Bayern-Juwel für Bayer

Toptalent Toni Kroos wechselt für eineinhalb Jahre auf Leihbasis nach Leverkusen.
Von CHRISTIAN OEYNHAUSEN
Die Geheimhaltungs-Strategie hat ziemlich gut funktioniert bei Bayer 04 Leverkusen, nicht nur nach außen, sondern auch intern. Kapitän Simon Rolfes stand am Samstag verschwitzt vor den Kabinen im Dortmunder Stadion und erfuhr erst durch die Berichterstatter, dass sein Arbeitgeber mit Toni Kroos das vermeintlich größte deutsche Talent geholt hat.
"Ehrlich?", fragte Rolfes zurück, "na dann: Herzlich wollkommen. Gute Spieler können wir immer brauchen." Gebraucht zu werden ist ziemlich genau das, was dem 19-Jährigen zuletzt fehlte. Bei Bayern München bekam der Mittelfeldspieler aus Greifswald, für den die Münchner die Rückennummer 10 reserviert hatten, zuletzt kaum ein Bein auf den Platz.
Nur sieben Bundesliga-Einsätze, davon fünf von der Bank aus, gewährte ihm Trainer Jürgen Klinsmann. Übrigens nicht ganz zu Unrecht, wie sogar sein Förderer Hermann Gerland sagt: "Kroos hat unglaubliche fußballerische Qualitäten. Aber er muss sie mit Leistungsbereitschaft paaren. Das hat er viel zu wenig gemacht. Er hat in jedem Spiel Aktionen, wo man mit der Zunge schnalzt. Dann verliert er den Ball, läuft weiter und fehlt hinten. Das geht nicht mehr." Zudem verpasste der U 21-Nationalspieler wegen einer Sprunggelenksverletzung die Rückrundenvorbereitung.
Am Mittwoch hatte sich Bayern-Manager Uli Hoeneß bei den Leverkusenern gemeldet: Die Bayern seien bereit, den jungen Mann auszuleihen, der Spieler wolle gern nach Leverkusen. Ob denn das vor einiger Zeit gegründete Interesse noch bestehe? Was für eine Frage: Außer den Bayern hatte fast jeder Klub akutes Interesse an Kroos. Am Donnerstagabend saßen der Spieler, Sportdirektor Rudi Völler, Trainer Bruno Labbadia und Manager Michael Reschke schon am Düsseldorfer Flughafen zusammen. Nun ist es fix: Kroos wird für eineinhalb Jahr ausgeliehen, im Sommer 2009 haben die Münchner aber das Recht, den Spieler zurück zu verlangen. Leverkusen übernimmt das Gehalt und zahlt den Münchnern eine Gebühr. Ein Kaufoption hat der Werksklub nicht.
Eine "Top-Alternative" nannte Völler den Neuzugang nach dem 1:1 der Leverkusener in Dortmund und schmunzelte: "Man sieht ja, dass in unserem Mittelfeld ein paar Dinge ziemlich gut funktionieren." Renato Augusto, Arturo Vidal und Tranquillo Barnetta harmonieren erneut vortrefflich, das Trio teilt sich die offensiven Aufgaben, dahinter sichert Kapitän Rolfes ab. Dahinter allerdings gibt es wenig Konkurrenzdruck. Bernd Schneider, der 35-Jährige, wegen einer Bandscheiben-Operation noch längst nicht so weit. Kroos könnte alle drei Offensiv-Positionen einnehmen. "Da sind die Chancen besser als in München, wo er letztlich nur auf einer Position eingesetzt wurde, um die sich dann auch noch vier, fünf Mann stritten", sagt Kroos' Vater und Berater Roland Kroos.
Leverkusens Trainer Bruno Lab badia dämpft die Erwartungen. "Es geht nicht darum, ihn für Bayern München auszubilden, sondern wir wollen, dass er bei uns wächst, sich weiterentwickelt und uns helfen kann." DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hätte lieber etwas mehr Sicherheit gehabt für Kroos: "Wenn er sicher zum Einsatz kommt, ist es ein guter Wechsel. Sonst eher nicht."