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Lehrgeld zur Unzeit

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Von: Frank Hellmann

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Bayer-Torwart Rene Adler hängt im Netz (03.04.2010).
Bayer-Torwart Rene Adler hängt im Netz (03.04.2010). © rtr

Die Werkself aus Leverkusen ist aus der Erfolgsspur gekommen. Mit Platz eins und zwei hat der Herbstmeister nichts mehr zu tun. Von Frank Hellmann

Seit Jahren glaubt Rudi Völler zu wissen, nach welchen Mechanismen der deutsche Fußball im Ringen um die Geldränge funktioniert. Und so trägt der 49-Jährige gerne seine Lieblingsthese vor, die da lautet: "Eigentlich kann sich niemand mit den Bayern messen. Die sind so was von weit weg mit ihren finanziellen Möglichkeiten." Extra betont hat den Fakt der Sportchef von Bayer Leverkusen vor anderthalb Monaten - vielleicht, weil er ahnte, dass der Fluch der Vergangenheit die ob ihrer Titelarmut in der Fremde stets verhöhnte Werkself wieder einholen würde?

Kaum war die tragische 2:3-Niederlage bei Eintracht Frankfurt am Ostersamstag Geschichte und hatte "Tante Käthe" noch direkt auf dem Rasen seine Wut bei Fifa-Schiedsrichter Wolfgang Stark abgelassen ("Ich habe ihm gesagt, dass ich genau beobachten werde, ob er in der Champions League auch so mit Gelben und Roten Karten um sich schmeißt"), da handelte Völler gegen seine Überzeugung. Und schmetterte besagter Münchner Übermannschaft eine selbstbewusste Kampfansage vor die Brust: "Die Bayern müssen Samstag bei uns gewinnen: So einfach wird das nicht."

Mutmacher statt Wüterich - Völler weiß nach der vierten Pleite in der fünften Partie nur allzu genau, dass das vom in Nürnberg beginnenden Niedergang verunsicherte Ensemble Zuspruch benötigt, um wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Das Bayern-Spiel als Wende oder Ende?

Mit Platz eins und zwei hat der Herbstmeister schon jetzt nichts mehr zu tun, "wir müssen sehen, dass wir Dritter bleiben", forderte Völler, "das wird schwer genug." Weil dem von Jupp Heynckes angeleiteten Team auf der Zielgeraden genau jene Eigenschaften verlustig gehen, die für Titelgewinne nötig sind: Geduld und Instinkt, Cleverness und Abgeklärtheit. "Ich kann hier nicht in zehn andere Köpfe reinschauen", klagte Kapitän Manuel Friedrich genervt, "wir sind auf dem bestem Wege, uns wieder alles kaputt zu machen." Der 30-Jährige bemühte sich gar nicht mehr um eine diplomatische Wortwahl: "Beschissener kann es nicht laufen."

Übermut und Naivität (Rote Karte gegen Daniel Schwaab, 49.) führten ursächlich dazu, dass Leverkusen leer ausging. Nicht einmal Stefan Kießling vermochte sich über seinen Doppelpack zu freuen: "Das ist schade und bitter." Sein Team zahlt mal wieder zur Unzeit Lehrgeld. "Wenn wir die Partie mit elf Mann beenden, gehen wir sicher als Sieger vom Platz. Ich bin maßlos enttäuscht", beschied Heynckes. An seiner früheren Wirkungsstätte war dem Perfektionisten anzusehen, wie arg ihm dieser Rückschlag zugesetzt hatte. Trotzig kündigte der 64-Jährige indes an: "Wir wollen den dritten Platz noch verteidigen." Es sieht nur danach aus, als sollten sie es nicht können.

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