Topläuferin Gesa Kraus: „Ich bin schwanger, nicht krank“

Die deutsche Topläuferin Gesa Krause über Leistungssport mit Baby im Bauch, daran geäußerte Kritik und ihr Ziel Olympia 2024.
Frau Krause, in den sozialen Medien haben Sie jüngst geschrieben: „Das beste Gefühl ist abends von dir getreten zu werden.“ Ihre Schwangerschaft verläuft also gut?
Das ist ein schönes Zeichen, wenn man das abends spürt. Dann weiß man: Es ist alles in Ordnung! Auch die Routineuntersuchung bei meiner Gynäkologin verlief gut, das gibt einem Sicherheit. Ich bin ja noch sehr aktiv und viel unterwegs, da nimmt man die kleinen Tritte tagsüber vielleicht nicht immer so wahr. Umso schöner und intensiver sind dann die Ruhemomente.
Zu Beginn der Schwangerschaft haben Sie auch von einer Phase berichtet, in der es Ihnen nicht gut ging.
Ich war anfangs vielleicht auch ein bisschen naiv. Meine Vorstellung von Schwangerschaft war, dass ich in den ersten drei Monaten nicht zunehme und daher normal weiter trainieren kann. Da wurde ich relativ schnell eines Besseren belehrt (lacht). Mir ging es teilweise nicht gut. Man kennt zwar die Begriffe wie Schwangerschaftsübelkeit. Irgendwie hatte ich aber nie im Kopf, dass mich das groß tangiert. Das waren ein paar Wochen, in denen ich immer müde war, mich schlapp gefühlt habe und mir dauerhaft schlecht war. An den Tagen, an denen es mir gut ging, habe ich durchgepowert. Das hat sich dann kurze Zeit später doppelt gerächt.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Man musste erst mal eine Balance finden. Wie viel ist machbar und was kann ich überhaupt noch machen? Man muss seine eigenen Erwartungen runterschrauben. Das hat mir die Augen geöffnet und gezeigt, dass Schwangerschaft nicht immer ein Kinderspiel ist. Das hat mir ein besseres Körpergefühl gegeben. Früher war es wie ein Weltuntergang, wenn ich mal zwei Tage nicht trainiert habe. Jetzt weiß ich, wie gut die Regeneration dem Körper tut. Die Anfangszeit hat mich sehr geprägt.
Im Dezember haben Sie am Silvesterlauf in Trier teilgenommen. Haben Sie den vorerst letzten Wettkampf mit einem lachenden und einem weinenden Auge bestritten?
Es war mehr ein lachendes Auge. Ich habe mich darauf gefreut, noch mal einen Wettkampf zu genießen. Von Woche zwölf bis 22 habe ich mich sehr gut gefühlt und das Training lief super. Am letzten Tag des Jahres konnte ich noch mal das tun, wofür ich lebe und brenne. Die Resonanz war überwiegend positiv, ich wurde in Trier richtig gefeiert.
Es gab auch Kritik, dass Sie mitgelaufen sind. Sie haben anschließend klargestellt: Ich bin schwanger, und nicht krank.
Zur Person
Gesa Krause , 30 Jahre alt, wohnhaft im mittelhessischen Dillenburg, wo sie sich ein Haus hat bauen lassen, wird in diesem Jahr keinen Wettbewerb mehr bestreiten. Aus dem wohl schönsten Grund: Das deutsche Lauf-Ass, das 2019 unter anderem WM-Bronze über 3000 Meter Hindernis holte, erwartet Nachwuchs, sie ist im siebten Monat schwanger. (FR)
Im Vorfeld kamen viele Stimmen nach dem Motto „Warum läufst du noch so viel?“, oder: „Warum machst du noch einen Wettkampf?“ Man muss das aber richtig einordnen. 17:30 Minuten über fünf Kilometer sind für mich als Profisportlerin keine Höchstleistung. Ich bin schwanger, mir geht es gut, ich bin nicht krank. Von den Ärzten gibt es keine Einwände. Also kann ich auch aktiv sein und Sport treiben. Solange ich mich so fühle, möchte ich mich während der Schwangerschaft möglichst fit halten. Meine sportliche Karriere ist nicht vorbei. Die Leidenschaft und das Feuer für den Sport brennt weiter. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die Ärzte grünes Licht geben.
Möchten Sie auch die Botschaft senden, dass Nachwuchs und Leistungssport sich nicht ausschließen?
Ich hatte nie Angst oder Respekt davor, dass nicht beides möglich ist. Für mich war klar, dass eigener Nachwuchs nicht das Karriereende bedeuten muss. Mir hat es auch Mut gemacht, das bei anderen Sportlerinnen zu sehen.
Sie leben vom Sport. War sofort klar, dass Ihre Sponsoren bleiben?
Am Anfang weiß das natürlich niemand. Man macht sich Gedanken, wie es weitergeht. Natürlich gibt es den Druck, dass spätestens 2024 die Wettkampfleistung wieder kommen soll. Für das aktuelle Jahr haben mir meine Sponsoren den Rückhalt zugesichert. Die positive Resonanz hilft mir sehr. Ich werde meinen Weg auf jeden Fall gehen. Egal, was kommt. Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Im Laufe der Schwangerschaft habe ich noch mal mehr Vertrauen gewonnen, dass ich das alles schaffen werde.
Auch eine erneute Teilnahme an Olympischen Spielen?
Mein Ziel ist die Qualifikation für Olympia in Paris. Diesen Traum will ich mir nächstes Jahr im Frühjahr erfüllen. Und der Gedanke, dass meine Tochter in Paris mit im Stadion sein kann, ist verlockend.
Interview: Nico-Marius Schmitz