der wenige politische Ehrengäste saßen – weit auseinander sitzend, in schummriges Licht getaucht, nicht erkennbar. Ein trauriger Maskenball. Kaum vorstellbar, dass die skeptische japanische Bevölkerung sich von dieser Inszenierung, die nur freudlos sein konnte, hat einnehmen lassen. Es sind Spiele in Japan, aber nicht für Japan.

Das ist die eine Seite der Wahrnehmung. Doch der Grundgedanke Olympias ist es nicht, der Welt eine Show zu bieten, sondern den Beteiligten ein Fest. Und vielleicht bleibt dieser Part, der mit den Jahren hinter das mediale Business hat zurücktreten müssen, noch möglich – auch unter diesen desillusionierenden Umständen. Die Sportler, die an der Eröffnungsfeier teilnahmen, hielten ihre Smartphones hoch, sie wollten den Moment festhalten, der für sie ein großartiger war, auch wenn er die Welt kalt ließ. Einige winkten, hüpften, tanzten. Vielleicht kann sich in der Bubble der Athleten, an den Wettkampfstätten und im olympischen Dorf das Gefühl entwickeln, an einem Once-in-a-Lifetime-Erlebnis teilzuhaben. Und für einige ist es die wirtschaftliche Lebensgrundlage, in Tokio präsent zu sein und auch ihre Sportart am Leben zu erhalten. Diese Chancen sollte man den umstrittensten Spielen aller Zeiten lassen.

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