Geldeintreiber

Der FC Chelsea ist plötzlich ohne Geldsorgen. Hat Abramowitsch den Klub über Nacht schuldenfrei gestellt, weil er ihn loswerden - oder weil er seiner Zuneigung Ausdruck verleihen will? Von Jan Christian Müller
Von Jan Christian Müller
Zwei interessante Meldungen erreichen uns zur Jahreswende von der britischen Insel. Der FC Chelsea, vor nicht allzu langer Zeit mit rund 870 Millionen Euro bei Roman Abramowitsch in der Kreide, ist plötzlich schuldenfrei. Schwuppdiwupp hat der russische Oligarch in beispielloser Finanzakrobatik auf weitere 380 Millionen Euro verzichtet, die er ursprünglich als zinslosen Kredit zur Verfügung gestellt hatte.
Der FC Chelsea verkündete zudem voller Stolz, im Jahr 2009 lediglich schlappe 49 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen zu haben, was im Vergleich zu 2008 (minus 74 Millionen Euro) eine wahre Meisterleistung darstellt. Nun stellt sich die Frage: Hat Abramowitsch den Klub über Nacht schuldenfrei gestellt, weil er ihn zeitnah loswerden - oder weil er damit seiner Zuneigung Ausdruck verleihen will?
Apropos Zuneigung: An der hat es Scheich Ali Abdullah Al Faraj für den FC Portsmouth bislang gänzlich fehlen lassen. Der öffentlichkeitsscheue Araber hat den Tabellenletzten der Premier League im Oktober vom Saudi Sulaiman Al-Fahin gekauft, der den Klub wiederum erst zwei Monate zuvor vom russischen Vorbesitzer erstanden hatte.
Das Dumme an der dubiosen Geschäftspraktik: Al Faraj scheint es, anders als dem auch nicht ungerupft aus der Finanzkrise gekommenen Abramowitsch, am nötigen Bargeld zu fehlen. Der in Portsmouth durch Abwesenheit glänzende Scheich kann nicht einmal pünktlich die Dezembergehälter von gerade mal 2,2 Millionen Euro zahlen, weshalb Montag ein hochrangiger Vertreter der Spielergewerkschaft als eine Art Geldeintreiber im Küstenort vorstellig werden wird. Eine unangenehme Sache.
Aber kein Grund, das Geschäftsmodell grundsätzlich in Schutt und Asche zu reden. Die Premier League hat mit dem freien Marktzugang zu ihren Klubs nämlich die Chance beim Schopf gepackt, finanziell und medial weltweit mit gehörigem Abstand vorne weg zu marschieren. Die Beispiele Chelsea und Portsmouth zeigen - bei völlig unterschiedlichem Krisenmanagement - aber auch die Gefahren. Die deutsche Bundesliga sollte daraus lernen, sich gegen solche Gefahren zu wappnen, ohne dabei aber die Chancen zu missachten.