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Tag der Leiden: Kragh Andersen siegt bei Eschborn-Frankfurt

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Von: Jörg Hanau

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Ausreißer jubelt: Sören Kragh Andersen (links) gewinnt den Frankfurter Radklassiker.
Ausreißer jubelt: Sören Kragh Andersen (links) gewinnt den Frankfurter Radklassiker. © dpa

Die Sprinter zollen dem selektiven Kurs Tribut und müssen dem Dänen Sören Kragh Andersen den Sieg beim Radsportklassiker überlassen.

Das Rennen sollte selektiver werden, spannender obendrein - und vor allem nicht so leicht ausrechenbar wie in den Jahren zuvor, als sich die Sprinter in Serie in die Siegerlisten eintrugen. Deshalb haben es die Organisatoren des deutschen Radsportklassikers Eschborn-Frankfurt den Herren Profis diesmal besonders schwer gemacht: Zweimal schickte der Sportliche Leiter Fabian Wegmann das Peloton am Tag der Arbeit über den Feldberg, dreimal über den Mammolsheiner Stich - eine wahre Tortur für die Männer mit den kräftigen Oberschenkeln. „Ich war kurz davor in die Luft zu fliegen“, sagte Lokalmatador John Degenkolb aus Oberursel nach den 203 Kilometern durch den Taunus. Er habe richtig gelitten, „die Berge waren einfach zu lang, ich bin sehr lange im roten Bereich gefahren.“

Für den 32 Jahre alten Sieger von 2011 ging somit der Traum vom zweiten Erfolg in Frankfurt als 18. ebenso wenig in Erfüllung wie für alle die anderen ambitionierten Sprinter um den viermaligen Gewinner Alexander Kristoff (Norwegen) auf Platz zwölf. Titelverteidiger Sam Bennett (Irland) rollte mit mehr als sechs Minuten Rückstand abgeschlagen als 69. über den Zielstrich, Pascal Ackermann, der Sieger von 2019, kam als 96. mit fast 19 Minuten Verspätung an. Der Belgier Jesper Philipsen, 2001 noch jubelnder Triumphator an der Alten Oper, erreichte nicht mal mehr das Ziel.

Eine zehnköpfige Ausreißergruppe machte den Sieger diesmal unter sich aus: Mit 18 Sekunden Vorsprung auf das heranrauschende Verfolgerfelder sicherte sich Sören Kragh Andersen schließlich den Sieg bei der 62. Auflage des Radsportklassiker. Für den Dänen aus dem belgischen Team Alpecin-Deceuninck war es der erste Saisonsieg. Im Vorjahr fuhr er noch in Degenkolbs Team DSM. „Ich freue mich sehr für ihn, ich kenne ihn ziemlich gut“, sagte Degenkolb nach dem Tag der Leiden.

Zweimal Tour-Etappensieger

Für Radsportexperten ist der 28 Jahre alte Däne wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. Der zweimalige Tour-de-France-Etappensieger von 2020 blickt nach seinem Teamwechsel auf ein sehr erfolgreiches Frühjahr zurück und zählte zu den wichtigsten Helfern des diesjährigen Mailand-Sanremo- und Paris-Roubaix-Siegers Mathieu van der Poel.

„Ich war Teil einer starken Gruppe, die sich bei der letzten Überfahrt über den Mammolshainer gebildet hat“, erzählte Kragh Andersen. Er habe gespürt, dass die Gruppe stark genug sein würde, um sich auf den letzten 37 Kilometern ins Ziel zu retten. Mit dabei auch die beiden Deutschen Georg Steinhauser, der Neffe von Jan Ullrich, und Georg Zimmermann, der seine Chance auf der Schlussrunde vermeintlich im Alleingang suchte. „Als er attackierte bin ich ruhig geblieben und haben auf meine Chance gewartet“, so der späterer Triumphator. Sein einziger Plan sei es gewesen, den Sprint früh anzuziehen, so Kragh Andersen. Der Däne stand als erster im Wind, nur der Österreicher Patrick Konrad aus dem deutschen Team Bora-Hansgrohe konnte ihm noch folgen. „Ich dachte, es könnte sich ausgehen“, sagte Konrad, der in Kragh Andersens Windschatten nach vorne zu fahren schien. Der Däne hielt dagegen und gewann „völlig verdient“, wie Konrad zugestand. Alessandro Fedeli aus Italien fuhr für das Schweizer Pro Cycling Team als Dritter aufs Podium. Für die couragiert fahrenden Steinhauser und Zimmermann reichte es zu den Plätzen sechs und sieben.

Zu den Pechvögeln des Tages zählte Emanuel Buchmann. Der ambitionierte Bora-Profi war sehr früh gestürzt und musste nach einer gerade erst überwundenen Corona-Infektion 108 Kilometer vor dem Ziel entnervt aufgeben. „Es scheint aber keine ernsthaften Verletzungen zu geben“, schrieb sein Team bei Twitter.

Ein rundum positives Fazit zogen die Organisatoren um Wegmann. „Das Rennen war so schwer“, sagte der zweimalige Sieger von 2009 und 2010, „dass der Vorsprung am letzten Mammolshainer bis ins Ziel reichte“. Der betrug 37 Kilometer vor dem Ziel rund eine Minute. Die Sprinter-Teams versuchten zwar alles, um den Rückstand wettzumachen, „es war diesmal aber nicht mehr so ausrechenbar wie in den Jahren zuvor“, sagte Wegmann und versprach für 2024: „So ähnlich wollen wir das auch beibehalten.“

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