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IOC verurteilt ukrainischen Boykott-Aufruf und fordert „Autonomie des Sports“

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Von: Stefan Schmid

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Nachdem die Ukraine zum Boykott von Wettkämpfen mit Russen aufgerufen hat, reagiert nun das IOC auf seine ihm eigentümliche Weise.

Update vom 1. April, 14:50 Uhr: Nach einer Anweisung der ukrainischen Regierung, dass internationale Wettbewerbe mit der Beteiligung von russischen und belarussischen Sportler:innen boykottiert werden sollen, reagiert nun das IOC mit Unverständnis auf die Erklärung. Das Internationale Olympische Komitee verweist in seiner Stellungnahme auf die Konsequenzen für ukrainische Athlet:innen sowie auf die Trennung von Sport und Politik.

Internationales Olympisches Komitee (IOC)
Gründungsdatum23. Juni 1894
PräsidentThomas Bach (seit 2013)
SitzLausanne, Schweiz

Ukrainischer Boykott würde „in keiner Weise den Krieg beeinflussen“

Die in der Ukraine über das Fernsehen publik gemachte Anweisung des Boykotts, habe das IOC, wie es heißt, zur Kenntnis genommen. Zugleich warnte das Komitee in einer Erklärung vor den Folgen, sollte die Entscheidung umgesetzt werden. Diese „würde nur die ukrainischen Athleten verletzen und sich in keiner Weise auf den Krieg auswirken, den die Welt beenden will und den das IOC so vehement verurteilt hat.“

Außerdem schließt sich das IOC einer Erklärung der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees ANOC an, welches das allseits bekannte Argument der Trennung von Sport und Politik ins Feld führt: „Jegliche Boykottaufrufe der Regierung sind ein direkter Eingriff in die Autonomie des Sports und stellen eine klare Politisierung des Sports dar“, ließ ANOC nach einer Sitzung in Madrid wissen.

Das IOC um Präsident Thomas Bach warnt davor, dass aufgrund des ukrainischen Boykotts kaum mehr Athleten aus dem Land an Olympia teilnehmen werden.
Das IOC um Präsident Thomas Bach warnt davor, dass aufgrund des ukrainischen Boykotts kaum mehr Athleten aus dem Land an Olympia teilnehmen werden. © IMAGO / ZUMA Wire und picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Nach IOC-Empfehlung zu russischen Sportlern: Ukraine befiehlt Boykott

Erstmeldung vom 31. März: Kiew - Die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), russische und belarussische Athlet:innen bei Wettkämpfen wieder zuzulassen, schlägt weiter hohe Wellen. Schon als sich die Entscheidung abzeichnete, sah sich IOC-Präsident Thomas Bach scharfer Kritik ausgesetzt, nun reagiert die ukrainische Regierung. In einer Sitzung haben diese ihre Sportler:innen angewiesen, sämtliche Wettbewerbe mit russischer Beteiligung zu boykottieren. Bei Zuwiderhandlung gegen den Beschluss droht gar eine Strafe.

Ukraine befiehlt Boykott von Wettbewerben

„Wir können keine Lösung bieten, die allen gefällt“, meinte IOC-Präsident Thomas Bach noch vor der Sitzung des Exekutivkomitees, an dessen Ende die faktische Rückkehr russischer Sportler:innen auf die internationale Sportbühne beschlossen wurde. Der frühen Einsicht von Bach folgt nun die erste Konsequenz, die einem Quasi-Ausschluss ukrainischer Athlet:innen gleichkommt.

Zwei Tage nach der IOC-Empfehlung verkündete die Ukraine, dass die Sportler:innen ihres Landes angewiesen wurden, alle Wettkämpfe zu boykottieren, an welchen Sportler aus Russland und Belarus teilnehmen. Der Beschluss fiel auf höchster Ebene: Auf einer Regierungssitzung wurde „ein Protokollbeschluss gefasst, wonach wir nur an Qualifikationswettbewerben (für die Olympischen Spiele 2024, d. Red.) teilnehmen dürfen, bei denen keine Russen anwesend sind“, so Oleh Nemtschinow, der Kabinettsminister und Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees der Ukraine ist.

Ukraine will eigene Verbände bei Verstoß sanktionieren

Mit Russen meint der Protokollbeschluss auch Sportler:innen aus Belarus, in deren Land Wladimir Putin atomare Waffen stationieren will. Auch das minimiert die Möglichkeiten für Ukrainerinnen und Ukrainer, sich für die die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu qualifizieren.

Auch wenn es ohnehin äußerst unrealistisch ist, dass sich einzelne Sportverbände in der Ukraine über die Regierungsorder hinwegsetzen könnten, haben die Regierenden vorgesorgt. Eine Teilnahme an Wettbewerben mit russischen oder belarussischen Sportler:innen, könnte „ein Grund dafür sein, den Verbänden ihren nationalen Status abzuerkennen“, so Nemtschinow in der über das Fernsehen ausgestrahlten Erklärung.

Die ukrainische Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj beschloss den sportlichen Boykott von Wettbewerben mit russischen Sportlern.
Die ukrainische Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj beschloss den sportlichen Boykott von Wettbewerben mit russischen Sportlern. © IMAGO/Ukraine Presidency/Ukrainian Pre

Ukrainische Sportler könnten sich an DOSB orientieren

Schon vor dem Beschluss durch die ukrainische Regierung riefen einzelne ukrainische Athlet:innen zum Boykott auf oder weigerten sich, gegen Russ:innen und Belaruss:innen anzutreten. Außerdem prüfen mehrere Aktive aus der Ukraine eine Klage gegen das IOC, welches sich mit seiner umstrittenen Entscheidung auf Antidiskriminierung beruft.

Sollte es zu Verhandlungen zwischen ukrainischen Sportler:innen und IOC kommen, könnten sich diese auf ein vom Deutschen Olympischen Sportbund in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten berufen. In dem Gutachten heißt es, dass der Ausschluss von Russen „nicht als Verstoß gegen internationale Diskriminierungsverbote zu klassifizieren und somit zulässig“ sei. (sch/dpa)

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