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"Es bricht alles auseinander"

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Köln am Boden: Lukas  Podolski.
Köln am Boden: Lukas Podolski. © ddp

Der 1. FC Köln kann sich glücklich schätzen, 31 Punkte auf dem Konto zu haben - er spielt wie ein Absteiger. Derweil nimmt das Fußball-Wunder von Berlin konkrete Formen an.

Es ist bis heute nicht klar, was in dem Tormann Faryd Mondragon ein paar Sekunden vor dem Halbzeitpfiff vorgegangen ist. Nach einem langen Ball in den Strafraum ist er dem Leder entgegengestürzt, der Ball driftete weit nach außen ab, fast an der Grundlinie bekam ihn Theofanis Gekas zu stoppen, Mondragon stellte sich davor. So weit ist noch alles nachzuvollziehen.

Nur dann wird es seltsam: Gekas passt die Kugel in die Mitte, und was macht der Torwart? Der joggt, ach was, spaziert gemütlich in Richtung seines Kastens. Er hat die Ruhe weg, denkt nicht im Traum daran, sich zu eilen. In der Zwischenzeit stochert der Berliner Raffael die Kugel zwischen drei Kölnern Richtung Tor, der Ball spritzt ins Netz, ein letzter hilfloser Abwehrversuch von Mondragon geht ins Leere - 0:2. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte der 38-jährige Ballfänger mit kolumbianischem und libanesischem Pass den Ball abgewehrt, wäre er schleunigst auf die Torlinie gesaust. Aber dieser Blackout war symptomatisch für eine desolate Kölner Mannschaft.

Es war der Anfang vom Ende der insgesamt nicht bundesligareifen Leistung des 1. FC Köln, der gegen den Abstiegskandidaten Nummer eins, Hertha BSC Berlin, sang- und klanglos unterlag. "Es bricht alles auseinander. Das kann nicht wahr sein", klagte später FC-Verteidiger Kevin McKenna. Die Kölner Fans waren bedient und quittierten die achte Heimniederlage mit gellenden Pfiffen. Manager Michael Meier sprach von einer "blamablen Leistung", die in den Platzverweisen für Kapitän Youssef Mohamad nach einer Notbremse (73.) und Zoran Tosic (87.) kulminierte. Tosic sah innerhalb von 45 Sekunden Gelb wegen Meckerns und Gelb-Rot wegen einer Schwalbe.

10-Millionen-Euro-Mann Lukas Podolski, der in der 62. Minute wegen einer Handverletzung ausgewechselt wurde, agierte im Team von Chefcoach Zvonimir Soldo erneut wie ein Fremdkörper. "Nein. Es gibt keine Trainerdiskussion", sagte Meier. Der Coach selbst wollte die "Soldo-raus"-Rufe nicht gehört haben und redete sich nach der Demontage die Saison schön. "Das Ziel war der Klassenverbleib, und den werden wir erreichen", sagte er. Sicher sein darf sich aber niemand, denn der Vorsprung auf den 16. Platz beträgt lediglich sechs Punkte.

Derweil nimmt das Fußball-Wunder von Berlin konkrete Formen an - selbst das fast unlösbar scheinende Restprogramm flößt Trainer Friedhelm Funkel keine Furcht ein. Stuttgart, Schalke und zum Finale am 8. Mai die Bayern gastieren noch im Olympiastadion, auswärts muss Hertha BSC in Frankfurt und Leverkusen ran. "Ich habe vor diesen fünf Spielen überhaupt keine Angst", sagte Funkel. Er machte aus heillos verunsicherten und belächelten Kickern eine Mannschaft, die wieder ernst genommen wird. Funkel hofft auf ein "Jetzt-erst-recht": "Nach dem Spiel gegen Nürnberg, als alles über uns hereingebrochen ist, waren wir am Boden. Aber der Ringrichter hat nicht lange genug gezählt."

Funkels Wiederbelebungsmaßnahmen an der "alten Dame" zeigen Wirkung. Torhüter Jaroslav Drobny: "Ich glaube an ein Happy End." Doch die Hypothek der desaströsen Hinrunde und der verheerenden Bilanz von nur einem Heimsieg wiegt schwer. So kommt der Partie gegen den VfB am Samstag eine Schlüsselrolle zu - auch weil nach den Ausschreitungen beim Nürnberg-Spiel nur 25000 Hertha-Anhänger ins Stadion dürfen. (kil/dpa)

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