Nun rücken andere in den Fokus

Die großen Namen fehlen beim 20. Frankfurt Ironman - das ist die Chance für Nils Frommhold.
Große Namen sind das Salz in der Suppe. Besonders bei einem Jubiläum. „Natürlich hätten wir gerne zumindest einen von ihnen bei uns gehabt“, gesteht Oliver Schiek, der Veranstalter des Frankfurt Ironman. Ausgerechnet bei der 20. Auflage am Sonntag werden die besten deutschen Langdistanz-Triathleten fehlen. Jan Frodeno, Sebastian Kienle und Patrick Lange starten eine Woche später bei der Konkurrenz-Veranstaltung in Roth. „2019 waren sie ja bei uns“, sagt Schiek über das Trio und schiebt etwas zögerlich hinterher: „Vielleicht nächstes Jahr wieder.“
Das dürfte schwer werden. Hinter den Kulissen tobt in der Sportart seit Jahren ein Zwist, der 2019 in der Gründung eines zweiten „Weltverbands“ neben der Marke „Ironman“ gipfelte: Die Professional Triathlon Organisation (PTO), quasi die Athleten-Gewerkschaft der Szene, gilt als deutlich finanzstärker – unter anderem durch den Einstieg des Milliardärs Michael Moritz. Das Rennen in Roth gehört zur PTO. Frodeno, Kienle und Co. dürften dort weitaus höhere Preisgelder kassieren als in Frankfurt. Dass sie diesem Ruf folgen, in einer Sportart, in der bislang keine großen Reichtümer zu verdienen waren und ein Athlet wegen der körperlichen Strapazen nur wenige Ironmans pro Jahr absolvieren kann, ist verständlich.
Und so rücken in Frankfurt andere in den Fokus. Als Topfavorit auf den EM-Titel gilt Titelverteidiger Patrik Nilsson, der im Vorjahr in starken 7:59:20 Stunden gewann. „Ich fühle mich gut vorbereitet“, sagte der 30 Jahre alte Schwede gestern. Er hofft, beim 3,8 Kilometer langen Schwimmen im Langener Waldsee nicht zu viel Zeit auf den vermeintlich stärksten Deutschen Nils Frommhold zu verlieren. Der 35-Jährige, der 2015 die Challenge Roth gewann, will in seiner Paradedisziplin vorlegen und auf der 180 Kilometer langen Radstrecke möglichst vorne bleiben. „Die Saison ist jetzt für mich auf dem Siedepunkt“, sagt Frommhold. Noch hat er das Ticket für die Ironman-WM im Oktober auf Hawaii nicht in der Tasche. Frommhold braucht ein vorderes Ergebnis. „Ich bin ganz optimistisch. Wenn ich ein gutes Rennen zeige, schaffe ich die Quali.“ Die Chancen sind auch deshalb recht gut, weil im Männerbereich lediglich 43 Profis an den Start gehen. In früheren Jahren waren es bis zu 75 gewesen.
Mit Superkraft auf den Römerberg
Sam Holness kam als einer der ersten. Regungslos saß er gestern mit dunkler Sonnenbrille auf einem Stuhl, neben ihm seine Eltern, und wartete auf seinen großen Auftritt. Die Veranstalter des Ironman Frankfurt hatten den bemerkenswerten Briten zur Pressekonferenz eingeladen und mit den Top-Profis auf die Bühne geholt. Dort war der 29-Jährige zwar zu aufgeregt, um Fragen ausführlich zu beantworten, weil er durch seine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) stark von der ungewohnten Umgebung beeinflusst wurde. Doch es wurde deutlich: Am Sonntag will er das nächste Triathlon-Kapitel schreiben.
Nach der 70.3-WM in Utah , wo er als erster offen autistischer Athlet die halbe Ironman-Distanz bewältigt hatte, wagt er sich nun in Frankfurt erstmals auf die Langdistanz. „Er möchte gerne in etwa zehn Stunden ankommen. Aber in erster Linie will er andere Menschen mit seinem Start inspirieren“, betont sein Vater und Coach Tony Holness. Sein Sohn wirkt bestens durchtrainiert, er liebt das Schwimmen. Die Frage wird sein, wie er mit den tausenden Teilnehmern und Zuschauern zurecht kommt. Denn er hat durch ASS Probleme im sozialen Miteinander. Er habe eine „Superkraft“, sagt sein Vater. Die soll ihn auf den Römerberg führen. joi
Bei den Frauen gab es einen noch größeren Aderlass. Dem Vernehmen nach soll es in den vergangenen Tagen sieben Absagen gegeben haben, weshalb nur noch zehn Profi-Athletinnen antreten. Darunter in Daniela Bleymehl eine internationale Top-Athletin. Die 33-Jährige aus Darmstadt gewann im April diesen Jahres in Südafrika ihren vierten Ironman – und das als zweifache Mutter. „Ich bin ziemlich gut drauf. Das ist für mich eine Generalprobe für Hawaii“, meint die Hessin.
3000 Teilnehmer
Um 6.25 Uhr fällt am Sonntagmorgen der Startschuss für die Profi-Männer. Fünf Minuten später springen die Profi-Frauen in den Waldsee. Weitere fünf Minuten später erfolgt der Start der Altersklassenathleten. Sie stellen wieder das Gros der insgesamt 3000 Teilnehmer aus 81 Nationen. Die Radstrecke führt anschließend wie gewohnt von Langen auf einem Rundkurs über Neu-Isenburg, Bad Vilbel, Schöneck und Nidderau bis nach Altenstadt. Zum Abschluss folgt in Frankfurt der Marathon mit vier Runden entlang des Mains.
Der schnellste Mann wird gegen 14.20 Uhr auf dem Römerberg erwartet, das Ziel schließt dort um 22 Uhr. Die letzten „Finisher“ werden wieder die großen Stars sein. Sie kommen immer nach Frankfurt, egal welcher „Weltverband“ im Hintergrund das Sagen hat.