Der andere VC Wiesbaden
Der hessische Volleyball-Bundesligist präsentiert sich zum Auftakt der Rückrunde in starker Form / Als nächster Gegner wartet Hamburg
Von NANETTE-NATALIE NAUMANN
Die Volleyballspielerinnen des VC Wiesbaden haben in der Bundesliga bereits am Sonntag ihre eigentlich noch fernen Ziele erreicht. Durch einen 3:0 (26:24, 25:19, 25:21)-Sieg über Bayer Leverkusen haben sie sich am ersten Spieltag der Rückrunde auf den fünften Tabellenplatz vorgearbeitet. Noch am Freitag hatte Manager Achim Exner dies als Endziel für die nächste Saison ausgegeben.
1130 Zuschauer erlebten in der Sporthalle am Zweiten Ring, wie die Spielerinnen der Heimmannschaft am Ende souverän die Partie für sich entschieden. "Wir waren einfach mental stärker", verriet Spielführerin Steffi Lehmann. "Alle waren sehr locker, und wir haben uns keinen Druck gemacht."
Erst zwei Wochen ist es her, da musste Wiesbaden gegen die gleiche Mannschaft aus Leverkusen in einem Fünfsatzkrimi rund zweieinhalb Stunden lang bis zum Erfolg kämpfen. Dieses Mal benötigte der VCW eine Stunde weniger, ehe er den Sieg feiern durfte.
Das Spiel war indes nicht so eindeutig, wie das Ergebnis einem weismachen könnte. Im ersten Satz lag die Heimmannschaft beispielsweise bereits mit 14:19 zurück. "Aber mein Team gibt einfach nicht auf", erklärte Cheftrainerin Xiaojun Yang. "Wir denken nicht an den Spielstand, immer nur an den nächsten Punkt", bestätigte Lehmann. Dagegen war es bei Leverkusen offensichtlich, dass das Team bei wichtigen Punkten verkrampfte.
Wiesbaden glänzte zudem durch abwechslungsreiches Spiel. Während die Auswärtsmannschaft sich ausschließlich auf die Stärke von zwei Außenangreiferinnen verließ, variierte VCW-Zuspielerin Jackie Simpson gekonnt im Aufbau. Sie bescherte den Mittelblockerinnen Sheila Shaw und Pan Hong genauso perfekte Angriffsmöglichkeiten wie den Angreiferinnen Karolin Kosek und Steffi Lehmann. Das machte den VCW nahezu unberechenbar.
Träumen ist erlaubt. Deswegen wagte der Vereinsvorsitzende Rudi Glas kurzfristig einen gedanklichen Ausflug: "Sie werden es erleben, dass ich irgendwann dastehe und Wiesbaden deutscher Meister ist." Trotz des Überschwanges, den der fünfte Tabellenplatz schon jetzt beim hessischen Anhang auslöste, weiß aber auch er: Das Spitzenquartett der Tabelle ist für den VCW nur sehr schwer zu knacken. In der Hinrunde setzte es gegen die Tabellenspitze aus Schwerin, Vilsbiburg, Hamburg und Dresden Niederlagen. Andererseits ist der jetzige VCW mit der Mannschaft der Hinrunde kaum noch zu vergleichen. Auf den wichtigen Positionen, Zuspiel und Libera, gab es Spielerinnenwechsel, die Trainingsintensität wurde erheblich erhöht.
Nur mit Schrecken denkt daher Steffi Lehmann an den ersten Spieltag der Saison gegen Hamburg, das als nächster Gegner wartet: "Da will ich mich gar nicht mehr dran erinnern. Wir waren eine andere Mannschaft, da lief gar nichts." Deswegen möchte auch Xiaojun Yang nichts davon wissen, dass man mit dem VCW bereits das Optimum für diese Spielzeit bewerkstelligt hat. "Wir werden nicht schon im Kopf verlieren. Ich werde meine Mannschaft auf jedes Spiel perfekt vorbereiten und sie so gut wie möglich informieren und motivieren."