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WM-Trikots der DFB-Frauen: Pfeifen im Walde

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Von: Jakob Böllhoff

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In diesen Trikots treten die deutschen Fußballerinnen bei der WM an.
In diesen grünen Trikots treten die deutschen Fußballerinnen bei der WM an. © Adidas

Das waren früher Zeiten. Zeiten, in denen Trikots ohne an den Haaren herbeigezogenen Geschichten präsentiert wurden. Eine Glosse über das WM-Dress der deutschen Fußballerinnen.

Die Fußball-Nationalmannschaft der Frauen hat am Donnerstag ihr neues Auswärtstrikot vorgestellt, das sie zur diesjährigen Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland mitnimmt. Das Trikot ist grün. Hellgrün, mittelgrün, dunkelgrün. Die ganze Grünpalette, wild verteilt auf dem Hemd. Vom Ausrüster Adidas erfährt man: „Das Design des neuen Auswärtstrikots ist von den tiefgrünen Farben der verschiedenen Waldgebiete des Landes inspiriert – vom Schwarzwald bis zum Zauberwald. Das einzigartige Muster in Grüntönen, welches sich über das gesamte Trikot zieht, stellt eine Verbindung zu den ausgedehnten Wäldern Deutschlands her, die sich über ein Drittel der Landfläche erstrecken.“

Ach ja, der deutsche Wald mit seinen tiefgrünen Farben. Mythos und Sehnsuchtsort. „Frieden findet man nur in den Wäldern“, wusste schon der alte Michelangelo, und so braust man raus aus der Stadt, stellt seinen 30 Jahre alten Verbrenner mit dem knallenden Auspuff an den Waldesrand und steigt hinein ins Gestrüpp. Doch der Frieden wird gleich mal gestört, denn empfangen wird man von einer penetranten Geräuschkulisse. Es ist das Kichern und das Schmatzen der Borkenkäfer, die sich mit professionellem Beißwerkzeug genüsslich an den Rinden vergehen. Man sucht das Grün, aber findet nur Grau, will sich in satten Baumkronen verlieren, doch der Blick verheddert sich jäh im kargen Astwerk unserer großen Freunde, und man vernimmt ein Jammern und Klagen und stellt entsetzt fest, dass man das selbst ist. Alles so trist.

Mensch, DFB. Weiß doch jeder, wie es um die Wälder bestellt ist. Aus der „Waldschadenserhebung des Bundeslandwirtschaftsministeriums“ in dieser Woche geht hervor, dass alles immer schlimmer wird. Die Dürre, die Hitze. Agraminister Cem Özdemir sagt: „Der Wald ist ein Patient, der unsere Hilfe braucht.“ Die Verhältnisse waren einmal anders herum.

Kein Trikot ohne Geschichte

Eher unsensibel in dieser Gemengelage, ein herrlich grünes Trikot mit dem Hinweis auf den tollen deutschen Wald auf den Markt zu bringen. Da hätten Adidas und der DFB auch das Bild einer glücklichen Oma auf die Hemden flocken können, weil das mit der Rente ja so toll läuft, vor allem für Frauen. Oder eines Zuges, der pünktlich auf Gleis eins einfährt. Oder eines Gymnasiasten, der nicht völlig überfordert über der Interpretation eines Gedichts von Erich Kästner sitzt.

Der hat über den Wald übrigens einst gesagt: „Wenn man so ganz alleine im Wald steht, begreift man nur sehr schwer, wozu man in Büros und Kinos geht. Und plötzlich will man alles das nicht mehr.“

Das waren noch Zeiten. Zeiten vermutlich, in denen Trikots noch ohne an den Haaren herbeigezogenen Geschichten präsentiert wurden. Da ist das Trikot. Es ist grün und gar nicht mal so hässlich. Viel Spaß damit in Australien, das hoffentlich nicht schon wieder komplett in Flammen steht.

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