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Union und Isco und die Frage der Schuld

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Von: Thomas Kilchenstein

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Rein zur Tür, raus zur Tür: Isco kommt am Union-Stadion an, aber der Wechsel platzt.
Rein zur Tür, raus zur Tür: Isco kommt am Union-Stadion an, aber der Wechsel platzt. © dpa

Der Wechsel des spanischen Fußball-Superstars nach Berlin platzt kurzfristig, beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld. Ein Drama, ganz typisch für den Deadline-Day.

Und dann überschlagen sich, wie immer, die Ereignisse, je näher diese gewisse Uhrzeit naht, gestern 18 Uhr, nach der nichts mehr geht oder fast nichts mehr. Deals aus Portugal (2. Februar), Türkei (8. Februar), Australien (7. Februar) oder den USA (24. April) gehen ja immer noch, wobei es natürlich eine Frage ist, die keiner stellt, ob ein Wechsel aus Übersee, sagen wir, einen Monat vor dem 34. Spieltag Sinn ergibt. Vermutlich nicht. Aber das hat noch niemanden gestört im Profifußball, dieser Branche der ewigen Aufgeregtheiten.

Man könnte weiterhin fragen, warum derartige Transfers, bei denen ja immerhin eine schöne und erkleckliche Stange Geld von A nach B überwiesen wird, in erstaunlicher Regelmäßigkeit partout auf den letzten bis allerletzten Drücker erledigt werden müssen. Könnte man dasselbe Geschäft, so fragt sich der nicht ganz unbedarfte Beobachter, nicht ein, zwei, drei Tage vorher eintüten? Dass Klub C Bedarf hat, hätte man womöglich ahnen, vielleicht wissen können, gerade in dieser Saison, die Managern ja durch die Winter-WM eine gewaltige Pause aufzwang, in denen der Ball ruhte und sich am Tabellenplatz über Wochen nichts änderte. Aber nein, es muss bis ganz zum Schluss gewartet werden, bis zum sogenannten Deadline Day – mit allen Imponderabilien wie klemmenden Faxgeräten und fehlenden Unterschriften.

So muss es offenbar sein, das ist in Stein gemeißelt. Und die ausgebufftesten unter den Zockern wissen halt: Am Ende fallen die Preise, kann plötzlich realisiert werden, was ein paar Tage zuvor undenkbar war. Da müssen schnell die Regale leer geräumt, Gelder flüssig gemacht oder Zusatzeinnahmen generiert werden. Es sei denn, man hat wie der FC Chelsea einen Geldscheißer wie Todd Boehly an der Hand, der mal eben 200 Millionen für neues Personal raushauen kann, darunter für einen weitgehend unbekannten Ukrainer von Schachtjor Donezk 100 Millionen Euro, Michailo Mudryk; der junge Mann (22) unterzeichnete in London einen Kontrakt über achteinhalb Jahre bis 2031.

Die wirklich großen Transfers passieren in England, was ja keine Überraschung ist: 586 Millionen Euro gaben die 20 Premier-League-Vereine laut transfermarkt.de im Januar aus, die Bundesliga kommt bislang zusammengerechnet auf gerade einmal auf 67,9 Millionen Euro.

Aber dafür ging es hier noch ganz schön turbulent zu am letzten Tag, denn der spektakulärste Wechsel ist gar nicht zustande gekommen, auf den allerletzten Drücker geplatzt. Eigentlich wollte Union Berlin ja den 38-maligen spanischen Nationalspieler Isco holen. Sogar den Medizincheck hatte der vielfache Champions-League-Sieger mit Real Madrid schon absolviert und bestanden. Doch dann, ja dann gingen die Vorstellungen irgendwie doch noch auseinander, es ging natürlich mal wieder um den schnöden Mammon.

Nachdem der Deal auf der Zielgeraden gescheitert war, schoben sich die Parteien gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert befand: „Wir hätten Isco gerne bei uns gesehen, aber wir haben unsere Grenzen. Diese wurden heute entgegen der vorherigen Vereinbarung überschritten, deshalb kommt der Transfer nicht zustande.“ Iscos Berateragentur ließ hingegen wissen, dass Union im Verlauf der Gespräche „nicht mehr bereit war, sich in dem ursprünglich besprochenen Rahmen zu bewegen“. So oder so: Isco kommt nicht. Schade eigentlich.

Es wäre ein Deal gewesen, den man eher RB Leipzig, Borussia Dortmund oder Bayer Leverkusen zugetraut hätte. Aber die haben stattdessen, wie Leipzig, niemanden geholt oder, wie Dortmund, Julian Ryerson (von Union) und Julien Duranville (RSC Anderlecht) oder, wie Leverkusen, Noah Mbamba (Brügge), Gustavo Puerta (Bogota) sowie Patrick Pentz (Stade Rennes).

Spektakulär war dieses Mal Bayern München im Winter unterwegs, erst Yann Sommer bei Borussia Mönchengladbach ausgelöst, dann sich den weltberühmten Rechtsverteidiger João Cancelo von Manchester City ausgeliehen. Irgendwie auch ein Zeichen, dass es beim Branchenführer derzeit nicht rundläuft.

Recht spektakulär hat auch die TSG Hoffenheim, seit acht Spielen sieglos, auf die Krise reagiert – und sich gleich drei namhafte Neue gegönnt: John Anthony Brooks (Benfica Lissabon), Kasper Dolberg (OGC Nizza) und Thomas Delaney (FC Sevilla) heuerten im Kraichgau an. Innerhalb der Liga wechselten Davie Selke (Hertha zu Köln), Florian Niederlechner (Augsburg zu Hertha), Genki Haraguchi (von Union zum VfB Stuttgart), Keven Schlotterbeck (Freiburg nach Bochum) oder Maximilian Philipp (von Wolfsburg nach Bremen).

Am meisten durcheinandergewirbelt haben der FC Schalke und der FC Augsburg ihre Kader.

Ob’s was bringt? Am 27. Mai spätestens werden wir es wissen.

Wechsel des spanisches Superstars nach Berlin platzt auf der Zielgeraden

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