1. Startseite
  2. Sport
  3. Sport A-Z

Frankreich badet in Gold

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Jörg Hanau

Kommentare

Im glitzernden Regen: Nikola Karabatic und Kollegen.
Im glitzernden Regen: Nikola Karabatic und Kollegen. © rtr

Die Handballer von Claude Onesta schreiben mit dem WM-Sieg in Kroatien französische Sportgeschichte. Von Jörg Hanau

Es regnete Gold. Millionen kleiner Schnipsel flitterten in der Arena von Zagreb und begruben gleichermaßen Sieger und Besiegte unter sich. "Es ist einfach gigantisch", rief der französische Torhüter Thierry Omeyer freudentrunken. Dabei blickte er in versteinerte Mienen. Missmutig, gedemütigt verfolgten Kroatiens Handballer die eigentlich für sie erdachte Choreografie, deren Höhepunkt der Regisseur kurzerhand aus dem Protokoll strich. Die unter dem Hallendach in riesigen Netzen gefangenen Luftballons in den kroatischen Landesfarben rot, weiß und blau fielen nicht wie geplant vom Hallenhimmel.

Der französischen Jubelarie tat dies ebensowenig einen Abbruch, wie die unnötigen Pfiffe der kroatischen Zuschauer während der Siegesfeierlichkeiten, die Guillaume Gille zwar als "grenzwertig" empfand, dennoch aber Verständnis für die Verlierer aufbrachte: "Der Frust ist hoch für alle Kroaten."

Umso größer aber war die Lust des Siegers. Nach dem in der Endphase sicher herausgespielten 24:19-Triumph über den Gastgeber der 21. Handball-Weltmeisterschaft übten sich die Kommentatoren der großen französischen Zeitungen in Superlativen. "Der Mount Everest nach dem Olymp", titelte Le Figaro. "Diese Heldentat des Doubles wird einen ganz besonderen Platz in der Geschichte des französischen Sports bekommen", schrieb L'Equipe. Binnen fünf Monaten gewannen die Franzosen erst olympisches Gold in Peking und setzten sich nun auch noch die WM-Krone auf.

Einen bewegenden Augenblick des Glücks empfand der französische Trainer Claude Onesta. "Eine außergewöhnliche Leistung einer außergewöhnlichen Mannschaft", sagte der Erfolgscoach, der mit dem WM-Sieg seine goldene Medaillensammlung komplettierte. Nach zweimal WM-Bronze (2003 und 2005) schaffte Onesta das Gold-Triple: EM 2006, Olympische Spiele 2008 und Weltmeisterschaft 2009. Damit trat der notorische Fingernägelkauer endgültig aus dem langen Schatten seines beliebten Vorgängers und Doppelweltmeisters Daniel Costantini heraus, den er vor acht Jahren nach dem letzten WM-Triumph der Franzosen beerbt hatte.

Auch wenn das Spiel gegen die unter hohem Druck stehenden Kroaten lange Zeit offen blieb, "waren wir uns sicher, dass wir in der zweiten Halbzeit das Spiel gewinnen würden, wenn wir nur ruhig bleiben und die Nerven nicht verlieren", sagte Nikola Karabatic. Für den Sohn eines kroatischen Vaters und einer serbischen Mutter war die WM in Kroatien ohnehin etwas ganz Besonderes. "Ich bin hier auch ein bisschen zu Hause und habe viel Aufmerksamkeit bekommen." Während des Spiels in Form unflätiger Beschimpfungen. "Außerhalb waren die Leute aber sehr in Ordnung. Es war richtig schön, in Kroatien zu spielen."

Konnte der Welthandballer vom THW Kiel im Angriff nicht an seine Glanzleistungen anknüpfen, so war er in der Deckung neben Didier Dinard der Fels in der Brandung, an dem die kroatischen Handballer verzweifelten. "Wir waren heute unfassbar in der Abwehr, manchmal hatten wir das Gefühl, die werden nie ein Tor machen", sagte Karabatic. Nach dem Wechsel erzielten die Kroaten nur noch sieben Tore, davon nur eines in den letzten 15 Minuten. Wenn die Balic, Lackovic und Metlicic dann doch einmal eine Lücke erspähten, fing Omeyer ihnen die Bälle weg. "Beide Mannschaften waren sehr stark", sagte Omeyer. "Am Ende war unsere Abwehr allerdings phantastisch und die Kroaten haben keine Lösung gefunden."

Der Erfolgshunger der Franzosen ist damit aber längst nicht gestillt. "Ich will noch mehr Titel", sagte der kurz vor einem Wechsel zu den Rhein-Neckar Löwen stehende Karabatic: "Wenn du die Freude siehst in den Augen deiner Kumpels, mit denen du so viel zusammen erlebt hast, das ist das Schönste. Das wird für immer bleiben. Das ist es, was mir Kraft gibt."

Auch interessant

Kommentare