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Fußball-Bundesliga: Zu viel Wehklagen wegen Corona

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Von: Jan Christian Müller

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So wie hier in Leipzig wird es wohl bald wieder in ganz Deutschland sein: Der Bundesliga drohen wieder Geisterspiele.
So wie hier in Leipzig wird es wohl bald wieder in ganz Deutschland sein: Der Bundesliga drohen wieder Geisterspiele. © dpa

Es wäre beispielhaft, würde der Profifußball über Einschränkungen nicht nur nörgeln, sondern sie ausdrücklich zum Schutz der Schwachen der Gesellschaft unterstützen.

Es ist wenig überraschend, dass allen voran die Profifußball-Lobby sich in ihrer Kritik an den Corona-Maßnahmen der Politik einreiht in die Interessengemeinschaft der Einzelhändler, des Hotel- und Gaststättengewerbes, der Schausteller und weiterer Standesvertretungen. Die Argumentationsketten gleichen sich: „Nachweislich“ seien ihre Branchen keine Infektionstreiber.

Maskenpflicht wird vielfach ignoriert

Nun haben wir es aber alsbald auch in Deutschland vorhersehbar mit einer neuen, beispiellos ansteckenderen Variante des Virus zu tun. Niemand kann ausschließen, dass dichter gedrängte Menschen Gefahr laufen, sich auch draußen anzustecken. Zumal die Stammesvertreter des Profifußballs geflissentlich unterschlagen, was ehrlicherweise weithin sichtbar ist: Die überwiegende Mehrheit des Fußballpublikums ignoriert Maskenpflicht auch nach drängender Durchsage der Stadionregie. Wäre manches Bundesligaspiel eine Querdenker-Demo - es würde von der Polizei abgebrochen.

Hinzu kommt, dass in vielen Stadien ganze Blöcke gesperrt werden und so auch bei deutlich weniger Auslastung auf vielen Plätzen eine gewisse Enge herrschen kann, mal ganz abgesehen von den An- und Abfahrtswegen, die oft ja auch in öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

Beraterkosten steil gestiegen

Auch die Verweise der Milliardenbranche auf zu fürchtende Insolvenzen oder zumindest schwerwiegende wirtschaftliche Folgen überzeugen nicht. Gerade erst hat eine Veröffentlichung der Fifa offenbart, dass die deutsche Bundesliga ihre Ausgaben für Spielerberater bei internationalen Transfers von 56,6 um mehr als 35 Prozent (!) auf 74,7 Millionen Euro gesteigert hat, vorgerückt von Rang vier auf Platz zwei auf der Ausgabenseite hinter England. Nur ein Beispiel, um das Wehklagen, an dem sich dankenswerterweise nicht alle Klubs lautstark beteiligen, in der gebotenen Nüchternheit einzuordnen.

Die anfangs vorgegebene Demut des Unterhaltungsgeschäfts ist längst einer Hybris gewichen, wenn es denn diese Demut überhaupt je gab. Wenn die hiesige Politik die dramatischen Entwicklungen in Nachbarländern nicht zu einer vorausschauenden Anti-Omikron-Strategie nutzen würde, wäre das fahrlässig. Der deutsche Profifußball fühlt sich überdurchschnittlich hart angegriffen. Wahr ist aber auch, dass er weit überdurchschnittlich viel Gehör bekommt und weit überdurchschnittlich viele Menschen bewegt. Es wäre beispielhaft, würde er über Einschränkungen gerade nicht nur nörgeln, sondern sie ausdrücklich zum Schutz der Schwachen der Gesellschaft unterstützen.

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