Durchhalteparolen beim deutschen Team

Dem Schweizer Ammann reicht ein Schanzenrekord nicht zum Sieg in Garmisch. Den holt Gregor Schlierenzauer. Die Deutschen verpassen den erhofften Befreiungsschlag. Von Stephan Klemm
Von Stephan Klemm
Oben auf dem Balken sitzt Simon Ammann, nach dem Schweizer kommen noch vier Springer, Aufwind ist gemeldet. Die Chance ist also da für den großen Sprung nach vorn. Der Absprung gelingt perfekt, der Schweizer steht hoch in der Luft und landet ganz tief unten: Schanzenrekord in Partenkirchen, der zweiten Station der 58. Vierschanzentournee.
143,5 Meter werden gemessen, zweieinhalb Meter mehr als Gregor Schlierenzauer vor zwei Jahren gelungen sind. Was die Weite betrifft, ist diese famose Leistung das letzte Wort, doch für den Sieg reicht es nicht.
Überholt wird Ammann noch von zwei Österreichern, zunächst von Wolfgang Loitzl, dem Tournee-Gesamtsieger des Vorjahres, und auch von Schlierenzauer, dem überlegenen Gewinner auf der neuen Olympiaschanze im Werdenfelser Land. Schlierenzauer springt konstant: 136,5 und 137,5 Meter reichen klar für den Tageserfolg und eine Verbesserung in der Gesamtwertung auf Rang fünf.
Das alles sind Weiten und Bestmarken, von denen deutsche Springer zurzeit sehr weit entfernt sind. Im Vergleich zum Auftaktspringen in Oberstdorf gelang der Auswahl von Bundestrainer Werner Schuster allerdings immerhin eine Steigerung um 100 Prozent: Diesmal erreichten vier Springer das Finale.
Doch die Platzierungen bleiben enttäuschend: Pascal Bodmer erreichte als bester Schuster-Springer lediglich Platz 16, Michael Neumayer wurde 17.; Andreas Wank auf Rang 20 und Martin Schmitt als 25. vervollständigten die unterdurchschnittlichen Leistungen des deutschen Quartetts, die nicht übereinstimmen mit den eigenen Ansprüchen.
"Mit den jungen Springern Bodmer und Wank bin ich zufrieden, mit den Älteren nicht. Neumayer etwa hat sich mit einem schwachen ersten Sprung das Leben schwer gemacht und Schmitt fehlt die Form für Topleistungen", bilanzierte Schuster.
Neumayer steigerte sich immerhin deutlich im Finale, seine 133 Meter waren die neuntbeste Weite im Schlussdurchgang. Doch für eine ansprechende Platzierung reichte das nicht mehr: "Mit der Verbesserung bin ich zufrieden. Aber insgesamt kann ich schon mehr", sagte Neumayer.
Bodmer fehlten aus beiden Wettkampfteilen knapp sechs Meter für eine Top-Ten-Platzierung, die er sich für Garmisch-Partenkirchen vorgenommen hatte: "Ich bin nicht so zufrieden wie noch zuletzt in Oberstdorf, als ich Zwölfter wurde. Das ist zurzeit nicht mein Topniveau. Um das wieder zu erreichen, muss ich hart arbeiten."
Zum Weltcupauftakt im finnischen Kuusamo überraschte der Schwabe Bodmer noch mit Rang zwei. Schmitt hingegen, dem im Vorjahr eine verblüffende Rückkehr in die Weltspitze gelungen war, sucht in dieser Saison nach der richtigen Anfahrtposition. Zudem hat er große Schwächen im Absprung: "Daran muss ich hart arbeiten. Aber mit Geduld. Dazu werde ich nun die restlichen Tournee-Tage nutzen", sagte Schmitt.
Auch dem Schwarzwälder gelang im zweiten Durchgang eine Steigerung, die Schuster wohlwollend registrierte: "Da hat Martin gezeigt, dass er es auch besser kann. Darauf müssen wir jetzt aufbauen."
Das sind Sorgen, die dem österreichischen Cheftrainer Alexander Poitner fremd sind. In Partenkirchen konnte er einen Doppelsieg bejubeln und gleich fünf seiner Springer unter den besten Zehn begrüßen. Außerdem baute Andreas Kofler, der Sieger von Oberstdorf mit seinem vierten Rang von gestern seine Führung in der Tournee-Gesamtwertung aus.
Dort führt er nun mit 19,2 Punkten vor Vorjahressieger Loitzl und 24,6 Zählern vor dem drittplatzierten Finnen Janne Ahonen, der gestern Sechster wurde. "Das ist ansprechend und freut mich sehr", bilanzierte Kofler, dem nur 0,6 Punkte auf Rang zwei fehlten, das ist weniger als ein halber Meter Weite.
Der erste Gewinner des neuen Jahres jedoch, Gregor Schlierenzauer, kündigte an: "Meine Form stimmt wieder. In Oberstdorf hat mich ein Magen-Darm-Virus geärgert. Das ist nun vorbei. In Innsbruck werde ich noch mal angreifen." In Innsbruck steht die Heimschanze des 19-jährigen Tirolers. Der Termin: Sonntag (13.45 Uhr/ live ZDF). Dort allerdings hat er noch nie gewonnen.