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Olympia 2022 in Peking: Propaganda-Kampagne für und mit Xi Jinping

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Von: Daniel Dillmann

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Die Volksrepublik China und ihr Staatspräsident Xi Jinping erhoffen sich viele gute Nachrichten von den Olympischen Winterspielen 2022. Dafür tut man einiges in Peking.

Peking - Noch knapp hundert Tage sind es, bis das olympische Feuer in Peking entzündet wird und dort die 24. Olympischen Winterspiele beginnen. Es sind die ersten Winterspiele, die in der Volksrepublik China ausgetragen werden und die zweiten Spiele überhaupt im Reich der Mitte.

Wie schon 2008, als Peking Gastgeber der Olympischen Sommerspiele war, soll auch Olympia 2022 zu einem Fest der Superlative werden und schöne Bilder aus dem autoritären Staat für die ganze Welt produzieren. Damals war der Plan der Machthaber im bevölkerungsreichsten Land perfekt aufgegangen. Basketball-Superstar Yao Ming trug die olympische Flamme über den Platz des Himmlischen Friedens mitten in Peking. Athletinnen und ihre Betreuer lobten die Spiele als optimal organisiert. Die Sportstätten und Arenen waren in perfektem Zustand. Usain Bolt lief die 100 Meter im Krähennest genannten Olympiastadion in Peking in neuer Weltrekordzeit. China triumphierte sogar im Medaillenspiegel und überholte dort erstmals in der Geschichte der Olympischen Spiele die USA - symbolträchtiger geht kaum.

Olympia 2022 in Peking: Propaganda-Kampagne für Xi Jinping

„Die Jahre der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele waren wie eine riesige nationale politische Propaganda-Kampagne. Jeder in ganz China und aus den entferntesten Ecken wie [den Provinzen] Kaschgar, Harbin, Dali oder Xiamen, war verpflichtet, zum Erfolg der Spiele beizutragen.“ So beschrieb Jeanne Boden, China-Expertin, Buchautorin und Journalistin, die Vorbereitungen der Zentralregierung in Peking auf die Spiele 2008. Die Bilder, die aus dem autoritären Staat ins Ausland gelangten, sollten Glück und Erfolg transportieren - auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie strenge Auflagen für die Teilnehmer:innen bestehen und Publikum gar nicht zugelassen ist.

Störungen dieses Eindrucks wurden nicht zugelassen. Hunderttausende Wanderarbeiter, die zum Bau der zahlreichen Sportstätten in die Hauptstadt geholt worden waren und dort in riesigen Zeltstädten wohnten, wurden kompromisslos aus der Stadt verbannt und wieder nach Hause geschickt. Die Einwohner:innen Pekings erhielten Leitfäden, in denen Lächeln und Höflichkeit im Umgang mit Menschen aus dem Ausland verlangt wurden. Die Taxifahrer der Stadt wurden zu Englisch-Kursen verpflichtet, die Fabriken im Stadtgebiet abgeschaltet, um die Luftqualität zu verbessern. Nichts wurde dem Zufall überlassen.

Xi Jinping sichert sich vor den Olympischen Spiele weitreichende Befugnisse

Und auch jetzt schmeißt die Zentralregierung in Peking die Propaganda-Maschinerie vor den Olympischen Spielen 2022 an. Im Mittelunkt steht dieses Mal Xi Jinping. Der 68 Jahre alte gebürtige Pekinger ist seit 2013 Staatspräsident der Volksrepublik China. Zuvor war er Generalsekretär der Kommunistischen Partei des Landes. Seit 2018 ist er der starke Mann Chinas und dank der in diesem Jahr verabschiedeten Verfassungsänderung mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet. Der nationale Volkskongress Chinas hob unter anderem die Amtsbegrenzung auf zweimal fünf Jahre auf. Xi darf damit so lange regieren, wie er möchte. Kritik am Präsidenten ist seit der Änderung verfassungsfeindlich, weil er nun in der Verfassung namentlich genannt wird. Damit vereint Xi eine Macht auf sich, die als eine Person in China nicht mal Deng Xiaoping innehatte. Vergleiche mit den chinesischen Kaisern der Vorzeit oder dem Staatsgründer Volksrepublik China, Mao Zedong, drängen sich geradezu auf.

Diese allumfassende Macht nutzt Xi Jinping auch dafür, um Kritik an seiner Führung im Keim zu ersticken. Die Zensur in China läuft auf Hochtouren. Kritik am Staatschef wird auf allen Ebenen verfolgt. Als einst humorvolle Vergleiche zwischen Xis Aussehen und der Erscheinung von Winnie Puuh, dem gelben Disney-Bären mit rotem Pullover, durch das Netz waberten, wurden entsprechende Fotomontagen flächendeckend gelöscht. Begriffe wie „Personenkult“ oder „mein Kaiser“ standen nach einem Bericht des Nachrichtensenders CBS aus den USA ebenfalls auf dem Index. Im Gegenzug wurde das Konterfei von Xi Jinping immer häufiger abgebildet, zeitweise sogar neben Mao am Eingangstor des Verbotenen Palasts auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking.

Kult um Xi Jinping rückt vor Olympia 2022 in den Fokus Pekings

Mit Blick auf Olympia 2022 spielt der Kult um Staatsführer Xi Jinping zunehmend eine zentrale Rolle. Deutlich macht das vor allem die in staatlicher Hand befindliche, größte englischsprachige Zeitung des Landes, die China Daily. Xi wird dort als „begeisterter Sportfan“ bezeichnet, der persönlich das Vorhaben Chinas, sich um die Olympischen Winterspiele zu bewerben, vorangebracht habe. Einem Kind habe er eine Geschichte erzählt, wie gern er als kleiner Junge Schlittschuh gelaufen wäre. „Großvater Xi wollte ein eigenes Paar Schlittschuhe, aber seine Familie konnte sich nur ein Paar leisten. Und Xi wusste, wie gern sein Bruder Eishockey spielte. Deshalb verzichtete er“, so besagtes Kind laut China Daily.

Doch auch hier macht die Propaganda-Maschinerie längst nicht halt. Eine vor kurzem veröffentlichte Bildergalerie der China Daily zeigte Xi Jinping unter anderem beim Besuch des nationalen Ski-Alpin-Zentrum in Xiaohaituo im Nordwesten der Haupstadt. Dort sollen die alpinen Wettbewerbe der Olympischen Winterspiele 2022 stattfinden. Bei seinem Besuch sagte er, Olympia solle den Wintersport den Chinesinnen und Chinesen näher bringen. Auf anderen Bilder, die von der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua in Umlauf gebracht werden, besucht Xi die Skisprungchance, schaut einem Eiskunstlaufpaar beim Training zu und posiert für Gruppenfotos.

Olympia 2022: Xi Jinping gibt sich als Wintersport-Fan aus

Xi Jinping selbst bezeichnet sich jedenfalls als „großer Fan von Eishockey, Eisschnelllauf, Eiskunstlauf und Freestyle Skifahren“ - überraschenderweise also genau die Sportarten, bei denen die Volksrepublik China sich zumindest teilweise Medaillenhoffnungen machen darf. Bislang gilt das Reich der Mitte nämlich nicht als große Wintersportnation. Platz 16 bei den vergangenen Spielen im koeranischen Pyeongchang sprechen eine deutliche Sprache. Daran lässt sich aber auch durch Propaganda-Kampagnen kaum etwas ändern. (Daniel Dillmann)

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