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Karla Borger: „Wir sollten an erster Stelle stehen“

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Von: Daniel Schmitt

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Aktiv nicht nur auf dem Beachvolleyballfeld: Karla Borger.
Aktiv nicht nur auf dem Beachvolleyballfeld: Karla Borger. © AFP

Die deutsche Beachvolleyballerin führt „Verein Athleten Deutschland“ als neue Präsidentin an und sieht den Sport „mitten in einer Umbruchphase“.

Meinungsstärke, Mut, auch Konfliktbereitschaft sind Charakterzüge, die Karla Borger offenbar in die Wiege gelegt wurden. Ihre Mutter, Cordula Pütter, einst Europameisterin im Beachvolleyball, war es, die schon vor vielen, vielen Jahren den Weltverband für dessen Hosenvorgaben öffentlich anging. In diesem Kontext sollte es also kaum überraschen, dass auch Tochter Karla, mittlerweile 32 und ebenfalls eine Topspielerin im Beachvolleyball, Vizeweltmeisterin 2013, ähnlich selbstbewusst ihre innere Überzeugung nach außen vertritt.

Bestes Beispiel: Der Katar-Protest im Frühjahr, als Borger und ihre Teampartnerin Julia Sude sich weigerten, in langen Hosen und T-Shirts auf den Sandplatz zu treten. Die ansonsten im Frauen-Beachvolleyball üblichen Bikinis seien zu anstößig, hieß es vom Veranstalter in Katar. Die mediale Aufmerksamkeit schnellte in die Höhe. Borger und Sude boykottierten das Turnier im Emirat, sie wollten selbst entscheiden, was zu freizügig ist und was nicht. Auch ihre Gebärmutterhalskrebs-Erkrankung machte die gebürtige Heppenheimerin bekannt, um das Thema zu enttabuisieren und Frauen zur Vorsorge zu ermutigen.

DOSB genau beobachten

Ihre klare Haltung wird sich Karla Borger bewahren und künftig noch häufiger benennen müssen. Die zweimalige Olympiateilnehmerin ist am Samstag bei der Mitgliederversammlung des Vereins „Athleten Deutschland“ zur Präsidentin gewählt worden, sie folgt auf den früheren Fecht-Weltmeister Max Hartung. Borger setzte sich gegen die Rollstuhlbasketballerin Mareike Miller und den ehemaligen Wasserballer Tobias Preuß durch. Sie stehe vor einer „spannenden Aufgabe“ so Borger, „mitten in einer Umbruchphase des deutschen Sports“.

2017 hatte Hartung die „ Athleten Deutschland“ mitgegründet, aufgrund seines Karriereendes gab er nun den Präsidentenposten ab. Unter seiner Führung hatte der Verein „Athleten Deutschland“, der derzeit etwa 1400 Mitglieder aufweist, in den vergangenen Jahren als Stimme der Kader-Sportlerinnen und -Sportler enorm an Einfluss gewonnen - trotz diverser Widerstände des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Unlängst hatte Max Hartung erst das Vorgehen des Dachverbandes des deutschen Sports bei der Suche nach einem Nachfolger von Noch-Präsident Alfons Hörmann deutlich kritisiert, weil die Athletenvertretung nicht eingebunden sei. „Es sind unsere Herzen, die wir in den Sport stecken“, bekräftigt Borger nun: „Die Athletinnen und Athleten sollten an erster Stelle stehen, es ist sinnvoll, uns einzubinden.“

Neben der Neuausrichtung des deutschen Spitzensports hinsichtlich finanzieller Förderungen (Borger: „Wir brauchen eine Veränderung“) arbeitet der Verein an der Umsetzung eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport, an das sich Opfer von sexualisierter Gewalt wenden können. Zudem soll die Gleichstellung von Athletinnen ein noch zentrales Thema werden.

Sie, Karla Borger, sei schon erstaunt über sich, über ihren Schritt in die Sportpolitik, „irgendwie bin ich da reingerutscht“. Ihr sei es nun vor allem wichtig, dass nicht nur sie, sondern „auch viele andere sich mutig äußern“. Ein Satz, der auch von ihrer Mutter stammen könnte.

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