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Topfit, wuchtig und immer alles im Blick

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Von: Jakob Böllhoff

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Häufiger im direkten Duell: Luka Modric (li.) gegen Kevin De Bruyne.
Häufiger im direkten Duell: Luka Modric (li.) gegen Kevin De Bruyne. © imago images/ZUMA Press

Kevin De Bruyne ist eine Art Hellseher bei Manchester City – und weckt mit seinen Fähigkeiten das Interesse der Wissenschaft

Die besten Fußballer der Welt vermitteln den Eindruck, sie hätten auch im Hinterkopf Augen oder verfügten über einen unsichtbaren Rückspiegel. Immer scheinen sie zu wissen, was um sie herum geschieht. Den Überblick zu behalten, auch wenn es schnell und wild zugeht, gehört vor allem für zentrale Mittelfeldspieler zum Jobprofil. Nur so können sie vorausschauend agieren, ihre Mitspieler in Szene setzen und den Gegenspielern zuvorkommen.

Das Spiel vermessen. Es lesen und lenken. Kevin De Bruyne ist ein wahrer Meister darin und als solcher ein Fall für die Wissenschaft. Professor Geir Jordet, der an der „School of Sport Sciences“ in Oslo forscht, hat den belgischen Mittelfeldspieler von Manchester City zu seinem Forschungsobjekt gemacht und untersucht, wie er das Geschehen um sich herum unablässig kartographiert. Im Viertelfinalhinspiel der Champions League gegen Atletico Madrid (1:0) war eine Kamera 90 Minuten lang nur auf De Bruyne gerichtet. Die Ergebnisse der Analyse hat Jordet auf Twitter veröffentlicht.

Wer sich die Clips ansieht, muss sich fragen, ob der 30-Jährige öfters Nackenprobleme hat. Ständig dreht er den Kopf, nach links, nach rechts. Wie ein Tier, das von seinen Feinden nicht überrascht werden will. Vier- bis fünfmal in zehn Sekunden schaut De Bruyne sich um, was ungewöhnlich oft ist für einen offensiven Mittelfeldspieler, wie Professor Jordet kundtut, doch entscheidend sei nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Art und Weise, wie De Bruyne seine Umgebung scannt.

Wenn er weiter hinten steht auf dem Platz, leistet er sich längere Blicke, bis zu einer Sekunde, um detaillierte Informationen über das weiter entfernte Geschehen zu erstellen. Wenn die Spielsituation es zulässt und kein Druck da ist, agiert er wie ein laufender Leuchtturm und schwenkt den Blick unablässig hin und her, den Ball natürlich nie aus den Augen verlierend (Jordet nennt es Makro-Scans). Wenn seine Blicke sein Vorhaben nicht verraten sollen, schaut er sich fast heimlich um, mit kleinen Bewegungen (Jordet nennt es Mikro-Scans). Wenn der Ball schon auf dem Weg zu ihm ist, reißt er den Kopf schnell noch ein letztes Mal zur Seite, um nicht überrascht zu werden. De Bruyne weiß zudem, wenn er mal nicht weiß, was gerade um ihn herum los ist. Dann lässt er den Ball einfach dahin zurückprallen, wo er hergekommen ist.

Der belgische Hellseher ist entscheidend für den Erfolg von Manchester City. Weil er zurzeit topfit ist, kann er die Informationen, die er unablässig einsammelt, gewinnbringend verarbeiten, mit klinischen Pässen, raumgreifenden Dribblings, wichtigen Toren. City und seine Scheichbesitzer wollen endlich die Champions League gewinnen. Mit einem formidablen Kevin De Bruyne, dem Mann, der über den Dingen steht, scheint es realistischer denn je.

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