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Und es hat Klick gemacht

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Von: Daniel Schmitt

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Freut sich so der kommende Meister?
Freut sich so der kommende Meister? Foto: AFP © AFP

Borussia Dortmund glaubt endlich an die große Chance, tatsächlich Meister zu werden – oder vermasseln sie wieder diese Gelegenheit?

Der Dortmunder Fußballtrainer Edin Terzic musste am Samstagabend nach dem 4:0 (3:0) seiner Borussia gegen Eintracht Frankfurt interessanterweise ziemlich viele Fragen zu einer Busfahrt beantworten, keine mit Kaffee und Kuchen, nicht mal für ein erholsames Schläfchen sollte der kurze Gruppenausflug im Großraumgefährt vom BVB-Teamhotel zum Westfalenstadion reichen. Genügend Zeit aber blieb, um die Gedanken ins Rotieren zu bringen, sich einerseits zu freuen über das, was zeitgleich in Mainz passierte, eine bajuwarische 1:3-Schlappe, und andererseits gerade deswegen in Unruhe zu verfallen. Die nächste Chance, womöglich die entscheidende für den Meistertitel, und zugleich: die nächste Chance zum Scheitern.

Edin Terzic jedenfalls beantwortete die Fragen zur Busfahrt hinterher stets ähnlich, sehr ruhig, gelassen, als habe ihn die Anfahrt unter dem Eindruck des Münchner Versagens keineswegs nervös gemacht, als habe er schon vor dem Spiel gewusst, was folgen würde: eine reife Leistung seiner Profis. „Wir waren von Beginn an sehr griffig, haben uns in allen Phasen des Spiels sehr gut unterstützt“, so der Coach.

Der Dortmunder Sportdirektor Sebastien Kehl gehört dagegen offenbar eher zur unruhigen Sorte eines Sportfunktionärs. „Dann kommt man aus dem Bus raus, bekommt das Ergebnis aus Mainz mit und weiß, dass man liefern muss. Denn ansonsten wäre man womöglich wieder in eine komische Rechtfertigungssituation gekommen.“ Doch die Mannschaft habe sich sehr konzentriert, fokussiert und effektiv präsentiert. Und, so Kehl, fast schon ungläubig: „Auf einmal bist du Tabellenführer.“ So kann’s gehen.

Ja, Borussia Dortmund ist Tabellenführer, recht nah vor dem Saisonende und damit trotz einer insgesamt wechselhaften Spielzeit seit dem Wochenende der Topfavorit auf den Titel. Fünf Spiele noch, Bochum, Wolfsburg, Gladbach, Augsburg, Mainz, dann ...

Hohe Effizienz in Hälfte eins

„Daran denken wir jetzt noch nicht. Wir haben einen richtigen tollen Schritt gemacht, aber mehr auch nicht. Nächste Woche wartet ein schweres Auswärtsspiel in Bochum“, sagt Terzic und wird trotz des neunten Heimsieges am Stück artig flankiert von seinen Spielern, etwa Torwart Gregor Kobel: „Es sind noch fünf Spiele, in denen wir hart gefragt sind.“

Gegen die Eintracht hatten die Dortmunder alles im Griff, ohne dabei ein total überragendes Spiel abzuliefern. Gerade in der ersten Hälfte ließ der BVB erstaunlich viele Halbchancen der Eintracht zu, auch das eigene Offensivspiel flutschte nicht gerade nach Belieben. Doch es stimmte an diesem Tag das, was stimmen muss, will eine Mannschaft trotzdem einen lockeren Dreier einfahren: die Effektivität. Aus vier Möglichkeiten im ersten Abschnitt machten Jude Bellingham (19.), Donyell Malen (24.) und Mats Hummerls (41.) eine 3:0-Führung. Nach dem Seitenwechsel legte Malen (66.) noch seinen zweiten Treffer des Tages nach. Er war neben dem pfeilschnellen wie sprungstarken Karim Adeyemi bester Dortmunder Offensivakteur gegen die Eintracht (Weitere Berichte zu den Hessen auf den Seiten S4/S5).

Das 3:3 vor Wochenfrist in Stuttgart hatte beim BVB anfangs eine niederschlagende Wirkung entfaltet. Terzic hakte kurz nach Spielschluss mehr oder weniger gar den Titel ab - trotz auch damals nur zwei Punkten Rückstand auf die Bayern. Erst mit viel Schütteln und Rütteln und einer gewissen Zeit verflüchtigte sich die Tristesse, wandelte sich in Trotz um. Ja, wir können das, wir können Meister, riefen Sportdirektor wie Trainer vor dem Frankfurt-Spiel in die deutsche Fußballwelt hinaus.

Vergessliche BVB-Profis

„Wir haben eine sehr gute Reaktion gezeigt“, findet Sportchef Kehl, während Nationalstürmer Adeyemi den Rückfall von Stuttgart schon gänzlich verdrängt zu haben scheint. „Dieses Jahr hat es Klick gemacht und wir spielen einfach sehr gut.“ Falsch ist das tatsächlich nicht, sowohl das Gesamttableau als auch die Rückrundentabelle weisen die Borussen als Spitze aus. Neun Siege, zwei Remis, eine Niederlage (gegen Bayern unlängst), ergo 29 Punkte und damit sechs mehr als der FC Bayern. Mit 35 erzielten Rückrundentoren hat der BVB zudem die treffsicherste Offensive der Liga. Mitte der zweiten Hälfte sangen die Dortmunder Fans darob vom einzig logischen Meister: nur der BVB, versteht sich.

Edin Terzic stimmte in diese frohlockende Stimmung selbstredend nicht ein. Er sei schließlich noch nicht fertig, stattdessen: „Wir müssen diese Chance einfach wahrnehmen und sie mit Haut und Haaren beschützen. Wir müssen jetzt beweisen, dass wir es auch durchziehen.“

Es sei dies seine ureigene Aufgabe als Trainer, die Spieler genau daran zu erinnern, ihnen die Gier auf den Titel Tag für Tag einzutrichtern. Denn, so Edin Terzic: „Die Jungs sind nicht doof, sie sind manchmal nur ein bisschen vergesslich.“

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